Hamburg: Winterdienst für Radfahrer funktioniert nicht!

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Helmut
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Hamburg: Winterdienst für Radfahrer funktioniert nicht!

Beitragvon Helmut » 13.12.2012, 16:27

Der ADFC Hamburg schrieb:

<b>Leere Versprechungen der Stadt: Winterdienst für Radfahrer funktioniert nicht!</b>

Trotz Schnee und Eis: Viele Hamburger sind auch im Winter mit dem Rad unterwegs. Für sie hat die Stadt ein 150 km langes Netz von verkehrswichtigen Radfahrstreifen, Nebenstraßen und Radwegen innerhalb des Rings 2 und in den Bezirkszentren Harburg und Bergedorf festgelegt, wo sie Winterdienst zu machen versprach. „Doch auch eine Woche nach dem ersten Schneefall sind die meisten dieser Wege nicht geräumt und kaum befahrbar“, sagt Dirk Lau vom ADFC Hamburg. Er fordert eine zuverlässige Räumung wenigstens des versprochenen zentralen Streckennetzes – das hatte im letzten Winter noch halbwegs gut geklappt – sowie dessen Ausdehnung in den nächsten Jahren.

„Es ist beschämend mitanzusehen, wie wenig sich Stadt wieder einmal um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer kümmert, die auch im Winter das Auto stehen lassen“, so Lau. Ob Radfahrstreifen, wie in der Wagnerstraße, benutzungspflichtige Radwege an Hauptstraßen, wie dem Winterhuder Weg, Mundsburger Damm oder Harburger Ring – Schnee und Eis machen vielerorts die Benutzung unmöglich. Selbst der benutzungspflichtige Zweirichtungsradweg um die Alster wurde nur einspurig geräumt und weist eine Eisdecke auf – sichere Wege sehen anders aus. Auch die nicht geräumten, aber für den Radverkehr wichtigen Nebenstraßen machen Radfahren derzeit zum echten Abenteuer. „Wir fordern, dass Politik und Verwaltung endlich handeln und nicht von einer Versprechung zur nächsten schlittern“, so Lau.

Sind benutzungspflichtige Radwege wegen Schnee und Eis unbenutzbar, dürfen Radfahrer auf die Fahrbahn wechseln – und sollten das im Interesse ihrer eigenen Sicherheit auch machen! Viele Radfahrer und vor allem viele Autofahrer wissen das jedoch nicht. Umso mehr ist jetzt gegenseitige Rücksichtnahme gefragt. Radfahrer können zudem ihren Sattel niedriger stellen und den Reifendruck reduzieren, um besser auf ungeräumten Wegen zu fahren. „Auch Spikereifen oder Winterreifen helfen, sind aber keine Lösung für die Masse an radelnden Hamburgern“, so Lau.

Wie’s besser geht, machen unsere Nachbarn im Norden vor: Die Stadt Norderstedt hat gerade beschlossen, alle Radwege zu räumen und die Bewährungsprobe des ersten Schneefalls bestanden. Und in der Fahrradhauptstadt Kopenhagen werden die Radwege sogar vor den Kfz-Verkehrsflächen geräumt. Von solchen Prioritäten können Hamburgs Radfahrer nur träumen...

Karte "Winterdienst auf Radwegen": http://www.hamburg.de/winterdienst/2649 ... dwege.html
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
Angelboot

Beitragvon Angelboot » 13.12.2012, 18:34

Hallo,

geräumte Radwege, auch bei uns in Geesthacht eine Selbstverständlichkeit. Seit Jahren werden im Winter die Radwege in Geesthacht gleichzeitig mit den Straßen geräumt. In diesem Jahr wird auch nicht mehr mit groben Split nachgestreut, sondern ein Sand-Salzgemisch eingesetzt. Dadurch werden Reifenpannen hoffentlich auch minimiert.

Kleine Unverständlichkeit am Rande. Geräumt wird aber nur bis zur ersten Stadtgrenze. Einen Kilometer weiter beginnt Geesthacht mit dem Ortsteil Grünhof-Tesperhude quasi noch einmal. Hier befindet sich auch ein Industriegebiet und das HZG-Forschungszentrum mit rund 1.200 Arbeitsplätzen. Für diesen Kilometer ist der Kreis zuständig. Die räumen nicht. Die Geesthachter machen um diesen Kilometer einen Bogen, und fangen dann in Grünhof-Tesperhude wieder an.

Auf meinem früheren Arbeitsweg zum HZG-Forschungszentrum konnte ich dann auf einem geräumten Radweg fahren und manchmal nur schiebend oder oft mit Bodenkontakt den letzten Kilometer überwinden.
Herman
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Re: Hamburg: Winterdienst für Radfahrer funktioniert nicht!

Beitragvon Herman » 13.12.2012, 21:23

Helmut hat geschrieben:Und in der Fahrradhauptstadt Kopenhagen werden die Radwege sogar vor den Kfz-Verkehrsflächen geräumt. Von solchen Prioritäten können Hamburgs Radfahrer nur träumen...
Es heißt, bei normalem Wetter würden 40 % der Kopenhagener auf dem Arbeitsweg das Fahrrad nutzen. Wenn der Anteil der Radler hierzulande ähnlich hoch wäre, würde wahrscheinlich auch hier der Winterdienst bei Radwegen vorrangig behandelt.

Ich habe trotz niedrigen Aufkommens an Radlern schon Fuß-/Radwege gesehen, die vor der Straße geräumt, dann aber mit Abraum des großen Schneepflugs wieder zugeschüttet wurden. Da eine bezahlbare Lösung zu finden, ist wohl nicht so einfach.
Technobull
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Re: Hamburg: Winterdienst für Radfahrer funktioniert nicht!

Beitragvon Technobull » 18.12.2012, 12:39

Herman hat geschrieben:Es heißt, bei normalem Wetter würden 40 % der Kopenhagener auf dem Arbeitsweg das Fahrrad nutzen. Wenn der Anteil der Radler hierzulande ähnlich hoch wäre, würde wahrscheinlich auch hier der Winterdienst bei Radwegen vorrangig behandelt.
Frage an Juristen: wie ist es zu erklären daß Haus-und Grundbesitzer eine Räumpflicht haben, ggf. haftbar gemacht werden können, während Radwege scheinbar grundsätzlich nicht geräumt werden müssen?
Herman
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Re: Hamburg: Winterdienst für Radfahrer funktioniert nicht!

Beitragvon Herman » 18.12.2012, 18:29

Technobull hat geschrieben: Frage an Juristen: wie ist es zu erklären daß Haus-und Grundbesitzer eine Räumpflicht haben, ggf. haftbar gemacht werden können, während Radwege scheinbar grundsätzlich nicht geräumt werden müssen?
Von Juristen ist hier am wenigsten mit vernünftigen Kommentaren, geschweige mit hinreichenden Erklärungen zu rechnen. Folgende Satzung aus dem Jahre 2004 wurde allein siebenmal geändert, was darauf hindeutet, dass sich nicht alles immer und überall mit Paragrafen regeln lässt.

http://www.abki.de/downloads/satzungen/ ... g_2012.pdf

Nach §8 umfasst die Streu- und Schneeräumpflicht auch die Radwege. Was da in dieser Satzung (die örtlich verschieden sein mag) alles zu lesen ist, halte ich für utopisch. Was in der Praxis draus wird, zeigt sich schon in den nächsten Tagen, für die Schnee und Eis vorhergesagt sind.
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Re: Hamburg: Winterdienst für Radfahrer funktioniert nicht!

Beitragvon Technobull » 19.12.2012, 22:48

Herman hat geschrieben:www.abki.de/downloads/satzungen/Strasse ... g_2012.pdf

Nach §8 umfasst die Streu- und Schneeräumpflicht auch die Radwege.
Das ist recht eindeutig, fehlt bloß noch eine Musterklage. Ich denke mal eine Aktion wie die des ADFC "Parke nicht auf unseren Wegen", als wir in meiner Heimatstadt Rückspiegel mit Spuckzetteln beklebten und öfter mal die Polizei herbeizitierten, um sie an ihre Amtspflichten zu erinnern..

Also demnach sind Radwege soweit vorhanden Teil der Räumpflicht der Grundstückseigentümer. Also braucht es nur noch ein Vordruckschreiben zum Ausfüllen und die Anschrift des zuständigen Bezirksamts, ggf. dann Dienstaufsichtbeschwerde wegen Untätigkeit im Mindestfall, ansonsten zivil- und strafrechtliche Folgen wie sonst bei Haus- und Grundbesitzern auch?!
Bagdad-Biker

Re: Hamburg: Winterdienst für Radfahrer funktioniert nicht!

Beitragvon Bagdad-Biker » 26.12.2012, 07:50

Technobull hat geschrieben:... Ich denke mal eine Aktion wie die des ADFC "Parke nicht auf unseren Wegen", als wir in meiner Heimatstadt Rückspiegel mit Spuckzetteln beklebten ...
Starker Tobak. Eine Ordnungwidrigkeit (falsch Parken) mit der Straftat (Sachbeschädigung) in Selbstjustiz zu ahnden.
Technobull hat geschrieben:Also demnach sind Radwege soweit vorhanden Teil der Räumpflicht der Grundstückseigentümer.
Vollkommen richtig. Soweit kommunal nicht anders geregelt, muss zwischen 8 und 20 Uhr dauerhaft geräumt sein. Das gestaltet sich in der Praxis natürlich denkbar schwierig. Würde es doch bedeuten, dass berufstätige, private Grundeigentümer dauerhaft daheim bleiben oder einen externen Winterdienst beschäftigen müssten.

Zu bedenken ist in diesem Zuge, dass ein Vermieter auch seine Mieter mit in die Räumpflicht einbinden kann und darf. Alternativ bleibt ihm ebenfalls die Option einen Winterdienst zu beauftragen. Die Kosten hierfür kann er über die Betriebskosten auf seine Mieter umlegen. Eine saftige Erhöhung der Miete würde wohl den wenigsten schmecken.

Ist der Grundeigentümer die Stadt/Gemeinde, so hat eine Beschwerde/Klage vermutlich wenig Erfolg. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Die Stadt wird sich stets darauf berufen können zunächst Hauptwege, Kreuzungen, Schulwege und andere Gefahrenpunkte geräumt zu haben. (Wenn es um 7 Uhr zu schneien beginnt, ist es unmöglich bis um 8 sämtliche Wege geräumt zu haben)

Die für die Räumung aufgebrachten finanziellen und personellen Mittel erreichen astronomische Summen, sodass ein Gericht, auch unter Anbetracht der umfangreichen zu räumenden Wegstrecken, stets urteilen wird, die Stadt sei ihrer Verpflichtung nach besten Kräften nachgekommen.

Kommt nun jemand durch Glätte zu Schaden, besteht durchaus der Anspruch auf Schmerzensgeld/Entschädigung. Jedoch liegt die Beweispflicht beim Geschädigten. Selbst wenn dieser einwandfrei nachweisen kann, dass der Grundeigentümer nicht oder unzureichend seiner Räum(Streupflicht nachgekommen ist, bedeutet dies noch lange nicht, dass er eine Zahlung erhält. Eine gewisse Sorgfaltspflicht obliegt nämlich auch ihm. Mir ist der Fall eines Privateigentümers bekannt, der eine solche Schmerzensgeldleistung nicht zahlen musste. Das Gericht begründete, dass der Verunfallte bei Schneefall mit Glätte hätte rechnen müssen und zudem unpassende Schuhe (Turnschuhe) trug.

Ob nun dieses Urteil gerecht erscheint, mag jeder selbst beurteilen. Hierzu anmerken muss ich jedoch, dass besagter Grundeigentümer seinen Gehweg zwar geräumt, jedoch nicht ausreichend abgestreut hatte. Nachdem er im Jahr zuvor verbotener Weise Auftausalz zum Streuen eingesetzt hatte und hierfür reichlich zur Kasse gebeten wurde, war er dazu übergegangen lediglich mit Sand zu streuen.

Fazit: Dumm für den verunfallten Fußgänger, aber ausgleichende Gerechtigkeit für den Grundeigentümer.
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Beitragvon Paul » 26.12.2012, 12:37

Das betrifft aber leider nicht nur die Radwege in Hamburg. Ich selbst bin Gott sei Dank auf dem Sattel geblieben, habe aber von einigen Kollegen und Freunden gehört, die aufgrund des schlechten Winterdienstes unfreiwillig abgestiegen sind.

Ich lass das Fahrrad ab sofort bei viel Schnee erstmal stehen...
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Grotefend
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Re: Hamburg: Winterdienst für Radfahrer funktioniert nicht!

Beitragvon Grotefend » 26.12.2012, 13:09

Herman hat geschrieben:Nach §8 umfasst die Streu- und Schneeräumpflicht auch die Radwege.
Ich habe in der zitierten Vorschrift trotz intensiver Suche keine Pflicht zur Räumung pp. auf Radwegen finden können. Abs. 1 und 2 benennen ausdrücklich nur Gehwege. Auch Abs. 3 [Umfang der Räumpflicht] nennt ebenfalls nur Gehwege. Ist hier der Wunsch Vater des Gedankens?

n.b.: Dass Verbot zur Verwendung von Streusalz auf Radwegen aus Abs. 5 begründet jedenfalls keine Räumverpflichtung.
Sonne in den Speichen sieht nur, wer sein Rad bewegt.
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Re: Hamburg: Winterdienst für Radfahrer funktioniert nicht!

Beitragvon Technobull » 29.12.2012, 15:52

Grotefend hat geschrieben:
Herman hat geschrieben:Nach §8 umfasst die Streu- und Schneeräumpflicht auch die Radwege.
Ich habe in der zitierten Vorschrift trotz intensiver Suche keine Pflicht zur Räumung pp. auf Radwegen finden können.
Das ist wohl Interpretationssache oder mit einfachem Menschenverstand zu lösen: wenn baulich der Radweg Teil des Gehwegs ist, wie oft, dann ist er m. E. entsprechend zu räumen. Ist der Radweg baulich Teil des Straßenzuges, besteht Straßenräumpflicht, was in der Praxis ebenfalls hinten runterfällt.

Es ist also eine deutsche Kulturleistung bzw. Folge stillschweigender Duldung, heißt es, glaube ich im Rechtsleben und hat nichts mit Recht oder Unrecht zu tun - oder was?

Bagdadbiker mag Anwalt oder sonstwie rechtlich versiert sein: für uns gab es damals keinerlei Sachbeschädigung im Tatbestand Spuckzettel auf Rückspiegeln, die sich mit Geduld und Spucke entfernen ließen.

Wer Radwege zuparkt muß in jedem Fall mit Konsequenzen rechnen können.

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