Vorsicht Toter Winkel

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VeloC
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Vorsicht Toter Winkel

Beitragvon VeloC » 17.06.2014, 21:49

Den furchtbaren Unfall von Anfang des Jahres noch im Kopf, stieß ich in der aktuellen Radwelt auf die Kampagne Vorsicht Toter Winkel. Auf den ersten Blick eine gute Aktion. Beim Lesen blieb mir allerdings die Spucke weg. Statt alle Verkehrsteilnehmer, insbesondere die abbiegungswilligen LKW-Fahrer, an ihre Verantwortung zu erinnern, wird diese kurzerhand ausschließlich den gefährdeten Radfahrern und Fußgängern aufs Auge gedrückt. Dafür gibt es herzige Aufkleber und Radweg-Piktogramme, gelegentlich wird sogar die komplette Seite eines Aufliegers tätowiert.
Dass es zu Abbiegeunfällen kommt, liegt häufig an der Situation selbst, die die volle Aufmerksamkeit der Bus- oder LKW-Fahrer beansprucht. Wer mit einem großen Fahrzeug nach rechts abbiegen will, kann nicht alle Räume gleichzeitig beobachten, die während des Abbiegevorgangs beachtet werden müssten.
Ach, kann er nicht? Okay, also Prioritäten setzen: Welcher Raum ist denn der allerwichtigste? In meinen naiven Augen der, wo a) die in dieser Situation einzigen Vorrangsberechtigten herkommen und b) ein Fehler ganz fix tödliche Folgen haben kann.

Ganz allein bin ich mit meiner Empörung wohl nicht: Eine Google-Suche förderte unter anderem den Kommentar eines LKW-Fahrers (!) unter diesem Artikel zutage. Ähnlich äußert sich auch ein Fahrlehrer in dem ebenfalls in der Radwelt zitierten Artikel. Das beruhigt doch schon wieder ein wenig.

Wozu allerdings dann diese wirklich idiotische Aktion, die viel mehr Schaden anrichten kann als Nutzen bringen? Ein Fahrer, der von seinem Arbeitgeber mit so fetten Aufklebern ausgestattet wird, wird doch geradewegs dazu gedrängt, damit zu rechnen, dass ab sofort vorrangsberechtigte Radfahrer und Fußgänger stoppen, die können ja schließlich lesen. Hinter ihm folgende Autofahrer, die die Aufkleber sehen, werden in vielen Fällen (ich kenne die oftmals schlichte Logik nicht weniger PKW-Dompteure) davon ausgehen, dass er deutlich zügiger abbiegt, als er es tun würde, wenn er sich verantwortungsvoll verhielte. Wobei, die daraus möglicherweise entstehenden Auffahr-Crashs sind eindeutig das kleinere Problem!

:mad:

Meine eigenen Erfahrungen mit LKW-Fahrern im Stadtverkehr sind übrigens zum überwiegenden Teil positiv. Den weitaus meisten sind die Abmessungen ihres Fahrzeugs durchaus bewusst, sie suchen von sich aus den Blickkontakt oder kommunizieren über frühzeitiges und pointiertes Abbremsen "Hab' dich gesehen, fahr durch.". Den Blick nach links und die Bereitschaft zur Notbremsung habe ich natürlich trotzdem immer, für den Fall von Missverständnissen bei dieser Art der Verständigung, und für die Idioten natürlich. Aber dazu brauche ich verdammt noch mal keine Belehrungen der Deutschen Verkehrswacht!!!
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Beitragvon Konkursus » 17.06.2014, 22:14

...stimme Dir uneingeschränkt zu.

Noch eine kurze Ergänzung aus meiner Sicht: der tote Winkel beim Rechtsabbiegen und die Gefahren, die sich hieraus ergeben, beschränken sich inzwischen nicht nur auf LKW´s. Auch bei den PKW´s, SUV´s etc. werden die Sichtfelder immer mehr eingeschränkt. Wir fahren ja bekanntermaßen einen Caddy in Langversion. Drehst Du Dich zaghaft um, siehst DU zunächst Beifahrer/in, dann genau den Holm und schließlich (haben wir so gekauft) die getönten Hinterscheiben. Sicht: bescheiden. Und wenn ich dann dieses unsägliche BMW-Panzermodell vor Augen habe, möchte ich mal wissen, wie man damit noch etwas sehen soll.

Ko
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Re: Vorsicht Toter Winkel

Beitragvon axiom 1 » 18.06.2014, 12:12

VeloC hat geschrieben:... in der aktuellen Radwelt ...
Unfassbar! Das einzige was mich ein etwas beruhigt ist die Tatsache, dass es nur in der RADwelt und nicht in der MOTORwelt steht.

Jedes mal wenn ich am Ghostbike an der Armgartstr. vorbeifahre wird mir ganz anders.

Helmuts Bilder vom Wandsbeker Markt haben dazu gezeigt, dass es nichtmal reicht auf dem Überweg alarmiert zu sein, sondern sogar im Stehen auf der Verkehrsinsel!
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Beitragvon Heimfelder Dirk » 18.06.2014, 13:03

Was VeloC dort entdeckt hat, ist an Dreistigkeit kaum noch zu überbieten.

Ich bastel mir ein Schild “sorry, bin nicht in der Lage mich an die Verkehrsregeln zu halten“ und erwarte, dass andere Verkehrsteilnehmer sich entsprechend anpassen. Unfassbarer Schwachsinn!!!

Ich hänge mir morgen ein Schild an den Rucksack: “Leider sind die Radwege durch den Hafen zu schlecht für mein Rennrad“ und fahre auf der A1 von Harburg Richtung Elbbrücken.
:mad: :mad: :mad: :mad: :mad: :mad: :mad: :mad:
Zuletzt geändert von Heimfelder Dirk am 18.06.2014, 18:06, insgesamt 1-mal geändert.
:gruss:
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Beitragvon Tribelix » 18.06.2014, 14:35

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Beitragvon VeloC » 19.06.2014, 13:27

Was mich bei dieser Kampagne am meisten anwidert, ist die triefende Heuchelei, die dahinter steckt. Dieselben Leute, die sich da nun so salbungsvoll und öffentlichkeitswirksam um die "schwachen" Verkehrsteilnehmer sorgen, geraten gleich in die Nähe eines simulierten Herzinfarkts, wenn irgend so ein bösartiger Politiker in Berlin oder Brüssel eine zarte Andeutung über eine (eventuell, vielleicht, möglicherweise irgendwann…) Pflichtausstattung mit Assistenzsystemen fallen lässt. Oder auch nur zu härterem Durchgreifen im Fall fehlender bereits vorgeschriebener Spiegelsysteme. Dann droht gleich der Untergang einer ganzen Industrie und mindestens des halben Abendlandes, und über läppische Menschenleben redet keiner mehr.

Ein Blick auf die Mitgliederliste der Deutschen Verkehrswacht löst zumindest eine eventuelle Verwunderung auf. Mir z.B. war bislang nicht klar, dass das im Prinzip ein Lobbyverband der Deutschen Automobilindustrie ist. Das erklärt immerhin, warum sie sich seit Jahrzehnten schon vorwiegend darum bemühen, Fußgänger und Radfahrer darauf zu dressieren, den motorisierten Verkehr möglichst wenig zu stören. Einzige Ausnahme ist die jährliche Aktion "Schule hat begonnen", da werden ausnahmsweise mal die Autofahrer angesprochen. Danke!

Am allertraurigsten finde ich jedoch das überwiegend positive Echo innerhalb des ADFC (Suchbegriffe: vorsicht toter winkel adfc). Während im Editorial der Radwelt wenigstens noch ein zarter Tadel zu lesen war, wird die Aktion in vielen lokalen Verbänden ausdrücklich begrüßt, wenn nicht gar gefeiert. Zwar meistens ergänzt um den Hinweis, dass der ADFC sich auch für Assistenzsysteme einsetzt, aber die in meinen Augen angebrachte knallharte Kritik vor allem an diesen unsäglichen Aufklebern vermisse ich als langjähriges ADFC-Mitglied schmerzlich.

Denkt denn keiner darüber nach, was für fatale Folgen das haben kann, wenn ausgerechnet in einer extrem kritischen Situation, in der sich beide Beteiligten zwingend klar, eindeutig und für den anderen berechenbar verhalten müssen, eine solche Unsicherheit in Form der Forderung nach einer gezielten Missachtung der geltenden Vorfahrtsregeln eingebracht wird? Ich sehe die Alptraumszene im Geiste schon vor mir:

LKW überholt Radfahrer und stoppt kurz darauf rechts blinkend vor einer roten Ampel. Radfahrer wäre normalerweise ganz nach vorn durchgefahren, hätte versucht, Blickkontakt mit dem Fahrer aufzunehmen und beim Umschalten der Ampel in die Pedale getreten, um weiter im Blickfeld zu bleiben und wegzukommen, bevor der Brummi noch anfährt. Doch jetzt liest er den Aufkleber und ist verunsichert. Während er noch überlegt, was diese Aufforderung jetzt konkret für Folgen haben könnte, wird die Ampel grün. Der LKW-Fahrer ist ebenfalls verunsichert. Hat doch gerade noch einen Radfahrer überholt, der muss doch jetzt rechts neben ihm sein und hat Vorfahrt, wo bleibt der bloß? Er löst den Gurt und rutscht auf den Beifahrersitz. Was denn, der steht da rum und fährt nicht? Dann fällt ihm ein, der hat diesen blöden Aufkleber gelesen, den alle Wagen der Spedition jetzt tragen müssen. Okay, das heißt dann wohl, ich muss zuerst fahren, vorher traut der sich nicht, ist ja verständlich. Er rutscht wieder auf den Fahrersitz, gibt Gas und schlägt das Lenkrad ein. Währenddessen hat der Radfahrer festgestellt, dass der LKW nicht anfährt und daraus gefolgert, dass der Fahrer offensichtlich doch damit rechnet, dass er zuerst fährt. Er tritt in die Pedale und fährt eilig los. Das letzte, was er hört, ist das Aufdröhnen des Motors neben ihm. Und wieder dürfen wir ein Ghostbike aufstellen...

:Wein:
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Beitragvon olaf » 23.06.2014, 11:26

Analog zur Helmdiskussion und anderen Themen!

Warum werden eigentlich immer erst die Opfer bestarft und nicht die Täter?


Ich bin auch Verkehrsteilnehmer mit einer Blechdose und muss auf das Verkehrsgeschehen um mich rum achten! Ich kann mir auch nicht einen Aufkleber auf das Auto machen und dann irgendwen über den Haufen fahren und hinterher sagen: "Da war doch ein Aufkleber wo steht Pass auf ich kann nicht Autofahren" :mad:


Genau das macht man aktuell mit dieser Aktion und erwartet im Anschluss von jeder Verantwortung befreit zu werden
:mad:

Das kann und darf nicht funktionieren :wink:
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Beitragvon Kiezkicker » 23.06.2014, 12:09

Stimme den Vorrednern zu: Politik, Verwaltung und Wirtschaft machen nicht wirklich was, damit solche Abbiegeunfälle im Straßenverkehr mit tödlichem Ausgang für Radfahrer und Fußgänger nicht mehr passieren. Die Opfer gelten als Kollateralschäden, die im vermeintlich höherem Interesse einer brummenden Wirtschaft oder – noch schlimmer – eines fließenden Autoverkehrs in Kauf genommen werden.

Es handelt sich dabei aber um eine Kampagne der NRW-Landesverkehrswacht, nicht um eine Kampagne des ADFC. Diese "Verkehrswächter" sorgen sich in der Tat traditionell wenig um die Sicherheit nichtmotorisierter Verkehrsteilnehmer.

Der ADFC Hamburg hat zur Problematik eine klare Meinung:
http://www.hamburg.adfc.de/verkehr/them ... en-winkel/
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Beitragvon VeloC » 25.06.2014, 17:04

Schöne klare Worte vom ADFC HH! :Empfehlung:

Meine Watschn ging ja auch nicht an "den" ADFC, sondern an diejenigen lokalen Verbände, die diese Kampagne, die ohnehin schon lebensgefährliche Situationen noch lebensgefährlicher macht, auch noch freudig begrüßen. Beispiel KR/VIE, Beispiel BS. Gut, das Wort "viele" war übertrieben, ich ersetze es hiermit durch "einige". Und klar, es war "nur" unsere NRW-lokale Verkehrswacht, die das losgetreten hat, allerdings mit dem ausdrücklichen Segen der Bundesorganisation. Kurt Bodewig hat sich ja sogar höchstpersönlich in den tiefen Westen begeben, um das zu unterstreichen. Und die LKW von hier fahren in alle Welt.

Mich hat insgesamt das überwältigend positive Echo geschockt, da sind die Beispiele schon nicht mehr zählbar. Die "Fahrradhauptstadt" Münster beispielsweise fand ich besonders krass, ebenso das Schulterklopfen der AGFS dafür (ausführlich und direkt hier). Ach verdammt, es bringt so dermaßen gar nichts, sich aufzuregen!

Bin mir nur nicht klar, wie ich mich abregen soll, wo ich an einem normalen Arbeitstag mit Hin- und Rückweg im Schnitt 4-5 Mal mit dem Thema konfrontiert werde. Und da die Deutsche Bahn gerade direkt vor meiner Haustür ein Straße-Schiene-Umschlagzentrum baut, das irgendwelche europäischen Größen-Rekorde brechen soll, werden die Situationen in Zukunft noch häufiger auftreten.

Jedes Mal ist mir ganz ohne diese unglaublich wohlwollende Aufklärung verdammt klar, dass ich mich gerade in Lebensgefahr befinde. Jedes Mal bin ich (und mit Sicherheit der LKW-Fahrer ebenso) glücklich, wenn sich eine erfolgreiche nonverbale Verständigung ergibt nach dem Schema "Hömma, du weißt, dass ich Vorfahrt habe, nicht wahr?!" - "Klar, weiß ich, fahr zu!". Ich mag gar nicht dran denken, was passiert, wenn ich in demnächst mit solchen Aufklebern konfrontiert werden sollte.

Schön sicher dahinter bleiben, klasse. Alternative 1: auf dem Radweg. Da stehe ich dann, während der nächste LKW ebenfalls vorfährt und seinen Toten Winkel über mich zieht, dann der übernächste, dann der dritte... Irgendwann in den frühen Morgenstunden des folgenden Tages trudel ich dann vielleicht im Büro ein. Alternative 2: das "dahinter" wörtlich nehmen, und mich zwischen das Heck von LKW A und die vordere Front von LKW B quetschen. Hoffentlich kann der Fahrer von LKW B so tief senkrecht nach unten gucken! Mutti am SUV-Steuer ist als Hinterfrau auch keine echte Verbesserung. :roll:

Alternative 3: den Radweg bzw. Radstreifen, der auf eine Kreuzung zuführt (also alle) komplett boykottieren. Na dann freuen sich aber PKW- und LKW-Fahrer gleichermaßen, wenn ich da in meinem Schweißvermeidungs-Tempo auf dem Weg zur Arbeit mittig vor ihnen auf der Fahrspur dahin gondele. Ob das tatsächlich weniger Lebensgefahr bringt? Wurschtegal, die Hauptsache ist:

Der Radfahrer wurde über die Gefahr auf-ge-klärt! :Danke:
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Beitragvon olaf » 02.07.2014, 07:38

Radfahrer stirbt nach Verkehrsunfall mit Lkw in Oberhausen

Wenn der LKW Fahre dann auch noch nichts vom Unfall mitbekommt, dann ist wirklich was faul. :mad:

Statt in Aufkleber sollte die Logistikbranche vielleicht an ihrer Qualität arbeiten!

Die ganze Branche ist ja leider hoch durch Steuergelder subventioniert, die alle in irgendwelchen Taschen verschwinden und letztlich in irgendwelchen Luxuskonsumgütern enden. :mad:
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Beitragvon VeloC » 09.07.2014, 16:12

So übel sind die Aufkleber eigentlich gar nicht. Wenn man ein paar kleine Modifikationen vornimmt…

3 x Original und Fälschung
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Beitragvon Helmut » 10.07.2014, 23:53

DVR-Presse schrieb (dieser Dienst erscheint mit Unterstützung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur):

Endlich Grün: Der Lkw fährt an und biegt in die Seitenstraße ein. Dabei übersieht er den Radfahrer, der sich von hinten auf dem Radweg nähert. Das schwere Fahrzeug trifft den Radfahrer, dieser geht zu Boden und wird von dem Laster mitgeschleift. So oder ähnlich ereignen sich immer wieder schwere Unfälle. Nach Schätzungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) gab es 2012 in Deutschland 650 Abbiegeunfälle mit Personenschaden zwischen Lkw und Radfahrern, 30 davon endeten tödlich. Aber auch zwischen Pkw und Radfahrern kommt es in dieser Situation häufig zu Kollisionen, zumeist beim Rechtsabbiegen.

Radfahrer, die sich seitlich oder schräg hinter einem Kraftfahrzeug befinden, sind für den Fahrer schwer zu erkennen. Darauf weist der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) hin. Als „Toten Winkel“ bezeichnet man den Bereich, der für den Fahrer trotz Spiegel nicht einsehbar ist. Dieser ist umso größer, je breiter das Fahrzeug ist und je höher die Unterkante der Front- und Seitenscheiben liegen. Daher ist die Gefahr des Toten Winkels bei Lkw besonders stark ausgeprägt. Seit 2007 müssen Neufahrzeuge über 3,5 Tonnen zulässiger Gesamtmasse mit zusätzlichen Weitwinkel-Spiegeln ausgerüstet sein, die eine bessere Sicht auf den Bereich seitlich neben dem Fahrzeug ermöglichen. Sind diese neuen Spiegel richtig eingestellt, wird der nicht einsehbare Bereich erheblich verringert. Für den Fahrer wird die Aufgabe dadurch aber nicht unbedingt leichter: Neben der direkten Sicht aus dem Fahrzeug muss er nun zusätzlich zwei Spiegel im Blick haben.

Dabei ist die Rechtslage eindeutig: Wer nach rechts abbiegen will, muss geradeaus fahrende Radfahrer vorbei lassen, unabhängig davon, ob sie auf der Fahrbahn oder auf dem Radweg unterwegs sind. So verwundert es nicht, dass in neun von zehn Unfällen beim Abbiegen der Autofahrer die Hauptschuld trägt.

Der DVR appelliert an alle Auto- und Lkw-Fahrer, beim Rechtsabbiegen besonders aufmerksam zu sein und verstärkt auf Radfahrer und Fußgänger zu achten. Der Schulterblick beim Abbiegen darf nicht vergessen werden. An Radfahrer richtet der DVR den Hinweis, an Kreuzungen und Einmündungen besonders nach abbiegenden Fahrzeugen Ausschau zu halten, eventuell den Blickkontakt mit dem Fahrer zu suchen und im Zweifelsfall den Abbiegenden vorbeizulassen.

Damit Unfälle beim Rechtsabbiegen möglichst vermieden werden können, sollten nach Meinung des DVR Kreuzungen so gestaltet werden, dass freie Sicht auf Radfahrer gegeben ist. Dies kann zum Beispiel durch eine verbesserte Spurführung für Rad- und Kraftfahrer geschehen. Die Anbringung von besonderen Spiegeln im Kreuzungsbereich kann ebenfalls hilfreich sein.

Aber auch in der Fahrzeugtechnik kann etwas getan werden: Der DVR empfiehlt, in Lkw-Fahrerhäusern sogenannte Fresnel-Linsen zu verwenden, die durch Lichtbrechung einen Einblick in den Toten Winkel erlauben. Ebenso rasch zu verwirklichen wäre eine Schaltung der Positionsleuchten, so dass diese beim Abbiegen entsprechend dem Fahrtrichtungsanzeiger blinken. Andere fahrzeugtechnische Möglichkeiten bestehen im Einsatz von Kamerasystemen. Ein hohes Potenzial zur Unfallvermeidung haben elektronische Abbiegeassistenten, die den Fahrer bei Gefahrensituationen warnen und gegebenenfalls selbstständig bremsen. Derzeit verfügbare Systeme sind nach Meinung des DVR allerdings noch nicht ausreichend zuverlässig. Der DVR fordert die Industrie auf, Abbiegeassistenten mit hoher Priorität weiterzuentwickeln und zur Marktreife zu bringen. Solche Systeme sollten sobald wie möglich vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden.
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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Beitragvon VeloC » 18.07.2014, 10:32

Helmut hat geschrieben:Der DVR appelliert...

Der DVR empfiehlt...

Der DVR fordert die Industrie auf, Abbiegeassistenten mit hoher Priorität weiterzuentwickeln und zur Marktreife zu bringen. Solche Systeme sollten sobald wie möglich vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden.
Der "Gesetzgeber" schafft es ja nicht einmal, die Nachrüstung mit Spiegelsystemen nach Stand der Technik für alle LKW unabhängig von Baujahr und Nation verbindlich vorzuschreiben. Aber Kampagnen zu unterstützen, in denen appelliert und empfohlen und ganz am Ende sogar sanft gefordert wird, dafür reicht es immerhin. Danke Alex, und grüß die Mutti von mir!

So widerlich es klingt, aber langsam stumpft man ab gegen die Vielzahl an Meldungen. Purer Selbstschutz:

Donnerstag, 17.07.2014 in Duisburg

Zwei weitere potentiell tödliche Rechtsabbiege-Unfälle am Dienstag- bzw. Donnerstagmorgen wurden von einer 47jährigen Duisburger Radfahrerin nur durch beherzte und vielfach geübte Notbremsungen verhindert. Dankschreiben der beteiligten Bus- bzw. LKW-Fahrer für das Ersparen eines vermutlich sehr ungemütlichen Gerichtsverfahrens werden an dieser Stelle gern entgegengenommen.

Jetzt warte ich nur noch auf Appelle und Empfehlungen aus Brüssel, Berlin und D'dorf, dass alle Radfahrer, bevor sie sich in den Straßenverkehr wagen, doch bitte eine Ausbildung an einer renommierten Stunt-Schule absolvieren mögen. :cry:
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Beitragvon VeloC » 29.11.2014, 11:47

Freitag, 28.11.2014 in Duisburg

Der vierte tote Radfahrer in diesem Jahr in meiner einwohnermäßig stark schrumpfenden Stadt, wenn ich richtig gezählt habe. Drei davon direkt bei mir "umme Ecke". An einer Stelle, die baulich eigentlich nicht sonderlich gefährlich ist, Bordsteinradweg zwar, aber ohne Sichtbehinderung direkt neben der Straße. Es wäre geradezu pervers, falls gerade das der Grund dafür gewesen sein sollte, dass der Radfahrer so auf seine Vorfahrt vertraut hat: "Der LKW ist doch gerade erst bei völlig freier Sicht in 90 cm Abstand an mir vorbei gefahren, natürlich hat der Fahrer mich gesehen." Lieber nie davon ausgehen, dass andere Verkehrsteilnehmer die untersten Grundlagen des aufmerksamen Fahrens berücksichtigen...

Ich habe so die Schnauze voll davon, solche Berichte lesen zu müssen!
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Beitragvon VeloC » 20.12.2014, 22:43

Eigentlich schätze ich SPON, aber bei dem Kommentar zu diesem Video kriege ich Magenkrämpfe:
Die Schuld an dem beinahe tödlichen Unfall schreibt die Polizei dem LKW-Fahrer zu; auch wenn dieser vermutlich kaum eine Chance hatte, den Radfahrer im toten Winkel zu sehen.
Bitte was? Also ich sehe einen LKW-Fahrer, der mit weit überhöhter Geschwindigkeit um die Kurve bretzelt, ohne sich um irgendwen oder was zu kümmern. Der überfahrene Radfahrer hat relativ wenig Ähnlichkeit mit Lance A. zu dessen Glanzzeiten, so dass es mir geringfügig unwahrscheinlich erscheint, dass dieser auf der Geraden von hinten zu dem rasenden LKW aufgeschlossen haben könnte. Doch nach Ansicht des Spiegelredakteurs hat er genau das getan und sich angeschickt, aus der Unsichtbarkeit kommend, rechts zu überholen.

Ach herrje, und der chinesischen Polizei geht dann auch noch das zutiefst deutsche Mitgefühl mit dem brutal misshandelten Kraftfahrer ab? Jetzt wissen wir, warum deutsche und chinesische Geschäftsleute immer ausgiebige Seminare über die jeweils andere Kultur absolvieren müssen, bevor ihre Chefs sie aufeinander los lassen!

:mad:

Sorry, habe gestern eine ähnliche Situation nur haarscharf überlebt. Kann sein, dass ich daher heute ein wenig überempfindlich auf ein eigentlich total lustiges Video reagiere.
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Beitragvon Helmut » 21.12.2014, 00:29

VeloC hat geschrieben:Eigentlich schätze ich SPON, aber bei dem Kommentar zu diesem Video kriege ich Magenkrämpfe:
Die Schuld an dem beinahe tödlichen Unfall schreibt die Polizei dem LKW-Fahrer zu; auch wenn dieser vermutlich kaum eine Chance hatte, den Radfahrer im toten Winkel zu sehen.
Ebenfalls im toten Winkel eines LKW fahrend, wurde ein Radfahrer von diesem überrollt und getötet, als er die Stresemannstraße bei grün überqueren wollte. Passiert ist dies erst vor wenigen Tagen.

http://www.mopo.de/polizei/stresemannst ... 41480.html

Auch hier gilt, dass der Radfahrer nur in dem kurzen Moment vor dem Abbiegen im Toten Winkel des LKW fuhr. Der LKW-Fahrer muss den Radfahrer nicht beachtet / nicht gesehen haben, während er diesen vor dem Abbiegen überholte. Kein Wunder also, warum viele Leute den Radfahrern raten, wann immer es geht auf der Straße zu fahren, um nicht übersehen zu werden.
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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Beitragvon VeloC » 22.12.2014, 13:21

Und noch ein Ghostbike… Mir wird richtig schlecht davon, wie alltäglich diese Artikel mittlerweile geworden sind. Schwupps, weg, kurze Meldung, nächstes Thema. Nur für die Angehörigen des toten Radfahrers, dem in diesem Fall rund die Hälfte seines Lebens gestohlen wurde, wird nichts mehr sein wie vorher.

Wenn jetzt zufällig eine gute Fee bei mir vorbei schauen würde, hätte ich einen Wunsch: dass diese allein in den letzten paar Jahren bei genau dieser Art von Unfällen angesammelten Horden aus Witwen und Witwern, vater- oder mutterlosen Kindern, Eltern, die ihr (teils erwachsenes) Kind verloren haben, jede Nacht in den Alpträumen bestimmter Leute auftauchen mögen.

Und diese bestimmten Leute sind nicht nur die am jeweiligen Unfall beteiligten Fahrer – bei denen besteht ja sogar eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sie das tatsächlich erleben – sondern auch und vor allem die entscheidungsbefugten Menschen, die die Macht hätten, den allergrößten Teil dieser sinnlosen Unfälle zu unterbinden, und das eben nicht tun bzw. entsprechende Ansätze ganz gezielt blockieren.

Ja, ihr lieben Frontleute der Spediteurslobby, verehrte Verkehrspolitiker in Brüssel, Berlin, den Ländern und Kommunen, liebe Verkehrsplaner vor Ort und auch und vor allem eure jämmerlichen eigeninteressegeleiteten "Aufklärungskommittees", ihr seid gemeint! Wobei ich von Landesebene abwärts zum Teil durchaus engagierte Leute sehe, denen aber leider von den ersten drei erwähnten übermächtigen Gruppen komplett die Hände gebunden werden. Doch auch hier gibt es noch mehr als genug Personen, denen der Schuh passt, und die sich den tunlichst anziehen sollten.

Diese ganzen ausschließlich an die potentiellen Opfer gerichteten Aufklärungskampagnen zum Thema Toter Winkel – die der Verkehrswacht NRW ist ja bei weitem nicht die einzige, sondern hat lediglich den Preis für die abartigsten Motive verdient – haben inzwischen ihre tödliche Wirkung voll entfaltet. In die Hirne viel zu vieler Kraftfahrer hat sich erfolgreich eingebrannt, dass ihr eingeschränkter Sichtbereich ein Problem der vorrangsberechtigten Radfahrer und Fußgänger darstellt, die daher gefälligst auf ihren Vorrang zu verzichten haben, wenn ihnen ihr Leben lieb ist. Sie selber dagegen sind nur unschuldige Opfer der Physik und haben daher keinerlei besonderen Sorgfaltspflichten.

Da helfen auch keine klaren Worte, wie beispielsweise vom Essener Polizeisprecher. Zumal, wenn diese im selben Artikel vom Vorsitzenden der Essener Verkehrswacht gleich wieder sabotiert werden. Oh ja, wir brauchen dringend noch weitere Aufklärungsaktionen für die ach so naiven Radfahrer und Fußgänger!

Interessant übrigens auch der letzte Satz im ersten Absatz unter der ersten Zwischenüberschrift: Dass dieser Unfall jetzt offenbar aufgeklärt ist, ist dem Essener Zeitungsleser neu. Sie fuhr also "auf gleicher Höhe"? Er hat sie folglich "übersehen"? Komisch, als seinerzeit über den Unfall berichtet wurde, blieben viele Fragen offen. Vor allem, wo an der Kreuzung die Verkehrsplaner mit der deutlich markierten Fahrradspur auf der Straße wirklich gute Arbeit geleistet hatten.

Egal, ob die Dame nun auf der Radspur oder dem Fußweg unterwegs war, der LKW-Fahrer muss sie vorher überholt haben. Es gibt an der Stelle gar keine Möglichkeit, aus dem Nichts auf die Straße zu stoßen, es sei denn, sie wäre samt Fahrrad aus einem Kanaldeckel geklettert oder mit dem Fallschirm gelandet.

In der Diskussion zeigen sich aber einige Kommentatoren fest überzeugt, dass es genauso gewesen sein müsse. Das ist mittlerweile eine weit verbreitete Einstellung: Die Opfer haben sich einfach im toten Winkel plötzlich materialisiert, der LKW-Fahrer hatte gar keine Chance, sie wahrzunehmen. Und genau diese Einstellung wird von Verkehrswacht & Co. mit ihren Kampagnen immer weiter forciert, so dass das Leben von Radfahrern und Fußgängern im täglichen Verkehr immer noch stärker gefährdet wird. Tolle Arbeit, herzlichen Glückwunsch!!

:mad:
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Beitragvon VeloC » 03.04.2015, 13:10

Kann ein Zeitungsbericht, der mit einem so unglaublich hirnrissigen Bild beginnt, mit seinem Textinhalt für Hoffnung sorgen? Man glaubt es kaum – er kann!

Da sammeln sich tatsächlich 14 Spediteure aus der IHK OS-EL, um dem tödlichen Abbiegeunfall den Kampf anzusagen. Und, man lese und staune, bei den geplanten Maßnahmen handelt es sich nicht etwa bloß um weitere "Aufklärungsaktionen" an die ach so risikobereiten Fußgänger und Radfahrer. Nein, diesmal geht es an die Ursachen, und dafür wird einiges an Geld in die Hand genommen:
  • - Nachrüstung der eigenen Fahrzeuge mit elektronischen Assistenzsystemen,
    - Sponsoring fest montierter Spiegel an gefährlichen Kreuzungen,
    - Schulung der eigenen Fahrer zum Thema,
    - Anweisung an die Fahrer, das Fahren in der Stadt möglichst komplett zu vermeiden und wenn, dann nur bestimmte Routen zu nehmen, die das Rechtsabbiegen an gefährlichen Kreuzungen ausschließen,
    - Einwirkung auf Partnerunternehmen, sich diesen Maßnahmen anzuschließen,
    - Forderung an Stadt und Landkreis, die Vermeidung von LKW-Verkehr in der Stadt ebenfalls deutlich zu unterstützen.
Zusätzlich erfolgt natürlich noch die obligatorische Aufklärungskampagne, die ich als rein flankierende Aktion aber durchaus in Ordnung finde. Auch die Stadt zeigt sich aufgeschlossen, ihrerseits Maßnahmen zu ergreifen, die Fußgängern und Radfahrern mehr Sicherheit bringen dürften. Dass der Leser jetzt nicht völlig vom Boden abhebt, dafür sorgt der Vorsitzende der Unfallkommission, gleichzeitig Vertreter der Polizei:
Das Problem sei nicht immer der Lkw-Fahrer, sondern oft der Radler. Neben einer defensiven Fahrweise komme es auch darauf an, einen Helm zu tragen – auch wenn manche Jugendliche das als „uncool“ empfänden.
Mit dieser Stellungnahme wird ein eleganter Bogen zum Titelfoto geschlagen, und so der ganze Artikel erst wirklich rund *lol*.

:D
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Beitragvon VeloC » 30.04.2015, 18:34

Neulich habe ich mich – mal wieder – beim Lesen eines WAZ-Artikels verschluckt und einen heftigen Hustenanfall bekommen:
Duisburger Netzwerk warnt vor Gefahren im "toten Winkel"

Das verbale Rumgeeiere des DVG-Vorstands – Unsere Busse haben zwar dank der neuen Spiegel keinen Toten Winkel mehr, aber die Warnung davor ist äußerst wichtig! – las sich ja noch recht unterhaltsam. Wirklich entsetzt haben mich jedoch die Sprüche der Duisburger Polizeipräsidentin. Zur Erinnerung: In Duisburg sind letztes Jahr vier Radfahrer ums Leben gekommen, zwei davon durch rechtsabbiegende LKW. Dazu zwei weitere, die nach Lage der Dinge mit großer Wahrscheinlichkeit durch andere Verkehrsteilnehmer zu Fall gebracht und anschließend liegen gelassen wurden wie Müll. Leider gab es beide Male weder Zeugen noch verwertbare Beweise, weshalb die Fälle ungeklärt blieben. Nicht jedoch nach Ansicht der Duisburger Polizei unter der Leitung von Frau Dr. B. und deren oberstem Chef und Förderer, dem in Duisburg beheimateten NRW-Innenminister. Ungeklärt? Gibbet nich in Schimmis Revier! Deshalb wurde beim Erstellen der Unfallstatistik 2014 nachträglich als erwiesen definiert, dass die Opfer ihren Tod selbst verschuldet haben.

Nun sind also die anderen beiden in 2014 getöteten Radfahrer an der Reihe, posthum wehrlos an den Pranger gestellt zu werden. Diese Dummköpfe, fuhren sie doch einfach im Toten Winkel daher, so dass die LKW-Fahrer sie beim Abbiegen übersehen mussten, und haben dann noch geglaubt, auf ihre Vorfahrt vertrauen zu dürfen. Wenn das man keinen Darwin-Award wert ist!

Im offensichtlichen Gegensatz zu unserer Polizeipräsidentin sind mir die beiden Unfallstellen an der Eisenbahnstraße und der Ruhrorter Straße aus Rad- und Autofahrerperspektive sehr vertraut. In beiden Fällen verläuft ein Bordsteinradweg neben der Straße. An der Eisenbahnstraße im Herzen von Ruhrort hat man von der Straße aus vollständig freie Sicht auf den kompletten Rad- und Fußverkehr rechts. In deutlichem Abstand vor der Unfallkreuzung stehen vereinzelte winzige Jungbäumchen zwischen Straße und Radweg, hinter denen sich vielleicht ein still hockendes Kaninchen verbergen könnte, aber kein in Bewegung befindlicher Mensch.

Die Ruhrorter Straße läuft über den Karl-Lehr-Brückenzug zwischen Kaßlerfeld und Ruhrort und verbindet die Hafenanlagen mit der A40, weshalb das LKW-Aufkommen dort hoch ist. Vor dem Abbiegen zum Containerterminal überquert man eine Fachwerkbrücke, deren schlanke Streben zwischen Radweg und Straße den freien Sichtkontakt zwar nicht unbedingt fördern, aber auch nicht nennenswert behindern. Wenn man als Radfahrer nicht gerade Jung-Siegfrieds Tarnkappe übergestreift hat, ist man im Sichtfeld des Kraftverkehrs. Ich fahre dort seit Jahren regelmäßig einmal die Woche mit dem Rad entlang, ohne dass jemals ein motorisierter Fahrer meine Bleistiftfigur tatsächlich übersehen hätte. Dass mir ganz gezielt die Vorfahrt genommen wird (vorwiegend von PKW-Piloten), kommt allerdings öfters mal vor.

Was die an den beiden tödlichen Unfällen beteiligten LKW-Fahrer dazu bewogen hat, einfach über den jeweiligen Radfahrer hinweg abzubiegen, kann ich nicht ermessen, und von den Strafprozessen war in der Presse noch keine Rede – falls darüber überhaupt berichtet wird, woran ich in Duisburg meine Zweifel habe. Mir fällt jedenfalls spontan keine überzeugende Ausrede für die Berufkraftfahrer ein. Daran wird es wohl liegen, dass es in meiner Karriere nicht zum Posten der Duisburger Polizeipräsidentin gereicht hat!

:cry:
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Beitragvon VeloC » 01.05.2015, 18:35

In der Ankündigung der 33. Duisburger Radwanderung stand unter anderem dies:
Parallel zur Radwanderung findet auf der Königstraße ein Fahrradmarkt statt. [...] Das Verkehrssicherheits-Netzwerk "Duisburg. Aber sicher!" wird dort über die Gefahren informieren, die im "toten Winkel" von Lkw und Bussen für Radfahrer lauern.
Jau, mit den Leutchen muss ich mal reden, vor allem nach dieser Geschichte! Meine Hoffnung dabei war, dass sich das Victim Blaming der Duisburger Polizei (die neben Stadt, DVG, DEKRA, Verkehrswacht und Bürgerstiftung Teil dieses Netzwerks ist) als vereinzelter Ausrutscher entpuppen würde, dass ich vor Ort auf Menschen treffen würde, die einer sachlichen Schilderung der anderen Perspektive aufgeschlossen gegenüber ständen. Dass hinter der allgemeinen Schuldzuweisung an die Radfahrer Methode stecken könnte – undenkbar!

Olaf war von der Idee nicht begeistert, er hatte schon eine Vorahnung. Also absolvierten wir erst die Tour und kamen anschließend entspannt und gut gelaunt auf dem Fahrradmarkt an. Mit einer hochgradig interessierten Karo und einem widerstrebenden Olaf im Schlepptau marschierte ich schließlich beim Netzwerk "Duisburg. Aber sicher!" auf. Sie hatten die Zugmaschine eines großen Sattelschleppers ausgestellt und deren Tote Winkel durch Flatterbänder und Kreidestriche markiert:

<a href="https://picasaweb.google.com/lh/photo/m ... site"><img src="https://lh3.googleusercontent.com/-7bbl ... C07359.JPG" height="480" width="640" /></a>

Als wir gegen halb vier dort aufschlugen, waren noch zwei DEKRA-Mitarbeiter vor Ort, denen man ansah, dass sie sich dringend nach Hause sehnten. Verständlich, der Tag war lang, und niemand arbeitet gern am Sonntag. Einer der beiden saß hinterm Steuer, der andere hielt gerade einem älteren Ehepaar einen Vortrag, den er an diesem Tag vermutlich zum x-ten Mal wiederholte. Wir gesellten uns dazu und lernten viel Neues über das allgemein übliche suizidale Verhalten von Radfahrern im Straßenverkehr. Man glaubt ja gar nicht, wie viele Verrückte sich immer wieder vor roten Ampeln in halbmeterbreiten Lücken zwischen stehenden LKW und Bordstein durchdrängeln! Und dann bleiben die da eingequetscht auf der Straße voll im Toten Winkel des Fahrers stehen, fahren bei Grün zeitgleich mit dem Laster los und wundern sich dann, wenn sie überfahren werden! Das ältere Paar war sichtlich beeindruckt, wir drei dagegen leicht befremdet.

Olaf, Karo und ich fahren in Summe seit über 100 Jahren Rad, aber ein solches Verhalten hat noch keiner von uns jemals in freier Wildbahn beobachten können. Nur in diesem Video, für das unser Radreporter zu Recht eine Menge Kritik einstecken musste und bei dem die beteiligten LKW-Fahrer (hoffentlich!) vorher vom Filmteam gewarnt wurden. Dabei sehen wir durchaus eine Menge Vollidioten auf Fahrrädern (in Hamburg noch deutlich mehr als im Ruhrgebiet), darunter auch hin und wieder welche, die sich mit ihrer Fahrweise wirklich in Lebensgefahr bringen. Uns ist auch klar, dass keine Aktion idiotisch genug ist, dass sich nicht irgendwo auf der Welt doch jemand finden würde, der sie ausführt. Aber dass der quasi freiwillige Hechtsprung unter die Zwillingsreifen eines 40-Tonners unter Radfahrern weit verbreitet sein soll, war uns neu. Den Hinweis, dass sich die Situation bei den 2014 in Duisburg überrollten Radfahrern ganz anders dargestellt hatte, konnte ich mir nicht verkneifen. Das war nicht als Kampfansage gemeint, kam aber offenbar so an.

Die anschließende recht einseitige Diskussion zwischen dem Herrn von der DEKRA und mir lässt sich nur als surreal bezeichnen. Ein Jammer, dass es keine Aufzeichnung davon gibt! Zusammenfassend kann man jedenfalls feststellen, dass Radfahrer völlig wahnsinnig sind, wenn sie auf Radweg oder -streifen im freien Sichtfeld eines LKW-Fahrers fahren und daraus frech ableiten, er müsse sie gesehen haben. Schlimmer noch, diese Verrückten "pochen auf ihre Vorfahrt" (d.h. die tun genau dasselbe wie jeder Autofahrer an einer grünen Ampel: bilden sich ernsthaft ein, sie könnten einfach fahren, wo der Wartepflichtige sie doch gesehen hat und die Regeln kennt)! Und nein, es ist völliger Blödsinn, dass LKW-Fahrer in der Ausbildung lernen würden, vorausschauend zu fahren und den Verkehrsraum vorn rechts vor dem Abbiegen im Auge zu behalten! Dazu sind die auch überhaupt nicht verpflichtet, die müssen sich schließlich auf so viel anderes konzentrieren! Nur gut, dass die Kollegen von der Schwesterorganisation DEKRA-Akademie das alles nicht gehört haben. Die bringen ja demzufolge den angehenden Truckern totalen Stuss bei, angefangen bei § 1 StVO.

Nach der ersten Verblüffung fand ich unerwartet Gefallen an der Rolle der geistig beschränkten Blondine, die mir da zugedacht wurde. Sparte mir also den Hinweis auf meine langjährige Ingenieurerfahrung im Bereich Fahrzeugtechnik und machte lieber runde Kulleraugen. Jeder meiner schüchternen "Ja, aber…"-Sätze (von denen ich keinen beenden durfte) löste einen weiteren Wortschwall aus, und mein ursprüngliches Mitgefühl wegen der Sonntagsarbeit verdunstete in der schwachen Nachmittagssonne.

Auf dem Heimweg zeigte sich Karo gebührend beeindruckt von dem Schauspiel. "Wow Mama, das war, als ob du ganz oft 'Jehova!' gesagt hättest!". Tja, vielleicht habe ich das, aber mit diesem Steinhagel aus geballtem Unsinn aus dem Mund eines Mitarbeiters einer Sachverständigenorganisation trotzdem nicht gerechnet. Olaf schon, er wunderte sich nur über meine Verwunderung. "War doch klar!". Echt, war es das? Okay, in Anbetracht der Illusionen, die ich im Vorfeld tatsächlich noch über die hehren Ziele solcher "Aufklärungskampagnen" hatte, war ich für die Rolle des kulleräugigen Dummerchens wohl doch die passende Besetzung!

:roll:
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Beitragvon Heimfelder Dirk » 03.05.2015, 08:08

VeloC hat geschrieben:..Und nein, es ist völliger Blödsinn, dass LKW-Fahrer in der Ausbildung lernen würden, vorausschauend zu fahren und den Verkehrsraum vorn rechts vor dem Abbiegen im Auge zu behalten! Dazu sind die auch überhaupt nicht verpflichtet, die müssen sich schließlich auf so viel anderes konzentrieren! Nur gut, dass die Kollegen von der Schwesterorganisation DEKRA-Akademie das alles nicht gehört haben. Die bringen ja demzufolge den angehenden Truckern totalen Stuss bei, angefangen bei § 1 StVO.
Meiner Erfahrung nach haben viele Fahrlehrer keinerlei Kenntnisse über einen seitlichen Mindestabstand zu Radfahrern. In Berlin habe ich es auf dem Weg zur Trainingsrunde ständig erlebt, dass Fahrschulwagen beim Überholen keinen Mindestabstand halten. Die Krönung erlebte ich unweit meiner Haustür hier in Harburg: mit dem Trekkingrad und den Rucksack schwer beladen fuhr ich mit 10 km/h eine steile Straße hinauf an parkenden Autos vorbei. Ein Fahrschulwagen überholte mich mit höchstens 20 cm Abstand. Ich hatte ob der geringen Geschwindigkeit größte Mühe, weder mit dem fahrenden noch dem parkenden Fahrzeug zu kollidieren. Ich habe mich tierisch erschrocken, ob dieses irrsinnigen Manövers und schimpfte. An der Ampel pöbelte mich der Fahrlehrer auch noch an. Meiner Aufforderung auszusteigen und die Diskussion auf dem Gehweg fortzusetzen, kam er dann aber nicht nach. :mad:

Was soll man also erwarten, wenn offensichtlich unqualifizierte Leute zur Ausbildung von Fahranfängern zugelassen sind?
:gruss:
dirk
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Beitragvon VeloC » 04.05.2015, 17:50

Wenn es bei den Ausbildern schon hakt, ist das natürlich fatal! Kommt das in Hamburg häufiger vor? Berlin kann ich mir ungefähr vorstellen, da kriegt man in der Fahrschule wohl eher eine Nahkampf-Ausbildung verpasst.

Bei uns in der Gegend scheint das nicht das Problem zu sein. Ich habe einmal ein fast identisches Erlebnis gehabt wie du, aber das war eine absolute Ausnahme. Habe dann spekuliert, der einsame Mann am Steuer wäre vielleicht gar kein Fahrlehrer gewesen, sondern der Mitarbeiter einer Autowerkstatt, der dem treuen Großkunden das frisch inspizierte Fahrzeug zurück zur Firma bringt. Normalerweise erkennt man Fahrschulwagen bei uns daran, dass sie entweder mit mehr als 1,50 m Abstand überholen oder es eben bleiben lassen, wenn der Platz nicht reicht – ohne einem dann ersatzweise bis auf Handbreite ans hintere Schutzblech zu kriechen.

Meine Tochter macht gerade ihren Führerschein, und in ihrer Fahrschule werden die Schüler in jeder Theorie- und Praxisstunde regelrecht gedrillt auf Aufmerksamkeit und Rücksicht gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern. Angeblich legen die Prüfer großen Wert darauf, dass die Prüflinge ihre Wachsamkeit wirklich deutlich machen, auch über den berühmten Schulterblick hinaus. "Also wenn ihr links voraus auf dem Bürgersteig spielende Kinder seht, dreht den Kopf kurz in die Richtung, damit der von der Rückbank auch sehen kann, dass ihr die auf dem Schirm habt!"

Auch die große Mehrheit der hiesigen LKW-Fahrer, zumindest von denen mit deutschen Kennzeichen, hat das richtige Verhalten an kritischen Stellen gut drauf. Von daher denke ich, können unsere Fahrschulen so übel nicht sein. Wenn die DEKRA-Akademie so ausbilden würde wie der "Fachmann" von der Automotive-Sparte mir erzählen wollte, hätte sich das in Anbetracht ihrer hohen Absolventenzahlen hier schon im Straßenverkehr bemerkbar gemacht!

Aber umso rätselhafter erscheinen die trotzdem immer wieder passierenden Unfälle. Wenn man denn wenigstens über die folgenden Strafprozesse informiert werden würde, aber da ist grundsätzlich Schweigen im Blätterwalde. Hier zumindest.

:Weissnicht:
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Beitragvon VeloC » 10.05.2015, 22:07

Jetzt ist das Thema also auch bei Velophil – Das Fahrrad-Blog angekommen: Der tote Winkel wird unterschätzt

Ich lese diesen Blog sonst gerne, aber dieser Beitrag ist extrem enttäuschend. Wie kann eine profilierte Journalistin sich so viel Unsinn erzählen lassen und den einfach unreflektiert wiedergeben, ohne mal beizeiten kritisch nachzuhaken oder selber zu recherchieren? Und ihre eigenen Erkenntnisse anschließend mit in den Text einfließen zu lassen? Scheinbar war ihr einziger Interview-Partner der Sprecher des DVR (hat der Mann keinen Namen oder möchte er lieber anonym bleiben?). Leider ist der DVR entgegen seiner Selbstbezeichnung alles andere als unabhängig, sondern eine Ansammlung von eigeninteressegesteuerten Lobbyorganisationen. Eine Gemeinsamkeit mit der Verkehrswacht, die ebenfalls zu den Mitgliedern zählt. Das hat schon was von einer russischen Matroschka-Puppe. Interessantes Konstrukt übrigens auch, dass im DVR die entscheidungsbefugten Politiker mit den Lobbyisten, die auf sie einwirken, einträchtig unter einem Dach auftreten. Klar, dass dann so ein Wischiwaschi rauskommt:
Die technischen Hilfsmittel sind umstritten, die elektronischen Abbiege-Assistenten noch nicht ausgereift. Von einer gesetzlichen Regelung ist man erst recht noch weit entfernt.
Also, da hätte ich doch runde Kulleraugen gemacht und ein paar Mal laut "Jehova!" gerufen. Zum Beispiel: Was soll das heißen, die zuvor erwähnten einfachen technischen Hilfsmittel seien "umstritten", was genau verhindert denn ihre Anwendung? Dass keins davon in der Lage ist, dem Fahrer vollständig das Denken und die eigene Verantwortung abzunehmen, sondern sie "nur" den Toten Winkel zu fast 100% ausschalten können? Dass damit dann die grundlegendste Ausrede der Notwendigkeit aller "Aufklärungskampagnen" wegfiele und man somit nicht mehr ungestraft Stimmung gegen Radfahrer und Fußgänger machen könnte, sondern über unbequeme Dinge wie regelmäßige Nachschulungen der Fahrer oder viel schlimmer, Reduzierung des LKW-Verkehrs in den Städten reden müsste? Dass die Einsparung der paar Euro, die dafür erforderlich wären, natürlich weit wichtiger ist als die paar Menschenleben, die derzeit regelmäßig fällig werden?

Oder: Was heißt, die elektronischen Abbiege-Assistenten seien "noch nicht ausgereift"? Wer soll das glauben, wo es aktuell schon vollständig selbstfahrende Autos gibt? Selbst der Roboter, den meine Tochter einst mit ihrer Technik-AG gebaut hat, konnte selbständig Hindernisse erkennen und Kollisionen verhindern – konstruiert und programmiert von normalbegabten 15-jährigen. Mit jeder Bundestagswahl droht die Gefahr, dass der nächste Verkehrsminister möglicherweise einen Stichtag setzt, ab dem entsprechende Systeme zur Pflicht werden. Für wie blöde erklären sich die im DVR vertretenen Hersteller selber, wenn sie so tun, als wären sie für diesen Fall nicht vorbereitet?

Dass ohne entsprechende Gesetzesgrundlage die Hersteller natürlich dämlich wären, solche Systeme in die Serien zu übernehmen ist klar. Freiwillig werden die meisten Spediteure die dafür anfallenden Zusatzkosten ganz bestimmt nicht übernehmen. Lieber vergießen diese als Mitglieder der Verkehrswacht dicke Krokodilstränen über die ach so gefährdeten Radfahrer und Fußgänger, die ganz dringend über die (so einfach abzustellende) Gefahr aufgeklärt werden müssen. Womit wir beim letzten Punkt wären: Warum sind wir denn von einer gesetzlichen Regelung "erst recht noch weit entfernt"? Wenn man schon mal gerade den Sprecher des DVR an der Strippe hat und im DVR doch sämtliche Verkehrsministerien von Bund und Ländern vertreten sind, wäre das doch eine naheliegende Frage an den Fachmann gewesen, oder?

Das Video der Stadt München hätte ich jetzt gern auch noch genüsslich zerlegt. Da ich aber morgen früh heil mit dem Rad im Büro ankommen möchte, werde ich lieber keine Übermüdung riskieren. Zu viele Kraftfahrer verlassen sich darauf, dass ich für sie mitdenke. Als zusammenfassenden Kommentar zu dem Video daher nur ein kurzes: Au-a!

PS: Danke an Peter, unbekannterweise, für die "differenzierte Perspektive" – obwohl ich hier nach eigenem Eindruck im Laufe der Zeit immer polemischer werde! ;)
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Beitragvon olaf » 11.05.2015, 13:57

Bei der ganzen Diskussion sollte sich die Logistiklobby vielleicht mal um die eigenen Probleme zu erst kümmern :mad:

Wenn ich solche Berichte lese und genau diese Unternehmen werden mit Sicherheit keine ausgebildeten Fahrer im Einsatz und damit erledigen sich meiner Meinung nach solche Diskussionen bereits im Ansatz!

Immer mehr ausländische Lkw mit Sicherheitsmängeln unterwegs
Zuletzt geändert von olaf am 12.05.2015, 10:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon VeloC » 11.05.2015, 15:48

olaf hat geschrieben:Bei der ganzen Diskussion sollte sich die Logistiklobby vielleicht mal um die eigenen Probleme zu erst kümmern. :mad:
Das ist ja genau der Grund, warum sie so krampfhaft für Ablenkung sorgen müssen mit ihren "Aufklärungskampagnen". Solange alles von den selbstmörderischen Radfahrern und Fußgängern redet, sind die Chancen größer, dass solche Meldungen unter den Tisch fallen. Mann, die riesigen Rostmöhren erobern ja nicht nur die Autobahnen, sondern auch die Städte! Und wenn ich die armen Kerls am Steuer dann bei uns im Hafen rumlungern sehe, will ich denen jedes Mal am liebsten einen großen Bottich heiße Suppe rumbringen. Die können sich ja teils kaum noch auf den Beinen halten. Wobei vielfach wohl auch schon Hochprozentiges die eigentlich nötige heiße Suppe ersetzt hat. Aber Hauptsache, die Logistikbranche brummt. :cry:

Danke übrigens auch an Jule im Kommentarbereich von Velophil für diesen Link! Bei der Aktion in Duisburg waren die Zusatzspiegel nicht mit Putzlappen umwickelt, sondern komplett abmontiert. Ich hatte noch danach gefragt und wurde in ruppigem Ton belehrt, die vorhandene Spiegelausstattung wäre absolut konform mit den gültigen EU-Richtlinien. "Ja, aber… bedeutet das denn nicht, dass die aktuell gültigen EU-Richtlinien ein bisschen zu…". JEHOVA!
:D

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