Vätternrundan 2012 (Bericht und Bilder)

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BriMore
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Vätternrundan 2012 (Bericht und Bilder)

Beitragvon BriMore » 18.06.2012, 22:35

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Vätternrundan 2012

Am 13. Juni war es endlich soweit, an diesen Tag ging es für mad.mat und mich auf nach Schweden zur Vätternrundan 2012. Gemütlich machten wir uns bereits am Mittwoch mit dem PKW über die Fähre Puttgarden-Rødby und die Öresundbrücke auf nach Motala, um uns dort mit Thali und Tina auf dem Campingplatz z-parkens zu treffen.

Die Vätternrundan fand am Freitag, 15. Juni bzw. Samstag, 16. Juni 2012 statt und somit hatten wir noch genügend Zeit um uns zu akklimatisieren. Donnerstag fuhren wir gemeinsam mit Thali und Tina in die Stadt, um unsere Startunterlagen abzuholen und uns die Messe und das Treiben anzusehen. Nach und nach trafen immer mehr Radfahrer ein. Die Aufregung stieg.

Und schon war es Freitag. Unsere Startzeit war um 1:02 Uhr nachts. Daher wurde es ein sehr langer Freitag. Zuerst fand ich diese Startzeit zu spät, denn ich wollte lieber schon gleich um 20:00 Uhr losfahren, aber wie sich später herausstellte, war es doch besser erst später zu starten, denn die Nachtfahrt war überhaupt nicht mein Geschmack. Einfach zu Dunkel.

Nach scheinbar unendlich langer Warterei war es dann doch plötzlich soweit, dass wir uns zum Start aufmachen mussten. Ich war in freudiger Erwartung und aufgeregt und hoffte inständig, dass das Wetter hält und alles gut geht. Zum Glück bin ich ein Optimist, denn trotz der Regenvorhersagen rechnete ich nicht mit Regen!

Am Start trafen wir auch Müllbeutelchen mit Wiebke, die kurz nach uns starteten, als auch auf Scotty62, der bereits die Vätternrundan zum dritten Mal in den Angriff nahm.

Der Start wurde im Web TV übertragen. Das HFS Supporterteam wartete bis 1:02 Uhr nachts um uns im Startblock zu sehen und zu verabschieden. Leider – wie der Zufall es so wollte- wurde genau um 1:02 Uhr Werbung gezeigt. Alle Starter davor und auch danach wurden im Web TV gezeigt, nur wir nicht. Unsere Lieben Zuhause konnten zwar noch kurz ohne Bild hören, dass der Moderator unsere Namen und Helmuts-Fahrrad-Seiten erwähnte und mich lachen hören, aber mehr leider nicht. Hinzu kam, dass im Startblock plötzlich mein Tacho versagte! Bis in den Startblock hinein ging er, doch plötzlich nicht mehr. Tja, da konnte man nichts machen, so sollte ich halt ohne Tacho an den Start gehen! Zum Glück bin ich Optimistin und nicht abergläubisch  … 1:02 Uhr und los ging es!

Bis zum ersten Depot nach 43 km in Hästholmen ging es mit wenigen Steigungen relativ zügig. Bis auf die unangenehme Dunkelheit lief alles gut. Dort trafen wir auf die Gruppe um Thali, Achim und Michael. Kurz sollte es nach dem Depot gemeinsam weitergehen, doch schon bald sollte ich merken, dass mir das Tempo etwas zu schnell war und ich lieber etwas langsamer weiterrollen wollte. Mathias blieb bei mir.

Das nächste Depot war nach 81 km in Gränna. Dort war es schon hell – herrlich. Kurz gestärkt und weiter ging es, aber leider setzte nun doch Regen ein. Schnell zogen wir uns Regenjacke und Regenhose an. Wir fuhren ein paar Kilometer und der Regen hörte auf. Da es in der Regenkleidung einfach zu warm war, entschlossen wir, die Regenkleidung wieder auszuziehen. Und genau in dem Moment als wie wieder weiterfuhren, setzte der Regen wieder ein! Nein, das konnte doch nicht sein. Zunächst wollten wir den Regen einfach ignorieren, aber das ging nicht. Also hielten wir erneut an und zogen und diesmal aber nur die Regenjacken an. Ein Fehler, wie sich schnell herausstellte. Der Regen wurde so stark, dass wir bereits nach wenigen Metern bis auf die Haut nass waren.

Es blieb uns nichts anderes übrig als bis zum nächsten Depot in Jönköping nach 109 km weiterzufahren, wo wir erneut auf Thali und Co. trafen. In Jönköping werden Fleischbällchen mit Kartoffelbrei und Hafergrütze serviert. Nach Rat von Thali entschied ich mich für Hafergrütze mit Apfelmuss. Lecker war es und gestärkt hat es mich auch. Gute Entscheidung. An diesem Depot gibt es eine große Halle, in der man sitzen kann. Dies haben wir klitschnass gerne angenommen. Alle Schweden in der Halle hatten trotz der Nässe sehr gute Laune, lachten und alberten herum. Für uns allerdings ließ der Blick nach draußen in den Regen nichts Gutes hoffen. Da es nicht so aussah, dass der Regen bald aufhören würde, machten wir uns erneut auf. Zum Glück war es zwar sehr nass, aber nicht so kalt wie befürchtet.

Das nächste Depot war in Fagerhult nach 140 km. Dieses Depot werde ich niemals vergessen. Denn direkt als ich dort ankam, wurde mir schlecht und schwindelig. Ich wusste nicht, was ich zuerst machen soll: umfallen oder mich übergeben! Mathias sagt, ich sah furchtbar aus. Ich entschied mich, mich auf einer Holzpalette mit Decken bei den Sanitätern in einer dunklen Halle zu legen. Gute Entscheidung, denn langsam stabilisierte sich mein Kreislauf und auch schlecht war mir nicht mehr. Während ich dort lag, holte mad.mat sich einen Kaffee. Als er zurückkam, beugte er sich über mich und fragte, wie es mir geht. Dann liefen die Tränen. Mathias war total überrascht und fragte, warum ich denn weinte. Ich wusste es nicht. Die Tränen liefen. Wahrscheinlich einfach zu viele Emotionen! Langsam fasste ich mich wieder und entschied mich, wieder aufzustehen und was zu essen und zu trinken. Zunächst einen Kaffee – der Commader hat mir den Tipp gegeben viel Kaffee gegen die Müdigkeit zu trinken und Thali rat mir, ruhig viel Zucker in den Kaffee zu tun. Das tat ich. Wie mir Mathias später erzählte, habe ich 6 Stück Zucker hineingetan. Das war wohl wie im Traum, denn daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern! Langsam ging es mir besser, doch ich zweifelte noch 160 km fahren zu können. Zu allem Überfluss kam in diesem Moment dort am Depot auch der Bus für diejenigen an, die abbrechen wollten/mussten. Die Verlockung war groß, einfach einzusteigen und der Qual ein Ende zu setzen. Ich war wirklich hin und hergerissen und kurz davor aufzugeben. Doch dann entschied ich mich, auf jeden Fall noch zum nächsten Depot zu fahren. Mathias hat mich in meiner Entscheidung bestärkt, indem er sagte, dass ich jederzeit aufhören kann, wenn es gar nicht mehr geht – auch einfach irgendwo an der Strecke. Also ging es weiter …

Das nächste Depot war bei 178 km in Hjo. Hier war es super. Es hatte aufgehört zu regnen und die Sonne kam raus. Zudem haben wir zwei Deutsche kurz vor dem Depot gefunden, mit denen wir gemeinsam ziemlich flott die letzen Kilometer zum Depot fuhren – das gab gute Laune. In Hjo gibt es Lasagne – über diese habe ich im Vorwege nichts Gutes gehört, aber ganz ehrlich, für mich schmeckte sie einfach nur lecker. Nachdem wir kurz gutgelaunt die Sonne genossen haben, machten wir uns auf zum nächsten Depot. Dort hatte ich Janibals Spruch „100 gehen immer“ im Kopf. Ich sagte mir einfach, da insgesamt noch 120 km zu fahren waren „Nur noch 20 km und 100 gehen immer!“

In Karlsborg hatten wir dann endlich die 200 km geknackt, denn dies Depot war bei 210 km. Hier haben wir kurz was gegessen und getrunken und weiter ging es langsam Richtung Ziel über das Depot Boviken bei 232 km und das schöne Hammersundet bei 262 km. Oben auf der schönen großen Brücke kann man den Blick über den nördlichen Vättern und die Schären genießen. Sehr, sehr hübsch. Aufgrund den Rates von Tina, habe ich besonders diesen Ausblick genießen können.

Das letze Depot war 282 km im alten Heilbrunnenstädtchen Medevi. Dort lädt eine Sommerwiese zu einer letzten Rast ein. Eigentlich wollte Mathias gerne dieses Depot auslassen, aber das ging bei mir nicht. Ich brauchte die Pause. Ich wusste, dass nur noch 20 km ins Ziel sind, aber selbst diese 20 km schienen unendlich zu werden. Die Anstiege konnte ich kaum noch fahren. Ich weiß zwar nicht, wie Mathias es gemacht hat, aber er hat mich nach fast 300 km tatsächlich noch ein paar Hügel hochgeschoben!

Aber dann, endlich haben wir Motala erreicht. Wir fuhren an dem Campingplatz vorbei auf dem wir wohnten und schon ging es an die Vätternpromenade im Zentrum von Motala. Das Ziel war in Sicht und am Rand standen Thali, Tina, Ilona und Achim und jubelten uns zu. Sehr schönes Gefühl. Plötzlich stand Jörg72 im Ziel neben uns. Wie aus dem Nichts! Er ist 3,5 Std. nach uns gestartet, aber ins Ziel mit uns. Wow!

Es war endlich vorbei und ich habe es trotz aller Schwierigkeiten geschafft! Aber eines ist ganz sicher: ohne Mathias hätte ich es nicht geschafft. Ohne ihn hätte ich bestimmt abgebrochen – DANKE, dass Du bei mir geblieben bist!

Insgesamt lässt sich folgendes sagen:
• Den Spruch „100 gehen immer“ verstehe ich jetzt besser.
• Die Strecke habe ich nicht geliebt, aber ich denke, sie hat mir dennoch viel gegeben.
• Thali sagt immer: Es gibt welche, die lieben Vättern und welche die hassen Vättern. Kaum was dazwischen. Also, lieben tue ich Vättern nicht. Dennoch würde ich nicht so weit gehen und sagen, dass ich es hasse, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es nicht noch einmal machen werde. Wenn ich noch einmal eine Langstrecke fahren, dann in einem Land, wo ich ein Wettergarant habe (Sorry Angelboot).
• Die Vätternrundan war auf jeden Fall ein Erlebnis und ich bin froh, dass ich es gemacht habe.
• Es war ein schönes Wochenende mit lieben Leuten.
• Schweden ist schön und auch der Vätternsee ist schön.
• Ich finde entgegen aller anderen Meinungen die ganze Strecke etwas wellig – auf jeden Fall ist sie nicht so flach wie das platte Land rund um Hamburg (Harburger Berge und Lüneburger Heide ausgenommen).
• Es war sehr anstrengend und als erstes dachte ich nur „Es war schrecklich“, soweit würde ich jetzt nicht mehr gehen.
• Die Anteilnahme von unserem Familien und Freunden mit Anrufen und SMSen hat mich besonders gefreut! Gab ein tolles Gefühl! Danke!

Hier kommen von mad.mat und mir sowie joerg72 unsere

<a target="_blank" href="http://bilder.helmuts-fahrrad-seiten.de ... .html">135 Bilder von der Vätternrundan</a>.

Also: „See you anderswo“
Britta


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Johanna
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Beitragvon Johanna » 18.06.2012, 22:51

Ganz große Nummer Britta! Klasse!
Deichfahrer
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Beitragvon Deichfahrer » 18.06.2012, 22:57

Wowwwwww,
klasse und suuuuuper Leistung von euch beiden.
Schöner Bericht mit tiefen Emotionen. :Laola:
Ihr habt dieses Unternehmen geschafft, vielleicht sollte ich es auch mal machen. :oops:

;-) ;-)
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NOBNOB
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Beitragvon NOBNOB » 19.06.2012, 07:43

Hut ab Britta, ganz tolle Leistung!
Und schöner Bericht.
they who go out into the world see the wonders wrought by the gods,
and return humbled
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Marit
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Beitragvon Marit » 19.06.2012, 08:47

:Respekt:
Super Leistung und toller Bericht!!!
Sowas würde ich mir ehrlich gesagt, nicht zutrauen.
:wink: LG Marit. :GrosseZustimmung:
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Heimfelder Dirk
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Toll!

Beitragvon Heimfelder Dirk » 19.06.2012, 09:13

Klasse Leistung Britta (Mathias natürlich auch) :Hutab: und großen :Respekt:
:gruss: Dirk
:gruss:
dirk
Müllbeutelchen
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Herzlichen Glückwunsch Euch Beiden

Beitragvon Müllbeutelchen » 19.06.2012, 10:15

Hallo Britta, hallo Mathias,

auch auf diesem Wege nochmals herzlichen Glückwunsch Euch beiden. Bei diesen wirklich grausamen Bedingungen das Ding durchgezogen zu haben hat meinen vollen Respekt.
Wiebke und Ich werden nächsten Jahr wieder an den See reisen um uns unsere Urkunden abzuholen. Ich hab es Wiebke schon versprochen.
Für uns war es einfach zu kalt und zu nass, so das wir nach 105 km in Jönköping den Bus genommen haben. Auch das ist ein Erlebnis.

Deshalb bleibt mir nur zu sagen: "SEE YOU AT MOTALA - oder anderswo!"

Gruß Marcus
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Achim_Hamburg
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Aber es war eine schöne Tour

Beitragvon Achim_Hamburg » 19.06.2012, 11:58

Schöner Bericht Britta. Für alle die sich unter der Vätternrunde nichts vorstellen können ein muß zu lesen.!!
Ich möchte folgendes nachtragen:

Bild
Vor dem Start

Bild
Lecker Köttböller (die gaben Kraft)

Bild
Tina hat im Ziel immer eine Überraschung für uns!!

Gruß Achim[/img]
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tierfreund23
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Beitragvon tierfreund23 » 19.06.2012, 12:25

Super emotionaler Bericht.:Kopfüberklatschen:
Respekt für diese Super Leistung, vor allem unter solchen Bedingungen.:Respekt:
Muss ich unbedingt auch mal fahren.:Unentschlossen:
Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte,
drum gab er Säbel, Schwert und Spieß, dem Mann in seine Rechte,
drum gab er ihm den kühnen Mut, den Zorn der freien Rede...

Zitat: Ernst Moritz Arndt 1812
Angelboot

Beitragvon Angelboot » 19.06.2012, 13:12

Hallo Britta, nun lass es alles etwas ruhen, dann siehst du es mit anderen Augen. Wer Vättern gefahren ist, kann stolz sein. Und die Rundan ohne Regen macht doch keinen Spaß. Ansonsten, sehr emotionaler Bericht. Bin quasi mitgefahren. Top Leistung. Pokalhoch Und gute Erholung. :Radler:
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Slowfish
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Beitragvon Slowfish » 19.06.2012, 15:44

... und schon wieder konnte ich meine 5. Vätternrunde nicht beenden. Es soll wohl nicht sein, dass ich mal die "silberne" Medaille für die 5. Umrundung erhalte - ich habe aber beschlossen, dass ich nicht aufgebe und das nochmals in Angriff nehmen werde, vielleicht nicht schon im nächsten Jahr, aber so geht es nicht. Gefahren bin ich in den Jahren 2000, 2001, 2006 und 2009, wobei ich in 2009 nicht gut drauf war und trotzdem meine bisher schnellste Zeit fuhr. 2010 startete ich abermals, aber hatte eigentlich keine Lust und war (peinlich genug, dies zugeben zu müssen) viel zu leicht angezogen, hatte auch keine weitere Kleidung dabei und nach 140 km dermaßen durchgefroren, bis in die Mitte sozusagen, dass ich abbrach. Der Rücktransport von Mensch und Material klappte problemlos, es braucht allerdings einige Zeit. Für mich war das Thema Vättern damit eigentlich abgeschlossen, da aber ein Vereinskollege aufgrund einer OP nicht starten konnte und ich in diesem Jahr sehr fit bin, übertrug er mir seinen Startplatz und motiviert startete ich dann.

War ich doch für die Temperaturen genau richtig angezogen und es lief alles super, ich hatte richtig Spaß und dann? Bei km 150 begann es zu regnen: an sich nicht weiter schlimm, sowas schockt mich ja normalerweise nicht. Ich zog also das mitgeführte Notfall-Regenzeug über, aber dem Regen, der dann einsetzte, hielt das so gar nicht stand. Binnen kürzester Zeit hatte ich das Gefühl, 1 1/2 m Wasser in den Schuhen zu haben und bekam eiskalte Füße. Da ich eigentlich nicht wieder den Bus nehmen wollte, wie in 2010, hielt ich unterwegs an, wrang meine Socken aus und zog mir zwei Plastiktüten unter die Socken, Schuhe wieder an, Neoprenüberschuhe wieder drüber und weiter. Ich hoffte, dass damit die Füße nicht mehr so kalt sein würden. Nutzte aber nix, also beschloss ich, am nächsten Depot die Runde abzubrechen, weil der Spaßfaktor gleich null war und ab dem nächsten Depot noch ca. 120 km zu fahren gewesen wären.

Die knapp 30 km klatschnass haben mir echt gereicht - meine Zehen fühlten sich an wie Steinchen. Ich kam um 6 Uhr morgens dort an, gab mein Fahrrad für den Rücktransport ab und stürzte zum Bus, der um 6.00 Uhr abfahren sollte. Der war total überfüllt, ich drängelte mich noch mit rein, weil es schön warm war. Dann kam der Busfahrer und erzählte was auf Schwedisch. Zum Glück sind die Schweden ein nettes Volk und ein neben mir stehender Mann übersetzte mir das auf Englisch, sinngemäß: Wegen der außergewöhnlich hohen Anzahl an Abbrechern sind Probleme mit der Logistik aufgetreten, sie würden noch auf den Lkw für den Rücktransport der Fahrräder warten (normalerweise fahren Bus + Lkw zusammen, so das Fahrer und Räder zusammen zum Start zurück gefahren werden), außerdem sei es nicht erlaubt, den Bus mit stehenden Personen zu fahren.

Letzteres gefiel mir natürlich nicht, der nächste Bus sollte erst 2 Stunden später fahren. Zum Aufwärmen durften wir aber noch drin bleiben. Dann kam die Erlösung: Wir auf den Stehplätzen durften doch mitfahren, der Bus startete zwar mit einer Stunde Verspätung, aber das war mir egal. Das beste aber: Ein schwedischer Mann passenden Alters trat seinen Sitzplatz an mich ab - den hätte ich sofort geheiratet, wenn ich nicht schon vergeben wäre, glaubt es mir! Es sind nämlich alle gleichermaßen müde und kaputt und irgendwie habe ich mich selbst auch wirklich bedauert, dass ich nun die 2-stündige Fahrt stehend überleben sollte.

Mein Rad kam nicht gleichzeitig mit mir zurück, so musste ich dann die 5 km zum Campingplatz noch laufen, aber: dort schien die Sonne! Meine sämtlichen Radfahrkollegen sind übrigens die Runde zuende gefahren und hatten ca. 7 Stunden diesen Regen und waren auch kurz davor, aufzugeben. Aber größere Kernigkeit ließ sie weiterfahren. Mir völlig schleierhaft. Trotzdem hatte ich wirklich riesiges Glück, ein anderer Fahrer auf dem Campingplatz, der zwar eine Viertelstunde vor mir an der gleichen Kontrolle aufgab, konnte nicht mit dem gleichen Bus zurück und musste dort über 4 Stunden warten. Andere berichteten, dass sie aufgeben wollten und dann von der Organisation mitgeteilt kriegten, dass momentan keine Busse zur Verfügung stünden, wollten dann mit den Rädern weiter, die dann aber bereits im Lkw waren und auf dem Rückweg nach Motala. Ich glaube, da wäre ich in Tränen ausgebrochen. Taxis waren auch nicht zu kriegen. Es waren vier Mal so viele Abbrecher wie sonst, darum lief das alles recht durcheinander - absolut ungewöhnlich, normalerweise ist die Organisation top.

Eine Woche vorher bin ich die Tjejvättern gefahren, eine Runde über 100 km nur für Frauen. Das hat sehr viel Spaß gemacht, das ist eine völlig entspannte Tour, dort sieht man überwiegend normale Tourenräder, wenig Rennräder und ich war eigentlich die ganze Zeit auf der Überholspur, für mich ein völlig neues Gefühl - bin ich doch eher langsam. Da war das Wetter gut, bis auf einen Regenschauer und die Streckenführung wunderschön.

Trotz dieses etwas haarsträubenden Berichts über die Vätternrundan 2012: Wird dieses Mal nicht das letzte Mal gewesen sein, denn eine 5. Umrundung will ich doch noch absolvieren. Normalerweise ist diese Tour ein tolles Erlebnis und mir gefällt gerade die Fahrt durch die Nacht - diese endlose Kette roter Lichter vor einem, die Ruhe, Fackeln entlang der Route, in Decken gehüllte Zuschauer auf Gartenstühlen... - man muss es gesehen haben.

Marion
Zuletzt geändert von Slowfish am 19.06.2012, 16:17, insgesamt 1-mal geändert.
Der liebe Gott erschuf die Zeit, von Eile hat er nichts gesagt...
Müllbeutelchen
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Abrechen - eine neue Erfahrung

Beitragvon Müllbeutelchen » 19.06.2012, 16:05

Hallo Radsport-Gemeinde,

nach 2002, 2003, 2010 und 2011 sollte es auch meine 5. Runde werden. Zusammen mit Freuden die teilweise ihre 10. oder 5. Runde fuhren und meiner Freundin, die letztes Jahr erst mit dem Rennradfahren angefangen hat, waren wir traditionell am Donnerstag angereist und hatten den Freitag zur Vorbereitung in Motala genutzt. Samstag Nacht um 01:12 ging es dann los. Am Start noch schnell mit Mathias und Britta geschnackt und viel Glück gewünscht und dann ging es hinein in die Dunkelheit.

Die ersten 85 km gingen richtig gut, es war zwar wie 2011 auch windig von vorn, aber zu ertragen. Kleidung war auch richtig. Dann wurden die einzelnen Tropfen Regen mehr und schlagartig setzte Starkregen ein. Also ne Bushaltestelle gesucht und die Windjacke gegen die neue Regenjacke getauscht. So ging es weiter Richtung Jönköping... Schnell suchte sich aber der Regen den Weg von oben in die Schuhe und das trotz Überschuhe und neuer Raceblades.

In der Halle in Jönköping war es zwar trocken aber es zog wie Hechtsuppe und so entschied ich mich erstmal auf meine Freundin zu warten. Die kam zwar noch hoch motiviert, aber völlig durchnäßt ne 1/2 Stunde nach mir dort an - wollte eigentlich weiter, aber ich konnte sie davon abhalten.

Auf den Bus haben wir 1,5 Stunden gewartet - und gegen 9 Uhr waren wir in Motala - ohne Räder und auch ohne Shuttle-Busse (diese waren alle abgezogen, um Abbrecher wie uns zurückzuholen). Aber wir haben uns geschworen, wieder zu kommen, Wiebke um den ganzen See kennen zu lernen und ich für meine silberne Medaille.

Im Moment bin ich am überlegen, ob ich die gesparten Körner und die gute Form nicht einsetzen sollte und am 07.07. die Sjaelland Rund in Dänemark fahren sollte.

SEE YOU AT MOTALA

Marcus
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Achim_Hamburg
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Und schon wieder eine Regenrunde

Beitragvon Achim_Hamburg » 19.06.2012, 18:04

Der Regen setzte wärend der Etappe zwischen Gränna und Jönköping ein, so dass ich meine Regenjacke überzog. Schon beim Einkleiden am Abend habe ich meine Low-Tech Ausrüstung mit selbstgestrickten Wollsocken aufgepeppt. Das sollte sich nun auszahlen. Keine kalten Füße! Während wir uns gegen Sturm und Regen stemmten sowieso nicht. Das ist wie ackern unter der Dusche. Nur in den Depots holte mich nach 1/4 Stunde der Kälteteufel ein. Das Zähneklappern hörte aber immer mit der nächsten Steigung auf.

Wichtig: Essen, Essen Essen. In Hjo war das Zähneklappern trotz der Lasagne, und dass ich dort Ilona treffen durfte, unerträglich. Vor allem weil wir wohl insgesamt eine Stunde dort pausierten. Ich fühlte mich außerordentlich unterkühlt in meinen klatschnassen Sachen, und mit jeder Minute wurde es schlimmer. Zum Glück gings weiter und danach im wahrsten Sinne des Wortes die Sonne auf.

Gruß

Achim
turbo32
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Beitragvon turbo32 » 19.06.2012, 18:55

Glückwunsch ....was für ein geiles Radsportjahr für Euch .Amstel und Vättern, WOW :o

Habe ähnliche Erfahrungen gemacht, muss es auch nicht wieder haben ...auch nicht mit dem Abstand von 2 Jahren. Ist schön, mitgemacht zu haben, alles gut, aber der Unterschied zu ner RTF im Norden war mir zu gering. Da hat mich der 3LG z. B. mehr beeindruckt. Am Wasser fahren, bissi hoch und runter, das geht hier auch (sehr vereinfacht dargestellt).

Jetzt Füsse hoch, gute Erholung .......... :wink:

....und dann geht`s weiter :D
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joerg72
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Ein Traum wird wahr

Beitragvon joerg72 » 19.06.2012, 22:01

Es ist Ende 2007. Ich möchte gerne mit dem Rennradfahren anfangen. Auf der Suche nach einem passenden Rad stoße ich in dem Rennrad-Magazin auf einen Bericht über eine "Vätternrundan" in Schweden - eine Tour über 300 km rund um den Vätternsee. Es wird die Bedeutung der Tour in Schweden herausgestellt - dass viele Schweden einmal im Leben an der Rundfahrt teilgenommen haben wollen - und u. a. über eine von Exercycle organisierte Radsportgruppe berichtet. Ich kann nur ungläubig staunen und mit nur schwer vorstellen, wie man 300 km am Stück fahren kann. Ich bin so fasziniert, dass ich beschliesse - sollte ich dem Rennradfahren treu bleiben - dort auf jeden Fall einmal zu starten. Zu diesem Zeitpunkt ein unvorstellbarer Traum für mich.

Irgendwann in 2009 - ich bin mittlerweile aktiv dabei - lese ich bei HFS, dass ein Ingo vom VFL Stade eine organisierte Bustour zur Vätternrundan anbietet. Damit ist schon mal klar, wie ich dort hinkomme. Für einen Start ist es aber noch viel zu früh.

Anfang 2010 lerne ich Renate kennen. Sie kommt gerade vom Trainingslager auf Mallorca und trainiert fleissig für die Vätternrundan, zu der sie bei einem Ingo aus Stade in einer Reisegruppe mitfährt. Zusammen mit Renate mache ich erste RTF-Erfahrungen - sie fährt meist die lange Runde, ich immer nur die 80er. Da ich immer wieder von Knieschmerzen geplagt werde, kommt eine Teilnahme in 2011 noch nicht in Frage.

In 2011 gehts dann für mich so richtig los. Ich lerne hier auf HFS nette Leute kennen, mit denen ich zusammen einige RTFs fahre - mittlerweile meist die 3-Punkte-Touren. Die Knieschmerzen haben sich mittlerweile auch gelegt. Hier auf HFS erfahre ich aber auch, dass man keine 800 km fahren muss, um 300 km Rad zu fahren. Es gibt hier auch sogenannte Brevets mit 200, 400 oder mehr Kilometern Länge sowie Marathons, die auch weit über 200 km hinausgehen. Der Mythos Vätternrunden bröckelt etwas.

Dann der Aufruf von Ingo für die Vätternrundan 2012. Es soll seine letzte organisierte Tour werden. Sofort ist der Mythos wieder da und ich melde mich an. Damit ist das Trainingsziel für das nächste Jahr klar. Renate lässt sich ebenfalls infizieren und meldet sich zusammen mit einem befreundeten Pärchen erneut an.

Leider bekomme ich nach der Adlerrunde im Harz wieder Knieschmerzen, diesmal ganz andere, die sich erst nach mehreren Stunden einstellen und die ich lange ignoriere. Solange, bis ich im September den Heidestern in Lüneburg nach dem ersten Tag abbrechen muss. Nichts geht mehr. Der Besuch beim Arzt bringt leider keine Aufklärung. Nachdem sich seine erste Vermutung nicht bestätigt, werde ich mit dem Kommentar "Ich solle wiederkommen, wenn die Schmerzen wieder da sind" entlassen. Gefrustet schiebe ich es weiter auf. Da die Saison mehr oder weniger zuende ist, treten die Probleme auch nicht mehr auf. Auch den Winter über im Gelände ist meist alles gut. Als es Anfang 2012 wieder auf die Strasse geht, sind sie aber wieder da. Ich mache einen erneuten Versuch. Zum Glück finde ich einen Therapeuten, der die richtige Idee hat: Das ISG ist blockiert. Schnell war ich beschwerdefrei. Das Projekt Vätternrundan 2012 konnte losgehen.

Dieses Jahr habe ich dann jede mögliche Gelegenheit genutzt, um lange Touren zu fahren. So habe ich z. B. die 140 km Anreise in den Urlaub an die Ostsee mit dem Rad gemacht. Die längste Vorbereitungsrunde ist 160 km lang. Mit insgesamt 2.100 km in den Beinen geht es nach Schweden.

Die Abreise ab Harburg erfolgt am Donnerstag Abend. Meine Familie bringt mich zum Lüneburger Bahnhof, von dort geht es mit der Bahn nach Harburg. Da wir etwas spät dran sind, baue ich das Rad nur provisorisch zusammen. Den Rest wollte ich während der Wartezeit in Harburg machen. Als ich in Harbug ankomme, sind schon viele Teilnehmer da. Schnell kommt man mit den anderen ins Gespräch - die Zeit vergeht wie im Fluge.

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Dann kommt der Bus, die Räder werden in den toll konstruierten Radanhänger verstaut, und weiter gehts über Lübeck nach Schweden. Vor der Anreise hatte ich großen Respekt, da wir über Nacht fahren. Insgesamt läuft es aber ganz gut und ich bekomme 4-5 Stunden Schlaf.

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Unser Übernachtungsquartier ist eine Jugendherberge in Borghamm, ca. 30 km südlich von Motala, direkt an der Rundstrecke. Als wir ankommen, gibts erstmal Frühstück, dann haben wir noch ein wenig Zeit, bis wir nach Motala fahren, um die Startunterlagen abzuholen und die Stadt zu geniessen.

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Da ich in Harburg vergessen hatte, mein Rad fertig aufzubauen, hole ich dies jetzt nach. Nocheinmal ein paar Gänge durchschalten und schwupps - ist der Schaltzug gerissen. Ich erinnere mich, dass ich den noch wechseln wollte. Zum Glück passiert dies vor der Abfahrt nach Motala, so dass ich dort Ersatz besorgen kann. Am Nachmittag beim Austauschen des Schaltzugs bekomme ich den abgerissenen Rest zuerst nicht raus - Panik macht sich breit. Am Ende wird jedoch alles gut.

Der Tag in Motala und auch in der Jugendherberge ist wunderschön. Strahlend blauer Himmer bei wenig Wind. Die Vorhersage für Samstag sieht dagegen nicht so gut aus. Bis zu 10 mm Regen und 10-11 Grad in den Morgenstunden waren in den Tagen zuvor vorausgesagt. In Motala bei der Anmeldung gibts nochmal eine aktuelle Vorhersage - anscheinend soll es doch nicht so schlimm werden. Der mögliche Regen ist immer wieder Thema unter den Teilnehmern. Unvorstellbar, dass es nach so einem schönen Tag wirklich so schlecht werden soll. Lange überlege ich, was ich anziehe, entschliesse mich letztlich für die wärmste Variante.

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Abends nach dem Lasagneessen lege ich meine Sachen zurecht und gehe früh ins Bett. Die Abreise nach Motala ist um 3 Uhr, um 4:24 Uhr ist unser Start. Um 2 Uhr stehen wir auf, machen uns fertig und fahren nach Motala. Es ist trocken und kaum windig. Auf dem Weg nach Motala kommen und immer wieder Gruppen von Radfahreren entgegen - der Puls steigt. Nachdem noch die Pedale an die Räder geschraubt und alles andere in den Trikottaschen verstaut wurde, geht es zum Start.

Dort angekommen, eine positive Überraschung: Keine Hektik, alles irgendwie unspektakulär. Kein Riesenandrang in den drei Startblöcken. Nacheinander werden die kleinen Gruppen auf die Strecke gelassen. Ich überlege noch, die Regenjacke gleich überzuziehen. Da ich aber schon mit Softshelljacke ausgestattet war und Angst hatte, zu Beginn zu sehr zu schwitzen, verzichtete ich darauf - ein Fehler, wie sich wenig später zeigen sollte.

<img src="http://bilder.helmuts-fahrrad-seiten.de ... %20416.JPG">

Pünktlich um 4:24 Uhr werden wir auf die Strecke gelassen. Ich habe keinen richtigen Plan, will nur unbedingt die ersten Abschnitte in der Gruppe fahren. Direkt nach dem Start - noch in Motala - beginnt es zu tröpfeln. Es bildet sich schnell eine gut funktierende Gruppe mit einem für mich sehr guten Tempo. Der Regen wird stärker. Eigentlich hätte ich jetzt anhalten und mir die Regenjacke überziehen sollen, aber in der Gruppe läuft es so gut. Nach einer halben Stunde ist meine Jacke und alles darunter komplett durchnässt. Der Wind von vorne nimmt zu. Leider hält die Jacke den Wind nicht so gut ab, so dass es vor allem im Brustbereich kalt wird. Plötzlich funktionieren meine Bremsen nicht mehr richtig - so viel Wasser kommt von oben runter. Ich fahre vorsichtiger, aber sonst ist alles gut.

Dann kommt eine große schnelle Gruppe von hinten und zieht an uns vorbei. Es sieht so aus, als ob alle aus unserer Gruppe bewundernd nach links schielen. Dann lassen sich die meisten aus unserer Gruppe mitreissen und hängen sich an die schnelle Gruppe ran. Für mich leider zu schnell, so dass ich abreissen lassen muss. Dann bin ich erstmal für einige Zeit alleine.

Ich könnte jetzt meine Regenjacke überziehen, fahre aber trotzdem erstmal weiter, obwohl mir richtig kalt ist. Nach kurzer Zeit schliesst Axel - einer meiner Mitbewohner - auf, mit dem ich einige Zeit meist in kleinen Gruppen zusammenfahre. Er empfiehlt mir, das erste Depot auszulassen, was ich auch tue. Nach 60 km kehrt dann endlich Vernunft ein und ich fahre rechts ran, um endlich die Jacke anzuziehen, was mit klammen Fingern gar nicht so leicht ist. Ich stehe im strömenden Regen und merke nichts davon.

Alleine mache ich mich dann auf den Weg zum Depot nach Gränna. Die Regenjacke hilft gehen die Auskühlung, so dass ich wieder warm werde. Unterwegs sehe ich am Strassenrand immer wieder Teilnehmer, die von einem Auto mit Fahrradträger abgeholt werden. Wahrscheinlich eine Panne - oder doch Aufgabe? Am Depot angekommen dann erstaunliche Bilder: Viele Menschen, die am ganzen Körper von oben bis unten zittern. Sowas habe ich noch nicht gesehen. Es gibt eine kleine Halle, in der man sich aufwärmen kann, die aber nicht sofort ersichtlich ist. Nach einer kleinen Stärkung mache ich mich schnell wieder auf den Weg. Das nächste Ziel ist Jönköping mit einer Warmverpflegung, noch 27 km bis zum ersten Etappenziel.

Bis nach Jönköping bin ich meist alleine unterwegs, alle von hinten kommenden Gruppen sind zu schnell. In den Gruppen wird meistns laut durcheinander gerufen. Für mich als jemand, der die Sprache nicht versteht, etwas befremdlich. Kurz vor der Stadt erwische ich dann eine Gruppe, mit der ich bis zum Depot mitfahren kann.

Das Depot in Jönköping ist für mich der Wendepunkt - nicht nur geografisch. In der Halle kann ich mich ein wenig aufwärmen und geniesse eine doppelte Portion Kartofelpüree mit Kötbullar. So schlecht ist das gar nicht. Dann treffe ich noch auf Lars und Christoph, meine anderen beiden Mitbewohner auf dieser Reise. Wir sprechen kurz und ich mache mich wieder auf den Weg. Ich finde endlich eine passende Gruppe, die zumindest in der Ebene genau mein Tempo fährt. An den Anstiegen bleibt sie jedoch fast stehen. Ich fahre totzdem erstmal mit, um ein paar Körner zu sparen. Dann kommt endlich die Sonne raus - jetzt fängt es an, Spass zu machen. Dann ist in der Gruppe eine Panne - alle fahren rechts ran und ich fahre alleine weiter.

Die nassen Neoprenüberschuhe nerven. In Fagerhult angekommen gebe ich die Überschuhe ab und wechsel auf die dünnen Regenüberschuhe. Auch die Regenjacke kann ausgezogen werden. Die Beinlinge behalte ich sicherheitshalber noch an. Der Himmel sieht dunkel aus. Plötzlich steht Renate mit ihrer Freundin vor mir. Sie wollte viel langsamer fahren als ich, hat aber das Depot in Jönköping ausgelassen. Sie fahren vor mir los, später überhole ich sie auf der Strecke. Dies wird sich noch ein paar mal wiederholen.

Ohne den zusätzlichen Ballast fährt es sich gleich viel leichter. Eine schnelle Gruppe überholt mich. Ich versuche mitzuhalten und werde eingeladen, mitzufahren. Irgendwann darf ich auch mal nach vorne, mache einige Kilometer die Führungsarbeit. Hinterher bedankt sich der Chef der Gruppe - eine nette Geste. Kurz vor Hjo muss ich abreissen lassen und fahre den Rest wieder alleine.

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An Hjo ist dann eine tolle Atmosphäre. Ich habe den Eindruck, dass viele Angehörige und Freunde an der Strasse stehen und auf die Ihrigen warten und anfeuern. Es gibt viele Umarmungen. Mehr als die Hälfte der Strecke liegt hinter uns. Ich bin etwas orientierungslos, finde dann aber den Weg zur Lasagne. Es gibt wieder die doppelte Portion, möchte keinen Hungerast bekommen. Meine Sitzknochen tun sehr weh - keine Ahnung wie lange das noch gutgeht. Beim Depot am Wasser treffe ich auf Thomas - ebenfalls aus unserer Gruppe - den ich schon bei der RTF in Müden kennen gelernt habe. Jetzt wird unten komplett blank gemacht - die Beinlinge werden ausgezogen und auf die vorzeitige Reise nach Motala geschickt. Hier hole ich auch das erste Mal meine Kamera raus - zum Glück funktioniert sie nach dem vielen Regen noch.

Auf dem Weg nach Karlsborg finde ich wieder eine gute Gruppe, die von vier Frauen dominiert wird. Das Tempo ist gut und sie lassen auch schnellere Gruppen ziehen. Ich fahre mit bis zum nächsten Depot. Karlsborg liegt wunderschön am Vätternsee. Viele liegen auf der Wiese und geniessen die Sonne. Hier realisiere ich das erste Mal, dass die 10-Stunden Marke in erreichbarer Nähe liegt. Geplant hatte ich mit 10,5 Stunden.

Es geht weiter nach Boviken. Auch hier finde ich eine passende Gruppe. Wir ziehen an deutlich langsameren Fahrern vorbei. Viele sind schon vor Mitternacht gestartet. Sie sind die wahren Helden der Vätternrundan. In Boviken mache ich nur kurz Halt. Wie auch in den beiden Depots zuvor ist es hier sehr matschig. Auch hier muss es richtig viel geregnet haben.

Ab jetzt fahre ich den Rest der Vätternrundan alleine. Eine passende Gruppe fährt an mir vorbei, während ich einen Extra-Boxenstopp einlege. Alle anderen Gruppen von hinten sind zu schnell, von den überholenden Fahrern kommt keiner mit. Es läuft jetzt richtig gut, auch bergauf. Keine Probleme mit dem Nacken. Auch die Sitzknochen spüre ich kaum noch. Die 10-Stunden-Marke scheint machbar zu sein.

Am Rand der Strecke auf einem Parkplatz steht ein Pärchen. Sie ist völlig aufgelöst und weint - er versucht sie zu trösten und aufzumuntern. Ich muss an Britta und Mathias denken - wie es den beiden wohl ergangen ist?

Dann kommt die Hammersund-Brücke. Was für eine Aussicht auf den Vätternsee - Wahnsinn!!! Leider kommen hier immer wieder Radler, so dass ich nicht anhalten und ein Foto machen kann. Ich versuche, den Blick in mir aufzusaugen. Direkt dahinter dann das vorletzte Depot. Ich bin wieder etwas verwirrt - muss meine Trinkflasche auffüllen, lasse sie aber am Rad. Also wieder zurück. Nicht das erste Mal heute.

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Nach kurzer Zeit geht es weiter. Der Anstieg vor Medivi zieht die letzten Körner aus dem Körper. Ich lasse das Depot aus. Nur noch 22 Kilometer bis zum Ziel. Die 10-Stunden-Marke schaffe ich wohl nicht mehr, die vielen Anstiege fordern ihren Tribut. Eine deutsche Gruppe überholt mich, ich kann einige Zeit mithalten. Endlich kann ich auch mal "mitreden". Dann geht es wieder auf die Hauptstrasse Richtung Motala - es ist nicht mehr weit. Mit hohem Tempo geht es Richtung Ziel. Dann kommt endlich Motala und der Vätternsee. Kurze Zeit später bin ich im Ziel. Es ist geschafft - ein Traum ist wahr geworden.

Dann taucht in der Ferne ein schwarz-weisses Trikot mit dicker roter Schrift auf. Ich glaube es kaum - es sind Britta und Mathias. Sie sind kurz vor mir ins Ziel gefahren. Wahnsinn, dass die beiden das geschafft haben.

<img src="http://bilder.helmuts-fahrrad-seiten.de ... %20440.JPG">

Ich hole noch meine abgegebenen Sachen ab und geniesse das Bier und den Katoffelsalat im Zielbereich, dann geht es mit dem Bus wieder in die Herberge. Renate und ihre Freundin treffe ich am Bus, alles ist gut. Abends gibt es dann noch Lachs mit Kartoffelsalat. Als auch der letzte Teilnehmer aus unserem Zimmer eingetroffen ist, geniessen wir zusammen noch ein Zielbier. Viel später als gedacht geht es ins Bett.

Morgens um 7 Uhr gibt es Frühstück, um kurz nach 8 machen wir uns wieder auf den Heimweg. Kurz nach 19 Uhr ereichen wir Harburg - die Reise in eine andere Welt geht zuende.

An dieser Stelle ganz herzlichen Dank an Ingo für die perfekte Organisation der Reise. Er konnte aufgrund einer Verletzung leider nicht mitfahren, weshalb er für nächstes Jahr wieder eine Fahrt zur Vätternrundan plant. Drücke Dir die Daumen, dass es dann mit der 5. Teilnahme klappt. Falls jemand vorhat, bei der Vätternrundan mitzufahren, kann ich die Mitfahrt bei Ingo nur empfehlen. Es ist einfach toll und macht viel Spass, zusammen mit anderen Gleichgesinnten dieses besondere Event zu erleben. Die Zimmer sind einfach ausgestattet, reichen aber völlig aus.

Vielen Dank auch an meine Mitbewohner und Renate mit ihren beiden Freunden, sowie den anderen Teilnehmern, die alle zu dieser besonderen Reise beigetragen haben. Großer Respekt auch an Britta und Mathias für die tolle Leistung.

Und der Regen? Ich hatte vorher gehofft, wir hätten schönes Wetter - so richtig warm. Aber dann wäre es "nur" eine besonders lange RTF geworden. Jetzt ist es ein Erlebnis, das noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Am Ende halte ich es wie Britta: "See you anderswo". Nicht weil es mir nicht gefallen hat - im Gegenteil. Aber ich denke, dieses Erlebnis wird bei einer erneuten Teilnahme schwer zu toppen sein und ich möchte es in dieser Erinnerung behalten. Ausserdem gibt es noch viele andere schöne Herausforderungen. Hier kommen meine

<a target="_blank" href="http://bilder.helmuts-fahrrad-seiten.de ... 5.html">54 Bilder von der Vätternrundan mit Ingo-Reisen</a>.

Nun hoffe ich, dass mich meine Achillessehne bald in Ruhe lässt und freue mich auf FlensburgXHamburg - das zweite Highlight in diesem Jahr.

Viele Grüße,
Jörg :wink:
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Harterbrocken
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Beitragvon Harterbrocken » 20.06.2012, 00:27

@brimore: Ich ziehe meinen Hut. Du hast Deinen inneren Schweinehind offenbar gleich mehrfach besiegt und viel Zähigkeit bewiesen - toll.

Bei Deinen Zeilen kamen bei mir viele Erinnerungen an meine Vätternrunde hoch. Das war vor etwa 10 Jahren. Auch ich bin gegen 1 Uhr nachts gestartet, hatte aber das Glück, dass bestes Wetter herrschte. Regelmäßige Teilnehmer meinten sogar, dass es die sonnigste und wärmste Vätternrunde aller Zeiten gewesen war. +26 Grad und Sonne machen schon einen gewaltigen Unterschied zu +10 Grad und Dauerregen. Bitte bleib so optimistisch wie bisher und freue Dich über Deinen aufopferungsvollen Begleiter mad.mat
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Janibal
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Beitragvon Janibal » 20.06.2012, 09:46

so fing alles auch bei mir an ...
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Beitragvon rozzzloeffel » 20.06.2012, 09:49

Toller Bericht, für mich schon ein Kandidat für die kommenden HFS Bambis

Glückwunsch zur überragenden Leistung!

Pokalhoch
Trainingsfauler
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Vättern 2012

Beitragvon Trainingsfauler » 20.06.2012, 14:14

Die Rundan ist auch in diesem Jahr ihrem Motto treu geblieben. våt = nass. Okay, etwas abgewandelt aber irgendwie doch auch stimmig. Dies war meine 4te und irgendwie war es immer nass. Dass es in diesem Jahr so extrem sein musste, habe ich mir vorher auch nicht gedacht, jedoch war ich vorbereitet, also ich hatte jedefalls fast alles ins Auto gepackt. da es jedoch gegen 21 Uhr recht gut mit dem Wetter aussah und der Regen erst für 8 Uhr am nächsten Morgen angekündigt war, habe ich meine Sachen nicht mehr imprägniert und auch das "Schutzblech" nicht montiert. Gegen die kalte Nacht hatte ich jedoch 3 Lagen an, die Füße in Überschuhe gepackt, einen Helmüberzug dabei und auch einen kräftigen Griff in den Eimer mit Melkfett getan. So gerüstet ging es um 21:36 einmal um den See rum.

Dank der sehr guten Gruppen die unterwegs waren, erreichte ich bereits gegen 1:30 das Depot in Jönköping. Schnell ein paar Kötbullar gegessen, einen Kaffee hinterher und wieder rauf auf die Strecke. Da zur dieser Zeit auch die meisten Schulabschlussfeiern zu Ende gingen, waren die Straßen teilweise noch gut besucht von leicht angetrunkenen Jugendlichen… einige von Ihnen bestimmt auch aufgrund des vorzeitigen Ausscheidens Schwedens bei der Fussball EM so angeheitert, forderten bei den Fahrern doch sehr vorrausschauendes fahren und so manches schnelles Ausweichmanöver.

Irgendwo zwischen Fagerhult und Hjo fing es dann an, wie aus Kübeln zu schütten. Jetzt vermisste ich die Imprägnierung und das Schutzblech. Jedoch halfen mir dann das Melkfett und der Helmüberzug, wenigstens diese Region des Körpers trocken zu halten.

Da das Depot Hjo überfüllt zu sein schien, fuhr ich weiter bis nach Karlsborg um Getränke aufzufüllen und um einen heißen Kaffee zu ergattern. Mittlerweile waren alle 3 Lagen komplett durch und beim gehen spitzte das Wasser aus den Überschuhen. Anfangs witzelte ich noch, „dass wir ja Glück hätten, schließlich sein der regen ja warm“, aber mittlerweile war die Temperatur auch gesunken und es war einfach nur noch kalt.

Also, wieder rauf aufs Rad und weiter. Da mein bei Regen nicht so weit schauen kann und es auch noch nicht richtig hell war, konnte man die Anstiege auch erst relativ spät sehen, was die dadurch bedingte „Frustration“ auch geringen ausfallen lies, als zuvor befürchtet. Also, Hügel erkannt, Hügel gebannt. Und siehe da, auch der Prediger war wieder da. Dem konnte der Regen auch nichts anhaben, welch eine Motivation.

Hammarsundet und Madevi wurden kurz angesteuert, um noch schnell einen heißen Kaffee zu trinken und da Kaffee vor vorher „weg zu bringen“. Dann begann die für mich schlimmste Strecke. Die letzten „never ending“ 20 Kilometer. Da heißt es noch mal, den Kopf ausschalten und einfach nur pedalieren.

Dann endlich waren dann die Häuser von Motala zu sehen, welch eine Erleichterung. Das der Regen immer noch so stark war und uns das Wasser die Straße hinunter entgegen lief, all das konnte einem jetzt nichts mehr anhaben. Ich ließ es mir jetzt auch nicht mehr nehmen, noch einen kleinen Endspurt hinzulegen um dann im Finish, unter dem Jubel von 100 – 200 hartgesottenen Zuschauern und bei Nennung des Namens und der Herkunft die Ziellinie um 09:04 Uhr nach 11:28 zu überqueren.

Dazu sei gesagt, ein Kollege hatte mir ein, für mich bis dahin unerreichbares, Ziel gesetzt. 12:29 für ne Kiste Bier und pro Stunde eine Kiste mehr. Darum der Endspurt, jetzt habe ich zwei Kisten – na dann Prost.

Das ganze mit knappen 1.000 Trainingskilometern in den Beinen (habe erst Ende April angefangen), davon nur 3 mal über hundert (längste Distanz 120 km) und mit guten 10 kg Übergewicht, dafür diesmal als Nichtraucher.

Die Rundan, ein auf und ab, ein hin und her, himmelhoch jauchzend, tief betrübt, Emotionen pur! Finde Deine Grenzen, erweitere Deinen Horizont.

See you in Motala
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Beitragvon Konkursus » 20.06.2012, 19:11

@ BriMore: wie bereits geschrieben, absolut bambiverdächtig. Ein sehr emotionaler Bericht und eine sehr große Leistung von Euch beiden. Und ich kann wirklich feststellen, Du verbrätst einen Schweinehund nach dem anderen. Zunächst den von Herning, jetzt den von Vättern.

Aber auch tolle Leistung von mad.mat., der sich - wie immer - rührend um Dich gekümmert hat.

Bitte mach weiter so ;-) ;-) .


Konkursus
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Beitragvon Scotty62 » 20.06.2012, 21:31

Bin auch wieder zurück, die Runde selber war für mich nicht zu schaffen. Um 1:00 mit Thali und Co. gestartet und gleich etwas ruhiger angehen lassen. Der große Regen hat mich dann voll erwischt und mir nach rund 140 km in Fagerhult die letzte Kraft geraubt. Die Knie taten wegen Nässe und Wind dann so weh, dass ich kaum noch vom Rad gekommen bin. Einen Kaffee später dann abgebrochen und in den warmen Reisebuss gestiegen.

Das Rad hab ich selbst noch mit auf den LKW geladen. Hab nämlich die rund 300 Räder im Depot stehen sehen, die noch abgeholt werden sollten! In Hjo haben laut Veranstalter in kürzester Zeit über 500 abgebrochen und man mußte ersteinmal mehr als 10 Busse zusätzlich an die Strecke bringen, um die Leute einzusammeln. Insgesamt wohl ein neuer Rekord mit 2.250 Aussteigern.

Ich war froh wieder warm zu werden und fand den Service vor Ort einfach super. Übernachtet habe ich nur rund 500 m von Start und Ziel beim Motala Handballverein. Wir wurden super betreut und für 3 Nächte waren grad mal 450 SEK fällig.

Auf ein neues in 2013
Vi ses i Motala.....

Komplette Ergebnisliste seht ihr hier !
http://resultatjakt.se/events/vattern_2012/

und die ersten 5 waren wirklich so schnell..... Neuer Rekord als Gruppe
NORDIC BY NATURE
-------------------------
Gruß Scotty
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Beitragvon Stauder Volker » 20.06.2012, 23:25

Danke BriMore für Deinen sehr emotionalen Bericht von der Vätternrundfahrt und meine Hochachtung :gruss: an Jörg72, Mathias und Dir für die tolle Leistung. Schön auch, dass ihr es ohne Zwischenfälle geschafft habt.

Der Bericht verleitet mich dazu über einen Start in einer der kommenden Jahre nachzudenken :) . Eines meiner Probleme werden die für mich ungewöhnlichen Inhalte der Verpflegung sein.
Im Vordergrund steht der Spaß und das Team
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Beitragvon Helmut » 24.06.2012, 00:33

Bild

Lars Kohn schrieb (ist zwar HFS-Fori - Nickname unbekannt -, hatte aber wg. Urlaubsantritt keine Zeit zum selbst posten):

Es fing letztes Jahr mit einer Schnapsidee an. Mein Bruder Thies und ich waren auf einem Konzert, haben dort einen Kumpel von früher getroffen. Der erzählte davon gerade die Vätternrundan in Schweden gefahren zu haben. Wir sahen uns an: Das machen wir auch! Ich wusste bereits von einigen anderen Teilnehmern, was da abgeht und wie lang 300 km sein können.

Die Voraussetzungen kurz vor dem Termin waren allerdings eher schlecht. Vor rund 4 Wochen bekam ich Knieprobleme, sodass ich kurz davor stand nur als Tourist ohne Rad zum Zuschauen mitzufahren. Ich bin dann mit Tricks doch noch ein paar Mal 3 - 4,5 Stunden zur Vorbereitung gefahren. Nur 1.600 km Trainingskilometer seit dem 1.1. waren viel weniger als mein Plan (2.500 km), aber gerade genug gemäß der Empfehlung des Veranstalters. Mein Bruder hat seit ca. einem Jahr Asthma, ebenfalls keine so tolle Basis für den Trip.

Hier kommen ein paar Details zur Tour: Am Harburger ZOB und den anderen Abfahrtpunkten unseres Reiseveranstalters in Bremen, Stade und Lübeck trafen sich 100 Teilnehmer aus allen Teilen Deutschlands, um in 2 Bussen mit Fahrradanhängern verstaut zu werden. Frauen und deutlich ältere Teilnehmer waren einige dabei.

Die insgesamt 12-stündige Nachtfahrt von Donnerstag auf Freitag war ok, ich habe sogar 5 Stunden richtig geschlafen. Nicht so günstig ist 2 Mal den Bus für die Fährfahrten verlassen zu müssen, Durchschlafen hätte mir besser gepasst. Wir fühlten uns an früher erinnert, an unsere Zeit als Reiseleiter bei Sunwave.

Freitag war das Wetter perfekt zum Einleben. Wir haben uns nach dem Frühstück in der Jugendherberge eingerichtet und dann per Bus nach Motala bewegt, dort akkreditiert, die Fahrradmesse besucht, sowie noch Ausstattungsdetails, Proviant und Souvenirs besorgt. Nachmittags haben wir uns zu fünft (3 x Hamburg sowie Köln und Bonn) eine knappe Stunde lang bei herrlichstem Sonnenschein eingerollt. Es sah überall aus wie bei Pettersson und Findus. Ich habe immer wieder die kleinen Mucklas gesucht, aber leider nicht gefunden. Anschließend wurden die Räder wettkampfgerecht komplettiert und wieder im Anhänger am Bus verstaut.

Die Übernachtung in der Jugendherberge von Freitag auf Samstag war ok, es gab aber wieder nur 5 Stunden Schlaf wegen der Fußball-EM. Unser norddeutsches (Hamburg, Lüneburg, Wolfsburg, Stemwarde) 4er-Zimmer mit Etagenbetten harmonierte auch später auf der Strecke. Die Lage der JH am wohl zweitgrößten See Schwedens ist einfach unglaublich. Es gibt sogar einen eigenen kleinen Yachthafen.

<b>Samstag, 16. Juni 2012</b>

2:00: Wecken, waschen, anziehen, nebenbei individuell frühstücken (Banane, Blaubeermuffins, Kamillentee), denn die Küche hat noch zu

3:00: Der Bus fährt uns die 30 km zum Start nach Motala. Wir fahren auf der Rennstrecke den vielen Grüppchen entgegen, die vor uns gestartet sind (seit 19:30 Uhr starten alle 2 Minuten ca. 50 Radler). Anfangs haben alle noch Licht an. Ankommen, Räder ausladen und sicherheitshalber nochmal aufpumpen, aufsitzen und 2 Minuten später sind wir im Start- und Zielbereich

4:00: Letzte Vorbereitungen und Vorfreude, banger Blick zum Himmel, schnell noch aufs Dixieklo

4:24: Unser Start in Motala

4:25: Es fängt für ca. 100 km an zu regnen

Km 41: Erstes Depot, kaum einer hält an, denn die Trinkflaschen sind noch fast voll

km 45: Mein vorbelastetes Knie schmerzt, anhalten und dehnen, Bruder weiter schicken, wenn ich aussteigen muss kann er eh nicht helfen, zusätzliche Regenhose gegen die Kälte anziehen, geht dann doch weiter, erst allein, dann zu fünft

km 50: Großer, starker Schwedengruppe angeschlossen, mit bis zu 60 km/h durch den Regen gebolzt

km 75: Bruder eingeholt, heftiger Gegenwind (5 + Böen) stellt sich ein, zusammen an langsamere Gruppe drangehängt. Der Chef dieses Teams „Fredrikshof Stockholm“ sorgt wie ein Hirtenhund für den Zusammenhalt, Fremde werden nach hinten gebeten. Sie fahren sehr konstant, aber bergauf können sie gar nicht. Also vorbei!

km 81: Verpflegungsdepot in Gränna: wie an Marktständen wird die Verpflegung verteilt. Durch die Hügellage sind wir dem Wetter ausgesetzt. Die Leute zittern so vor Kälte (10°), dass ihnen die Getränke aus den Bechern schwappen. Kaffee und Tee gehen reichlich weg. In einem Werkstattraum stehen die Radler dicht gedrängt um sich aufzuwärmen. Gute Gelegenheit die Handschuhe auszuwringen

km ca. 100: Der Regen hört auf, aber der Schaltzug reißt, mit größter Übersetzung („Kette rechts“) über die nächsten Wellen gequält

km 107: Das „Depa“ in Jönköping ist in einer großen Halle einer Spedition o.ä. Nach einiger Wartezeit wegen vieler Mitfahrerdefekte kommt meine Radreparatur (120 SKR) dran. Die dauert. Zeit um Klamotten zu lüften (zum Trocknen ist es zu feucht), reichlich Grieß- und Kartoffelpampe zu futtern, Blaubeersuppe zu trinken, diverse Gruppenkollegen zu treffen. Flaschen kann man überall mit Wasser, Limonade, Saft und Energiedrink auffüllen. Hochbetrieb im Sanitäts- und Massagebereich. Wieder Handschuhe auswringen. Wir vereinbaren jetzt jeder sein eigenes Tempo zu fahren und uns im jeweils nächsten Depot zu treffen

km ca. 115: Die Kette springt bergauf auf den größten Ritzeln hin und her. 2-mal fliegt die Kette hinten nach innen, weil Schaltung bei Reparatur verstellt wurde. Glück gehabt, dass ich rechts fahre und sofort anhalten kann und die Kette sich nicht zwischen Speichen und Kassette verklemmt. Aber Gruppe verloren, später neue gefunden, unterwegs wieder mit div. fremden Mitfahrern unterhalten, wie oft auf der ganzen Tour

km 138: Schaltung im Depot erfolgreich nachgestellt. Die Sonne tut gut. Massage wäre ganz schön, am Stand ist keine Warteschlange, aber es hat wohl keiner Lust dafür im feuchtkalten Stall zu liegen

ab km 139: Zuvor festgestellte nervige Geräusche am Rad sind noch da. In wechselnden Gruppen zum nächsten Depot nach Hjo, u.a. mit 2 Vättern-Veteranen (min. 20 Teilnahmen)

km 156: Do weit bin ich noch nie an einem Tag gefahren (Cyclassics 155 km, Harz 150 km)

km 177: Das Depa Hjo liegt direkt am Hafen. Man hat dort viel Platz. Die Sonne scheint weiter. Unglaublich viele Fahrräder, von Fahrern die aufgegeben haben, werden in einen Container verladen, um zum Ziel gefahren zu werden. Ich stelle fest, dass die Geräusche vom hinteren Schnellspanner kommen, den ein Mechaniker zuvor wohl nicht fest genug angezogen hat. Trocknen der Klamotten wie in Afrika: alles wird einfach auf dem Parkplatz ausgebreitet. Lasagne essen, aufwärmen, Schuhe lüften (es schwappt fast noch Wasser raus), Socken auf dem Pflaster trockenlaufen und – ganz wichtig – die nächste vernünftige Gruppe ausspähen, die sich langsam fertig macht. Sie kommt tatsächlich!

km 177 - 207: Belgischer Kreisel mit 20 Schweden (Team „la lepre stanca“) bei ca. 35 km/h

km 207: Depa an der Festung: treffe nur noch 2 bekannte Mitfahrer, die meisten liegen wohl vor mir, eher weniger hinten, die 20 Schweden sind leider gleich weitergefahren, sie sind 2 Stunden nach uns gestartet

km 207 - 230: Es wird schwieriger passende Gruppen zu finden. Zur Schonung des Knies fahre ich viel allein mein Tempo, überhole Soldaten in Camouflage, es geht mal wieder bergauf und Kirchenmusik ertönt: ein Pastor segnet die vorbeifahrenden Radler am Rand der Landstraße

km 250: Zwischenfazit nach 5/6 der Strecke: Kopf und Körper gut, Schnitt gut (28), Wetter wird wieder dunkel, rechtes Knie beginnt bei jeder Steigung von min. 2° zu schmerzen, egal, notfalls schiebe ich hoch (etliche ausgepowerte Radler machen das tatsächlich), wir drehen an der Nordspitze des Sees in den Gegenwind gen Südost …

ab km 250: Der Radlerverkehr dünnt aus, fahre daher oft allein mit 27-30 km/h durch die Pläne, es regnet wieder 20-25 km lang, die Wolkengrenze ist über uns und so scheint die Sonne trotzdem. Es kommen einige Sub-9-Gruppen vorbeigerauscht, die die Tour unter 9 Stunden fahren, inkl. Pausen!

km 260: Grandioser Blick von der Brücke auf den See, das direkt anschließende Depot ist Wind und Regen ausgeliefert. Hier erkenne ich, warum Gewürzgurken bei den Schweden so beliebt sind: sie liefern Salz und deftigen Geschmack als Kontrast zu dem ganzen süßen Energiekrempel

km 277: Letztes Depa, auf morastigem Dorfanger, hier halten nicht mehr viele an, eine letzte Blaubeersuppe vorm Ziel muss aber sein, der nächste Schauer fängt an und der Himmel sieht nach noch mehr aus, also los

ab km 286: Die längsten 10 Radkilometer meines Lebens beginnen, erstmals kommt der Kopf ins Spiel, was kein Vorteil ist

km 294: Anhalten und Regenjacke fürs Zielfoto ausziehen

km 296: Ich denke jetzt kommt der Teufelslappen als Zeichen für den letzten Kilometer, doch da bin ich schon im Ziel! Wenig später ist Thies auch da.

Im Ziel ist beste Stimmung. Finisher-Fotos werden gemacht, viele Teilnehmer im Ziel namentlich über Lautsprecher begrüßt, sogar Deutsche. Ich staune über 2 Frauen, die mit Cityrad gefahren und angekommen sind, mit Körbchen am Lenker. Über meinen Kommentar „respect“ strahlen sie. Es gibt gleich zu essen (Nudelsalat mit Huhn usw.) und zu trinken. Es wird Zeit zum Bus zu rollen, das Rad in den Anhänger zu hängen und zurück in die JH zum zweiten Abendessen (Räucherlachs mit Kartoffelsalat) zu fahren. Viel trinken, u.a. recoverydrinks und das erste Bier seit 2 Monaten, dann Fußball gucken, pennen. Einer der Zimmerkollegen musste nachts 5-mal hoch, weil er zu viele Gels geschluckt (und wohl zu wenig Wasser dazu getrunken) hat. Ich hab´s nicht mitbekommen …

Technische Daten: Bruttofahrtzeit 14:21 Std., netto 11:06 Std., gefahrener Schnitt ca. 27 km/h, Durchschnittspuls 135, insgesamt 6.740 kcal verbrannt. 19.055 waren am Start, 2.250 Teilnehmer haben das Ziel nicht erreicht.

Letztendlich kam es nicht auf eine Zielzeit an, das Erlebnis stand für mich im Vordergrund. Und dazu gehört unbedingt die Landschaft zu genießen, in Ruhe zu essen und zu trinken und auch mit anderen Startern zu schnacken, ohne auf die Uhr zu sehen. Die Tour in 13 Stunden zu schaffen wäre trotzdem ohne Stress möglich, wenn es keine Störungen wie defekte Fahrradkomponenten und Körperteile oder stundenlangen Regen gibt.

<b>Rückreisetag, 17.6.</b>

6:00: Wecken, frühstücken, verladen, los fahren
18:00: Ankunft Lübeck, Marie-Louise holt mich dort ab, Jungs begrüßen, ab zum Fußball gucken
20:45 - 22:35: Deutschland schlägt Dänemark 2:1
Mehr geht nicht an einem langen Wochenende!
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.

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