Brevet: Roadbooks vs. GPS-Tracks

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Halvtreds
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Brevet: Roadbooks vs. GPS-Tracks

Beitragvon Halvtreds » 04.06.2011, 16:01

Einige Anmerkungen aus gegebenem Anlass

Bei der Ausarbeitung einer Streckenbeschreibung bin ich in meinem Fundus auf einen Text gestoßene, den ich vor ca. 2 jahren in einem "Orientierungskoller" nach mehreren Brevets geschrieben habe.

Das Thema GPS-Tracks ist heute aktueller denn je und nicht nur für Brevets sondern auch für RTFs, CTFs und Permanente rufen die Teilnehmer im Vorfeld der Veranstaltung zunehmend nach Tracks und die Veranstalter versuchen dem Verlangen inzwischen auch häufig nach zu kommen.

Ein Problem, das die Veranstalter aber nach wie vor unterschätzen, ist die Übereinstimmung vom Track mit der tatsächlichen Strecke, da gibt es regelmäßig kleinere Abweichungen.
Das letzte Beispiel dazu war der Radmarathon in Wesseln, wo einerseits Schilder geklaut waren und andererseits die Ausschilderer an ein paar Stellen "rechtsrum statt linksrum" gearbeitet hatten.

Die Abweichungen sind Bagatellen, wenn man allein fährt. In der Gruppe kann das aber zu Konflikten führen die nicht immer ganz ohne Kratzer abgehen.

Daher möchte ich euch meinen Text nicht länger vorenthalten, der sich mit diesem Thema auseinader setzt.

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Beitragvon Halvtreds » 04.06.2011, 16:11

Um es vorweg zu nehmen:
Niemand wird das, was die breite Masse für Fortschritt hält aufhalten können.

Das gilt auch im Radsport im Allgemeinen und für Brevets im Besonderen.
Liest man die einschlägigen Artikel und Regelwerke von ACP, ARA, ARD und wie die Gremien alle heißen, so wird das Fahren von Brevets als zentraler Bestandteil des Randonneurtums dargestellt und insbesondere der Verzicht auf die RTF-mäßige rundum-sorglos Organisation, andere Unterstützung von außen und modernen Technik genau so zum Prinzip erhoben wie die selbstständige Orientierung auf der Strecke.

Durch den starken Zulauf zu den Brevet-Veranstaltungen wird diese Grundeinstellung aber von einem zunehmend kleineren Anteil der Teilnehmer vertreten – das ist der Preis für den Erfolg.
Was aber immer noch alle eint, ist der Wunsch lange Strecken sportlich mit dem Rad zu bewältigen und das auch gerne in Gruppen mit ungefähr gleich schnellen Fahrern.

Und spätestens in der Gruppe stellt sich die Fragen: „Wer bestimmt den Weg?“ und „Welcher Weg ist der richtige?“
Die zweite Frage sollte durch die den Teilnehmern ausgehändigte Wegbeschreibung und den Kartenausdruck beantwortet werden – und damit bin ich endlich beim Thema.

Wenn man sich ein typisches Teilnehmerfeld bei einem Brevet-Start einmal ansieht, so erkennt man deutliche Unterschiede im Orientierungsstil:
  • => Die „Klassiker“ fahren mit Roadbook am Lenker, teilweise auf weniger als eine ¼ Seite heruntergefaltet, um den Windwiderstand nicht zu erhöhen.

    => Die „Könner“ haben Karte und Roadbook in der Trikot-Tasche und entnehmen und entfalten sie während der Fahrt bei Bedarf mit einer Hand.

    => Die „Modernen“ haben ein GPS auf dem Lenker und darauf irgendwie beschaffte Routen oder Tracks mit Streckeninformationen

    => Die „Sportlichen“ haben nichts zur Orientierung dabei – wahrscheinlich, weil es das Systemgewicht erhöhen würde – da sie stark genug sind, um immer bei einem Fahrer mit Streckeninformation im Windschatten fahren zu können.
Es gibt beliebig viele Unterarten der genannten Spezies, doch letztlich versuchen alle die vom Veranstalter geplante Strecke abzufahren.
Und dabei kommt es dann Unterwegs zu lustigen Situationen, weil die Meinungen über den richtigen Weg gerne mal auseinander gehen.

Als langsamer Fahrer ist es immer wieder nett, auf eine Diskussionsgruppe aufzufahren, die an einer Abzweigung diskutiert und dann versucht den Windschatten des wesentlich langsameren aber orientierungsfähigen Kollegen zu gewinnen.

In Gruppen kann es da schon gefährlicher werden, wenn die Meinungen auseinander gehen und das Feld sich unkoordiniert teilt. Dabei biegt dann gern die linke Reihe nach rechts ab oder umgekehrt.
Als Alternative wird in der Gruppe nach dem Ruf „Sind wir hier richtig?“ auch mal eine kollektive Vollbremsung aus Reisetempo 35km/h ausgeführt – egal ob eine Antwort kam und wie sie lautete und egal ob alle mit der Aktion rechnen oder nicht.

Wichtig ist nun mal Umwege zu vermeiden, für die Sicherheit ist jeder selbst verantwortlich.
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Beitragvon Halvtreds » 04.06.2011, 16:17

Die geschilderten Situationen gehören inzwischen genau so zu Brevets wie Tankstellen und sorgen für gelegentliche Kurzweil auf den langen Strecken.

Fragwürdig wird das dann, wenn die richtige Richtung vor Ort auf Basis der mitgeführten Strecken-Unterlagen ergebnisoffen ausdiskutiert werden soll und man feststellt, dass Roadbook, Karte und verschiedene GPS-Informationen unterschiedliche Entscheidungen erfordern.

Gilt einer der Diskutanten – warum auch immer - als ortskundig, lässt sich die Situation irgendwie auflösen.
Aber dann hätte man eigentlich gar nicht erst anhalten müssen, um eine Diskussionsrunde zu eröffnen.

Zu den Unterlagen zähle ich neben Kartenausdruck und Roadbook inzwischen bewusst auch einen GPS-Track, da sich die Nutzung der Outdoor-Geräte auch auf dem Rennrad zunehmend verbreitet.
Ich glaube alle Brevet-Organisatoren und auch manche Radsport-Verteine nennen mittlerweile auch so ein Mäusekino ihr Eigen.

Da Tracks aber bisher von den Organisatoren und Veranstaltern gar nicht oder nur unter der Hand an gute Freunde zur Verfügung gestellt werden ist hier ein umfangreicher „Graumarkt“ entstanden, der aus diversen nicht autorisierten Quellen gespeist wird.

Da ist es nur natürlich, dass die Tracks im Detail nicht übereinstimmen.
Die Übereinstimmung mit dem Roadbook des Veranstalters ist auch eher zufällig als methodisch sauber abgeleitet.

Da der moderne Mensch sehr Technik- und vor allem Bildschirm-gläubig ist, führt dies zu den besonders skurrilen Situationen unterwegs:
  • => Vom Organisator aus Sicherheitsgründen vorgesehene Streckenabschnitte über Nebenstraßen werden über die Hauptsraße abgekürzt

    => Streckenschleifen werden abgeschnitten, sowie sie im Blickfeld des Kartenausschnitts erkennbar werden

    => Baustellen bedingte Umleitungen des Vorjahrs werden erneut gefahren

    => Veränderungen in der Streckenführung werden allgemein nicht bemerkt und daher ignoriert.
Hier nun sind nach meiner Auffassung die Veranstalter gefordert, den Teilnehmern konsistente Unterlagen zur Verfügung zu stellen, damit die Diskussionszirkel zu vernünftigen Ergebnissen kommen können.
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Beitragvon Halvtreds » 04.06.2011, 16:32

Da alle Organisatoren die Vorbereitung ohnehin auf dem PC durchführen – ich habe jedenfalls noch kein handgeschriebenes Roadbook bekommen – und dabei in der Regel auch über digitale Karten und Internet-Zugang verfügen, sollte es doch möglich sein neben den traditionellen Papierunterlagen auch einen autorisierten Track zur Verfügung zu stellen, der bitte auch mit den Papierunterlagen übereinstimmen sollte.

Um den Track den Teilnehmern vorab zur Verfügung zu stellen, bieten sich die kostenlosen Internetplattformen wie Bikemap, GPSIES oder Andere an.

Alternative wäre ein Notebook – möglichst mit USB und seriellem Anschluss - am Start vorzuhalten mit einem der gängigen frei verfügbaren Übertragungsprogramme wie G7toWin oder GPSBabel.

Die Internetplattformen bieten allerdings auch dem nicht GPS ausgerüstetem Teilnehmer die Möglichkeit, sich vorab über den Streckenverlauf zu informieren.
Als Beispiel dafür können unter http://www.gpsies.de/mapThumb.do?username=HPpt die von Bernd Schmid für das Bundesradsporttreffen 2008 in Nortorf geplanten Touren genommen werden.

Die Plattformen unterstützen die Verlinkung aus anderen Webseiten, sodass der Link auf den Track problemlos in die Ausschreibung in der Vereins-Webseite aufgenommen werden kann.

Da Tracks nicht urheberrechtlich geschützt sind, sind diese Plattformen auch eine Basis für den oben genannten „Graumarkt“.
Wer ein bisschen sucht, findet dort von vielen Brevets, RTFs oder CTFs die aufgezeichneten Tracks von Teilnehmern – natürlich als individuelle Variante mit Abstechern nach da und dort.

Daher plädiere ich dafür, dass auch die RTF-Veransatler und Brevet-Organisatoren diese Struktur nutzen und ihre autorisierten Tracks dort einstellen.
Wenn dann noch alle Unterlagen aus einer zentralen Datenquelle erzeugt werden, wäre auch die Konsistenz aller an die Teilenehmer ausgegebener Unterlagen sichergestellt und die heftigen Diskussionen „on Tour“ können genau so entfallen, wie die immer wieder aufregenden spontanen Felderteilungen.

Im Grunde eigentlich Schade, denn ich persönlich habe immer viel Spaß an den Diskussionsrunden irgendwo im Gelände……
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Beitragvon Sven1975 » 19.07.2011, 15:51

Ich kann nicht für Brevets schreiben, aber auf Etappen-RTF sowie Permanente RTF stellen sich die gleichen Diskussionen (ist ja eigentlich auch ein grundsätzliches Thema).

Auf Etappen-RTFs wie die Friedensfahrt haben GPS-Geräte aus meiner Sicht schon klare Vorteile: man kann sich auf die Fahrt und die Gruppen konzentrieren . Bei spontanen Umleitungen bspw. muss man nicht lange über einem Mini-Kartenausschnitt grübeln :lies: Letztes Jahr waren nur die Garmin-Fahrer diejenigen, die die originale Strecke gefahren sind (und die war wunderschön). Die anderen sind Abkürzungen über Schnellstrassen gefahren, weil die im Roadbook beschriebene Abzweigung optisch nicht so leicht (in einer irren Abfahrt) zu finden war....
Daneben gabs aber auch einmal echte Irritationen, da der Vorausfahrende nicht den letzten Stand der Strecken heruntergeladen hatte und wir uns dann irgendwie verfranzt haben :mad: . War aber mit GPS auch wieder kein Problem.

Auf Permenenten RTFs finde ich es absolut vorbildlich, wenn ich die Strecke vorher herunterladen kann. Man kann sich wesentlich besser auf die Strecke konzentrieren, Vor allem, wenn die Strecke sonst nicht ausgeschildert ist. Dann eiert man nur mit dem Kartenschnippsel wie blind durch die Gegend und irgendwann verpasst man dann doch irgendeinen "in 150m halb-halb-links dann sofort scharf rechts" Hinweis. :kapitulieren:

Und da man bei Permanenten ja die Landschaft auf einer vorher festgelegten Strecke geniessen soll, bin ich klar PRO GPS.

Es sollte aber grundsätzlich kein "muss" werden. Nicht, dass normale RTFs irgendwann gar nicht mehr ausgeschildert werden....
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