Rad am Ring 24h als Einzelfahrer (Bibilderter Bericht)

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Helmut
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Rad am Ring 24h als Einzelfahrer (Bibilderter Bericht)

Beitragvon Helmut » 20.09.2010, 20:39

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<b>Rad am Ring - 24h Radrennen als Einzelfahrer
Zwei (R)Adler in der "Grünen Hölle"</b>

Das 24-Stunden-Radrennen am Nürburgring als Einzel-Fahrer durchzuhalten war der sportliche Jahres-Höhepunkt für Mathias Fuchs und Thorsten Ostrowski vom RSV Adler Goslar. Mathias Fuchs erreichte mit 16 Runden und 426 Kilometern den 90. Platz von 479 Einzelstartern. Thorsten Ostrowski kämpfte sich 21 Runden lang über 534 Kilometer sogar bis auf den 20. Platz vor.

24-Stunden-Radrennen, was genau ist das? Nicht mehr, aber auch nicht weniger als so lange wie möglich, maximal aber 24 Stunden, Radzufahren, um so viele Kilometer wie nur möglich unter die Räder zu bringen. Wer mit dem wenigsten Schlaf auskommt und die höchste Dauergeschwindigkeit hält, wird zwangsläufig mit den meisten geradelten Kilometern Sieger. 624 Kilometer waren es beim Sieger des diesjährigen 24-Stunden Radrennens auf der Nürburgring Nordschleife.

Die Vorbereitung für derart extreme Langstrecken-Wettkämpfe beginnt für die wagemutigen Athleten schon im Winter, zum Beispiel beim Indoor-Cycling im Fitnessstudio oder auf den Langlauf-Loipen im Harz. Im Frühjahr stehen dann erste Rad-Trainingsrunden über 250 Kilometer auf dem Plan, welche bis Juli mit regelmäßigen Ausfahrten auf über 400 Kilometer ausgeweitet werden. Um sich da durchzubeißen, bedarf es meist eines ebenfalls höchst motivierten Partners. Mathias Fuchs aus Bockenem und Thorsten Ostrowski aus Salzgitter sind zwei von diesen verrückten Radlern, die sich ein halbes Jahr lang quälen für einen großen Auftritt beim 24-Stunden-Rennen.

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Am 21. August sollte also der Lohn für 10.000 gemeinsam gefahrene Trainings-Kilometer geerntet werden. In der Boxengasse des altehrwürdigen Nürburgrings wurde die gewohnte, energiereiche Verpflegung griffbereit abgestellt. Jeder Teilnehmer der einen der begehrten Plätze in einer F1-Box ergattert hat, bekommt einen knappen Quadratmeter Platz in der Box. Raum zum Schlafen ist in der Planung nicht vorgesehen. Die Boxen teilen sich Einzelfahrer und Teams mit zwei, vier oder acht Teilnehmern. Die Gummispuren hochmotorisierter Rennwagen wurden am 21. August 2010 wieder von Fahrradständern, Klappstühlen, Werkzeugkisten und Wasserkanistern verdeckt.

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Bild: Sportograf.de

Pünktlich um 13:15 Uhr fällt dann der Startschuss für das 24-Stunden-Rennen. 3.500 Fahrradketten beißen sich in die Ritzel. Die Teamfahrer geben Vollgas, weil sie schon nach einer Runde abgelöst werden; Einzelstarter stellen sich hinten an und schonen die Kräfte. Eine Runde auf der historischen Nordschleife des legendären Nürburgrings umfasst mehr als 26 Kilometer kurvenreiche Bergstrecke, deren Zielgerade mehr Höhenmeter aufweist, als manche norddeutsche Radstrecke auf mehr als 200 Kilometer. Anstiege mit 17 Prozent Steigung und Abfahrten, die den Tacho bis in den dreistelligen Bereich treiben, fordern Reifen heraus, deren Bodenfläche kaum einen Daumenabdruck groß ist.

Doch die Anforderungen die an die Triebwerke, sprich die Radler, gestellt werden, sind noch weitaus höher: Bei Temperaturen bis zu 30 Grad im Schatten ist jede zweite Runde ein Boxenstopp erforderlich. Fuchs und Ostrowski achten auf die Pulsmesser und teilen sich ihre Kräfte ein. Aber sie haben vorerst noch Spaß an der Hitzeschlacht und sind hoch motiviert und so wird das große Starterfeld stetig überholt und nach Runde 4 sind schon die Plätze 65 und 66 erreicht. In Runde fünf dann der erste Rückschlag. Thorsten Ostrowski hat durch die Hitze Kopfweh und ihm ist übel. Wie bei einem Getriebeschaden in der Formel 1 gilt es nun im Windschatten von Fuchs wenigstens noch die Box zu erreichen! Feste Nahrungsaufnahme ist nicht mehr möglich. Stattdessen Gemüsebrühe um verlorene Mineralien wieder aufzunehmen! "Nur eine Stunde schlafen..." - entweicht Ostrowskis Lippen. Fuchs erschlägt den inneren Schweinehund seines Partners mit den Worten "...dann fahr ich eine Runde allein." Eine viertel Stunde später sind beide wieder auf der Rennstrecke.

Erste Schatten der sinkenden Sonne versprechen ein Ende der Bruthitze des Nachmittags. Eine halbe Runde später findet Ostrowski seinen Rhythmus wieder und beweist mit zwei schnellen Runden, dass er wieder dabei ist.

Ab 21 Uhr wird es dunkel auf der alten Rennstrecke in der Eifel; LED-Rücklichter und helle Frontstrahler werden am Lenker montiert. Es wird kühler und der Pulsmesser gibt damit grünes Licht zum Tempobolzen durch die Nacht. Leider nur bis Runde 9, weil diesmal Mathias Fuchs Probleme mit der Verbrennung seiner Energienahrung hat. "Gib Gas! - Du drei Runden, ich zwei - dann wieder gemeinsam." Damit katapultiert Fuchs seinen Partner die Steigung hinauf. Er selbst drosselt das Tempo, schafft die zwei Runden ohne Nahrungs- und Flüssigkeits-Zufuhr und entscheidet sich schweren Herzens dazu, weitere zwei Stunden Schlaf einzulegen, um den Magen zu beruhigen.

Ostrowski fährt alleine vier Runden und spielt seine Stärken in der kühlen Nacht aus. Runde für Runde wird er schneller. Zu diesem Zeitpunkt wird er nur noch von den vierer Teams überholt, die jede Runde den Fahrer wechseln. Nach zweistündigem Boxen-Stopp steigt Fuchs auch wieder ein und fährt eine »Test«-Runde allein und mit gedrosselter Geschwindigkeit. Nahrungsaufnahme ist nur begrenzt möglich.

Inzwischen erreicht die psychische Belastung für Thorsten Ostroswki den Höhepunkt. Gegen fünf Uhr tauchen nur selten Rücklichter am tiefschwarzen Horizont auf und er scheint allein gelassen auf der Weite des Rings. Müdigkeit drückt auf die Augenlider und das Bild der wie bunte Raupen in den Boxen aufgereihten Teamfahrer-Schlafsäcke drückt auf sein Gemüt. Erst der einsetzende Sonnenaufgang motiviert wieder zum Durchfahren.

Bei Ostrowskis Boxenstop in Runde 16 wird es hell. Bei einem flüchtigen Blick auf die Gesamtwertung stellt er fest, dass er sich in der Nacht um 40 Plätze auf Platz 26 verbessert hat. Mathias Fuchs, der nach seiner Test-Runde in der Box noch ein kurze Ruhepause eingeschoben hat, kann mit dem einbrechenden neuen Tag gemeinsam mit seinem Trainingspartner das Rennen fortsetzen. Hoch motiviert reißen die beiden Extremradler die bisher zweitschnellste Runde runter. Die Hölle lauert in der Folgerunde an der hohen Acht. Bei 17 Prozent Steigung kann Fuchs das Tempo nicht halten, will aber Ostrowski die Chance geben, weiter Plätze gut zu machen. Die Trennung ist entschieden und aus dem eingespielten Team werden endgültig Einzelkämpfer.

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Bild: Sportograf.de

Ostrowski kämpft sich in der Platzierung weiter vor. Runde 20 wird seine neue zweitschnellste Runde. So schnell, dass nach Durchfahrt der Start-Ziel-Linie noch eine 21. Runde möglich ist. Am Ende wird es ein guter 20. Platz, mit 534 Kilometer und über 10.500 Höhenmetern. 2009 hätten dieselben 534 Kilometer noch für den zweiten Platz gereicht! Mathias Fuchs kämpft derweil mit letzten Energiereserven, weil er nichts essen und kaum trinken kann, bevor auch ihn die Zielflagge erlöst. Er freut sich über eine Platzierung unter den besten 100 gepaart mit massiver Anerkennung benachbarter Teams für den eisernen Durchhalte-Willen trotz seines Verdauungsproblems. So stellt die Veranstaltung letztendlich auch für ihn einen ganz persönlichen Gewinn dar.

Noch in der selben Woche konnte man Fuchs und Ostrowski wieder auf Trainingstouren sehen. »Keine Frage, nächstes Jahr sind wir wieder dabei, denn es gilt die 600 Kilometermarke zu knacken« freuen Sie sich anscheinend schon wieder auf die vor ihnen liegenden Strapazen.

Hier kommen einige uns zeigende

Bilder von Rad am Ring.

Text: Thorsten
Bilder, wenn nicht anders angegeben: Mathias

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Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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duerckheimer
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Beitragvon duerckheimer » 20.09.2010, 21:33

Hut ab und RESPEKT :OK:
Gruß
Björn
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Helmut
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Beitragvon Helmut » 21.09.2010, 00:24

Wow, das sind zwei von den ganz harten.

Wer's noch nicht kennt, hier der Hinweis auf den Bericht und die Bilder von der Teilnahme des 4er-Teams des Radteams Weisser Ring. Hier steht deren

Bericht von Rad am Ring 24h
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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Janibal
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24h rennen

Beitragvon Janibal » 21.09.2010, 12:06

Super Jungs,
und das freiwillig. Bei jeder Boxendurchfahrt wieder den Schweinhund besiegt...
Eigentlich wollte ich da auch schon lange mal hin, aber 2011 scheint es mit PBP zusammen zu fallen. Zu meinen Glück gibt ja noch Nortorf/Mittelpunkt und da sind nicht so viel Höhenmeter, dafür aber über 700km/24h möglich.

Nicht vergessen, 24h Rennen haben einen hohen Suchtfaktor und sind deshalb dosiert zu genießen.
St. Jan
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Beitragvon FTN-Racer » 21.09.2010, 17:42

Hi

großen Respekt!
Ich war dieses Jahr auch dabei (Wiederholungstäter nach 2009 das zweite Mal).
Allerdings im Zweierteam. Von daher mein riesen Kompliment!
Mein Tacho hatte auf dem Asphalt zeitweilig 40°C angezeigt.
Ich fand es schon hart zwei Runden bei der Hitze am Stück zu fahren!
Also nochmal: Riesen Ding.

Gruß
FTN-Racer

P.S. Ich kann Janibal nur Zustimmen. Bin Nortorf auch mitgefahren - eine tolle Veranstaltung.
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Gert
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Beitragvon Gert » 25.09.2010, 20:54

Hallo Ihr Höllenreiter,
Respekt, Respekt, Respekt Pokalhoch !

Eine tolle Leistung von Euch und ein super Bericht/Bilder :Surfen:, genau wie die Leistungen und der Bericht nebst Bilder von den Mannen vom Weissen Ring und Ihr seit nun schuld. :oops:

Jetzt habe ich und einige unserer Mannen endgültig Blut geleckt. 2011 werden auch wir am Höllenritt teilnehmen und uns mit Kilometern absättigen. :cry:

Wir sind nun "heiß" und werden bis dahin an uns arbeiten. Ein lohnendes Ziel für 2011.

Danke, Gruß Gert

:wink:
nichts ist unmöglich!!!

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