TransTeuto: Mit dem MTB auf Arminius Spuren (Bericht+Bilder)

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Johanna
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TransTeuto: Mit dem MTB auf Arminius Spuren (Bericht+Bilder)

Beitragvon Johanna » 02.07.2015, 22:53

Den Hermannsweg wollte ich schon lange mal fahren, doch ich hatte das Gefühl, dem geschichtsträchtigem Gelände nicht gerecht zu werden, wenn ich einfach nur den Weg abfahre. So habe ich mich vorab mit der Geschichte um Hermann-Arminius und der Varusschlacht befasst. Ich habe eine TerraX Doku geguckt und auch viel im Netz nachgelesen.

Am 20. Juni ist es dann soweit. Nach 3-Stündiger Bimmelbahnfahrt sitzen wir um 11:00 Uhr auf unseren Rädern. Am nord-westlichen Fuße des Teutoburger Waldes beginnen wir unseren Ausflug, mit als Ziel, dem ca. 140 km entfernten Velmerstot, dem Übergang zum Eggegebirge, und dazwischen verteilt um die 4.000 Höhenmeter. Wir halten uns an die von einheimischen Geländeradfahrer ausgearbeitete Wegbeschreibung (http://www.transteuto.de). Diese verspricht das Umfahren von Wanderballungsgebieten. Das Wetter ist für Mitte Juni kühl, aber prima zum Rumpelradfahren.

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In Hörstel tauchen wir in dem Gebiet ein, das dem Römischen Heer vor über 2000 Jahren mit seinen undurchdringlichen Wäldern und unheimlichen Sümpfen wiederwärtig war. Ihre Furcht war begründet, letztendlich erlitten sie eine große Niederlage während der Varusschlacht. Sie verloren 3 Legionen, ca. 20.000 Mannen.

Ich bin gespannt, ob wir ein bisschen was von dieser "Unheimlichkeit" zu sehen und spüren bekommen. Doch der Teutoburger Wald heute ist natürlich nicht mehr so wie vor 2000 Jahren. Gut ausgebaute Wege und Wegweiser überall. Und die laute Welt da draußen immer irgendwie hörbar.

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Vorbei geht es recht locker an den Dörenther Klippen, an Tecklenburg, Lengerich, Lienen bis Bad Iburg. Hier machen wir Mittagspause. Bis hierher war die Transteuto (eine Mischung aus überwiegend Hermannsweg und X-Wege) noch angenehm zu fahren, ab jetzt wird sie biestiger. Es geht rauf und runter und rauf und runter und rauf, zack-zack-zack-zack, wie ein Kamm halt. Und gefühlt nur im Wald. Am Luisenturm bei Borgholzhausen legen wir eine Pause ein und trinken Kaffee mit einem heimischen Geländeradler (der uns kurz vorher überholt hatte....). Bis Bielefeld hätte der Hermannsweg noch fiese Passagen für uns, bis dahin würden wir wohl noch so 2 - 2,5 Stunden brauchen. Da es schon 18:00 Uhr wurde, haben wir uns dann lieber in Halle eine Unterkunft gesucht.

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Am nächsten Tag sitzen wir um 9:00 wieder auf dem Rad. Erstmal müssen wir wieder hoch zum Kamm, das üppige Frühstück macht es nicht leicht. Oben angekommen, geht es so weiter wie es Tags zuvor geendet hat: Auf und ab und rauf und runter durch den Teutoburger Wald-Wald-Wald. Schmale Kammwege, enge Schluchten,....dass sich hier die römische Kriegsformationen nicht haben halten können, ist sowas von klar... Ich mag mir das Geschreie und Gemetzel von 9 n. Christus gar nicht vorstellen. Dazu noch naßkaltes gruseliges Wetter... Ich kann die Unheimlichkeit des Teutowaldes spüren... Wie schön, Bielefeld zu erreichen. Zivilisation!

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Zur Sparrenburg fahren wir natürlich kurz hoch. Auf dem Innenhof laufen die Vorbereitungen für einen Musiknachmittag auf Hochtouren, es riecht nach gegrilltem Fleisch. Das ist nun doch zu viel Zivilisation. Schnell wieder rein in den Wald. Jetzt wird der Hermannsweg richtig kurzweilig. Der Bismarckturm "Eiserner Anton" lädt zur Fernsicht ein. Während ich hoch tapse, unterhält sich Uwe mit einer müllsammelnden Frau, die in einer Parallelwelt lebt. Auf meine Frage, hoch vom Turm herunter geworfen, wie weit es von hier bis zum Hermannsdenkmal wäre, antwortet sie nach kurzer Denkpause "jaaah....auf dem Pferd so....3 Stunden?"

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Wir halten kurz inne beim Soldatenehrenmal auf dem Tönsberg. Das Wort zum Sonntag, die umlaufende Inschrift am oberen Rand des Ehrenmals: „WANDERER HEMME DEN SCHRITT - SCHIRMEND DER HEIMAT HEILIGEN BODEN - STARBEN DIE TAPFEREN UNBESIEGT - BEUGE DICH VOR DES OPFERS GRÖSSE“. Wir sind still und uns unserer privilegierten Lebenssituation bewusst.

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Aber jetzt geht es zum Hermann!

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Wir wählen den "H"-Weg, ein Fehler. Eine richtig lange Schiebepassage gilt es am Ende zu überwinden die -ja-, die auf die Laune schlägt. Aber beim Denkmal ist das wieder vergessen. Während Uwe sich ein Verschnaufplätzchen sucht, schleiche ich um Hermann-Arminius, schaue hinauf. Stolzes Denkmal. „Kolossalstatue“. Die höchste Statue Deutschlands. Hermann erhebt das Schwert nicht in Richtung Rom, sondern in Richtung Paris. Das Denkmal wurde nämlich zu einer Zeit erbaut, als Deutschland und Frankreich bis aufs Blut miteinander verfeindet waren. Und die Hermann-Darstellung diente als Demonstration der Stärke gegenüber dem „Erzfeind“ im Westen. Um eine geschichtlich korrekte Darstellung ging es den Erbauern weniger.

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Da steht er nun und kann nicht anders. Hermann, der Retter Germaniens. Was er wohl für ein Mensch war? Warum er vom Römer wieder zum Germanen wurde? Die Meinungen der Historiker gehen in alle Richtungen. Gehörte er zu jener Sorte von Anführern, deren Stolz es nicht zuließ, abhängig vom römischen Kaiser zu werden?

Wir essen gut zu Mittag beim Restaurant am Denkmal. Das isotonische Bier wird serviert auf einem Thusnelda-Bierdeckel.

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Thusnelda, so hieß die Frau von Arminius. Sie war die Tochter seines germanischen Widersachers Segestes, der einst Arminius aus dem Schutz seiner Familie gerissen und in die Obhut Roms gebracht haben soll. Es heißt, "der schlimmste Feind des Germanen ist der Germane": 5 Jahre nach der Varusschlacht entführte und heiratete Arminius die Thusnelda, wohl nicht gegen ihren Willen, aber ganz sicher nicht zur Freude von Segestes. Ein Jahr nach der Hochzeit entführte wiederum Segestes seine Tochter - sie war inzwischen im fortgeschrittenen Zustand der Schwangerschaft - und ließ sie nach Italien bringen. In Gefangenschaft gebar sie Arminius’ Sohn Thumelicus. Über das weitere Leben der beiden ist leider nichts bekannt. Im Jahr 21 wurde Arminius von Verwandten ermordet ("der schlimmste Feind des Germanen.....").

Wir satteln wieder auf und radeln weiter......ich fahre nochmal zurück, um meinen Rucksack zu holen......und fahre nochmal zurück, um auch meine Handschuhe einzusammeln....

....und erreichen auch flott die Externsteine, die, so sehen es die Historiker gerne, als germanisches Heiligtum gelten. Mag ich gerne glauben. Hat was mystisches und ruhiges, dieser Ort. Viele Menschen hier, die auf Decken liegend den Sonntag genießen, Familien, die Picknick machen. Leider sind die Externsteine auch ein "brauner Wallfahrtsort". Heute sind keine braunen Touristen da.

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Jetzt gilt es die letzen 5 km bis zum Velmerstot zu schaffen, dann ist unsere TransTeuto zu Ende. Es fängt an zu regnen. Natürlich muss das letzte Stückchen geschoben werden, zu steinig und verwurzelt der Aufstieg.

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Das Ende der Tour ist unspektakulär. Wir stehen im Regen auf einem Berg.

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Vom Velmerstot steuern wir nun - querfeldein natürlich - Bad Pyrmont an. Hier besuchen wir für "Die Unendliche Rundfahrt" noch den Otto am Bismarckturm, fahren runter zum Bahnhof und dann mit der Bimmelbahn zurück nach Hause.

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Die Große Frage rund um die Varusschlacht, die ja nicht im Teutoburger Wald, sondern bei Kalkriese stattgefunden haben soll, ist: Wie hat es Arminius vor 2000 Jahren geschafft, die unter sich so verfeindeten Germanenvölker, zu Zehntausenden an einem Tag an einem Ort zusammen zu bekommen? Ein großes Rätsel.

Hat Spass gemacht, diese etwas andere Radreise.

Ach, und dieser kleine Kerl lief einfach so im Wald rum. Aus dem Gebüsch grunzte die Mutter...

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(Bei Wildschwein muß ich immer an Obelix denken....gibt es nicht auch 'n Asterix und Obelix bei den Römern? Hat Obelix vielleicht den Arminus geholfen? Ha! Da habe ich doch die Lösung des großen Rätsels ;) )
Zuletzt geändert von Johanna am 03.07.2015, 01:52, insgesamt 4-mal geändert.
Knud
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Beitragvon Knud » 02.07.2015, 23:14

Cooler Bericht.
Ich bin vor Jahren häufiger mal auf Teilstücken unterwegs gewesen. Allerdings immer zu Fuß; das war anstrengend genug.
Respekt für diese Tour!

Knud
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Tribelix
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Beitragvon Tribelix » 03.07.2015, 07:51

Danke für diesen Genuss-Reise-MTB-Bericht, im typischen Johanna Stil. :cool:
Sei froh, dass die Sau im Gebüsch geblieben ist, das kann auch ganz anders ausgehen, bei so einem ausgebüxten Frischling. NehNeh
Jetzt weiß ich endlich, woher die Bezeichnung "Thusnelda" herkommt. banana
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Beitragvon Heimfelder Dirk » 03.07.2015, 12:04

Note 1 mit Sternchen in Geschichte!
Klasse geschrieben :Respekt:
:gruss:
dirk
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Leffti Peter
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Haben uns genau an dem Tag nur knapp verpaßt:

Beitragvon Leffti Peter » 13.07.2015, 16:52

Hallo Ihr beiden

Ein wirklich sehr feiner Bericht, ich tauchte damit sofort in meine eigene Erinnerungswelt ein, da ich selbst genau an dem Tag - ohne dass wir voneinander wußten - nachmittags allein mit dem MTB dort unterwegs war. Ich startete in Oerlinghausen, das ist dort, wo sich das Soldatenehrenmal auf dem Tönsberg befindet.

Weiter ging meine Fahrt auch über den Hermannsweg, den ich jedoch zuletzt zum Hermannsdenkmal hoch auf einer anderen Route verließ.

Hinunter fuhr ich dann direkt das steile Stück im H-Weg, wobei mir hier ein Forstbeamter mit einem Quad entgegenfuhr!!!! Unglaublich wie kletterfähig die Dinger sind! Habe mich zwischenzeitlich in einem Ort/Tankstelle mit frischen Getränken versorgt und bin weiter den H-Weg zurück nach Oerlinghausen, übrigens auch ein sehr netter Ort direkt am Waldhang gelegen.

Schade, dass wir uns verpaßt haben, wäre sonst sicher witzig gewesen!

Gruß Peter
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varusschlacht

Beitragvon schurke » 13.07.2015, 19:37

nach meinen informationen hat die varusschlacht in der nähe von kalkriese, das liegt etwas nördlich von osnabrück stattgefunden. dort ist auch ein denkmal.
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Beitragvon pollux » 13.07.2015, 21:01

Es hat mal wieder Spaß gemacht Deinen Bericht zu lesen.

Vor 10 Jahren gab es noch die organisierte Teutotour (TT). Die wurde in einen Tag gefahren. Durch deinen lebhaften Bericht erfährt man wenigsten mal was von der Geschichte. Respekt.

Dein Strandmarathon-Bericht (HVH-DH) liegt mir immer noch tief im Sinn.
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kocmonaut
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Beitragvon kocmonaut » 13.07.2015, 21:57

Johanna schrieb: "Wie hat es Arminius vor 2000 Jahren geschafft, die unter sich so verfeindeten Germanenvölker, zu Zehntausenden an einem Tag an einem Ort zusammen zu bekommen? Ein großes Rätsel."

Wahrscheinlich hatten sie ein Forum und haben zum Critical Mass aufgerufen. Oder so ähnlich. Denn als sie in die Schlacht zogen, trugen sie Helme.

Und wird Johanna demnächst nach Orleans fahren und die Geschichte lebend/ig und neu schreiben? Ich lass mich gerne überraschen und warte ungeduldig auf die nächsten Abenteuer...
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Johanna
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Beitragvon Johanna » 14.07.2015, 19:05

Danke!

Ja Peter, das wäre schon lustig gewesen, hätten wir uns beim Hermann getroffen. Dann hätten wir mit einer Thusnelda anstoßen können...:)

Die historische Thusnelda war übrigens eine goldhaarige Fürstentochter, eine germanische Heldin. Durch Kleists Drama »Die Hermannschlacht« (1808) bekam Thusnelda das Negativimage der nervenden »Tussi«. Und das Negativimage hält bis heute.

@Pollux: Über die eintages-TransTeuto hatte ich gelesen. Schnelle Jungs schaffen die Strecke in 9 Stunden. Da komme ich nicht hin :(
Und zum Beachbiken: Wenn der Aufwand nicht so groß und die Wetterbedingungen nicht eine so große Rolle spielen würde....ich würd' so gerne nochmal....

@Kocmonaut: Schöne Vorlage mit Jeanne d'Arc, mal schauen. Da ich auch noch Catharina heiße wäre eine Tour von d'Arc zu de' Medici eine Idee :)

:wink:

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