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Sigma ROX 10.0: Ein Jahr mit dem Radcomputer

Verfasst: 30.01.2016, 01:07
von crumble
1 Jahr Sigma ROX 10.0

Ich will dann auch mal meine Erfahrungen über meinen Tacho teilen. Im Gegensatz zu den meisten hier, bin ich bei einem Sigma gelandet. Warum hatte ich mich für den ROX 10.0 entschieden?
  • Ich war auf der Suche nach einem GPS Tacho, der wenigstens 12 Stunden durchhalten sollte, damit ihm auf langen Touren nicht der Saft ausgehen sollte und ich beim Radurlaub nicht zwingend jeden Tag an eine Steckdose komme. OK, man könnte auch schlau sein und eine Mehrfachsteckdose pro Zimmer ins Gepäck legen aner ich bin bekennend faul und wollte nicht zu viele Nachteile gegenüber meinen Polar CS200 einfangen. Da musste ich mich nur alle Jubeljahre um neue Batterien kümmern.
  • Ich dachte mir reicht ein Tacho der nur Tracks darstellen kann, da ich zur Not mit dem Handy navigieren kann.
  • Die 2 Sigmas, die ich in den 90er hatte, hatten mich damals nicht enttäuscht.
  • Der Tacho sollte mit Tasten oder gutem alten drucksensitiven Display bedienbar sein. Regen, Schweiß und Dehydration sollte mich nicht bremsen.
  • Die Trainingsdaten sollten lokal gespeichert werden
Was hat sich als Positiv herausgestellt:
  • Der Akku hält die versprochene Zeit. Im Prinzip hält er zwei Tage auf dem Rad durch, aber ich lade ihn meisten doch lieber vorher auf, wenn ich in unbekannten Gegenden fahre.
  • Das GPS ist gut. Auch in Regenschauern bekommt man ein Signal.
  • Das Display lässt sich während der Fahrt gut ablesen.
  • Hat man keinen Track und weiß nur grob die Richtung, ist die Kompass-Ansicht verdammt nützlich. Ich hätte nie Gedacht, dass ich sie wirklich brauchen würde, aber sie hat mich super durch Toulouse in einem Gewitterschauer gebracht, als mein Handy kaum Satelliten fand und bei dem Starkregen auch nur Fehleingaben erkannte.
  • Eigene Tracks habe ich noch nicht erstellt, aber mit der Software liessen sich importierte Tracks recht leicht bearbeiten. Typische Fahrradkarten Informationen wie Belag und Verkehrsdichte hat man nicht. Bisher hat mich das nicht gestört, da ich fertige Tracks nur so abgewandelt hatte, dass ich sie von meinen Trainingsstrecken abzweigen.
Was ich als störend empfinde:
  • Das Schutzglas ist gewölbt. Irgendwo hat man immer eine Ruflektion. Dafür gibt es auch immer viele Stellen, die man blendfrei ablesen kann. Leider hält durch die Wölbung keine Antireflexfolie. Man müsste sie festkleben, was ich mich bis jetzt noch nicht getraut habe. Wenn man dringend eine Info braucht, kann man das Display kurz mit der Hand abschatten. Daher ist das auch nicht so wichtig.
  • Der Akku hält lange, weil der Prozessor nicht der schnellste ist. Das GPS reagiert recht träge auf Richtungswechsel und baut sich langsam auf. Das macht die Navigation in Kreiseln oder bei Abzweigungen in Kurven schwierig. Da man nur den Strich ohne weitere Infos sieht, muss man öfters mal umdrehen oder hoffen, dass man rechtzeitig vor der Abbiegung ins andere Tal wieder über den Fluss kommt. Eine Roadbook-Funktion gibt es leider nicht.
  • Da man nur Tracks nachfahren kann, gibt es zwei Nachteile
  • Ohne Kartenmaterial bekommt man in Serpentinen nach jeder zweiten Kehre mitgeteilt, dass man doch bitte umdrehen sollte
  • Die Tracks aus dem Internet sind manchmal nicht besonders gut. Und die Wege verlaufen gerne mal 200 Meter entfernt von der realen Welt. Wenn die Gegend nicht nur unbekannt sondern auch bergig ist, vermisst man in solchen Fällen eine richtige Karte im Hintergrund.
    Mit Karte würde man dem Ersteller des Tracks nicht in die Sackgasse folgen; oder würde scheller aus dem Neubaugebiet herausfinden, das auf dem Track liegt und aus dem nur ein KFZ-Straße zu führen scheint. Immerhin kann man sich hinterher bei der Auswertung schlapp lachen wie planlos man dort durch die Gegend geeiert ist.
  • Die Software für PC/Mac ist so naja. Sie ist in Flash geschrieben und manchmal etwas träge. Aber nicht störend langsam. Was mich nervt ist die Menüführung und vor allem die Auswahlmöglichkeiten von Tracks.
    • Nach Namen wird es schwierig. Will man mehrere Tracks auf dem Tacho haben, muss man möglichst kurze Namen wählen, um sie unterscheiden zu können. Das macht das Sortieren nach in der PC Software nicht einfach. Ich will die Tracks da sammeln und empfinde das als recht störend. Ein Kurzname für den Tacho wäre eine echte Erleichterung.
    • Starten oder enden viele Tracks an derselben Stelle. Zum Beispiel von zu Hause oder auf einer mehrtägigen Tour mit leichten und schweren Routen, lassen sie sich auf der Kartendarstellung nahezu unmöglich selektieren. Dazu muss man wieder die kurzen Namen benutzen.
  • Die Tasten vom Tacho haben keinen Druckpunkt und liegen unter der Gehäusekante. Man sollte nicht verzweifeln. Eines Tages hat man gelernt, wie man sie drücken muss. Bis dahin drückt man sehr oft nutzlos am Gehäuse herum
  • Der Tacho hat einen einfachen Timer. Den man allerdings kaum benutzen kann, da man in diesem Modus keinen zugriff auf die anderen Tachofunktionen hat.
  • Das man die Aufzeichnung starten und stoppen muss, bin ich nicht gewöhnt und empfinde ich als störend. Im Rennen hat man besseres zu tun als beim Start einen Knopf zu drücken. Beim stoppen muss man zweimal drücken. Einmal kurz um zu pausieren und danach einmal lang, um das ganze als Track zu speichern. Bis man das intus hat, wundert man sich warum man seine Daten nicht auf den PC übertragen kann, da man nur abgeschlossene Trainingseinheiten übertragen kann.
Was mich auf die Palme bringt ist die Qualität der Software vom Tacho:
  • Fährt man nach dem Einschalten nicht sofort los, ignoriert er die Funksensoren und nimmt das GPS für die Geschwindigkeit. Die Werte vom GPS sind üble Schätzwerte, die mit der Realität absolut nichts zu tun haben. Kachelt man mit 40Km/h dahin sieht man Kilometerlang 0Km/h. Dafür fährt man plötzlich an einer Steigung 20Km/h anstatt seiner einstelligen Zahl. Natürlich haben dann auch die zurückgelegten Kilometer nicht. Trotz mehrere Updates hat sich daran nicht viel getan.
  • Dank der GPS Geschwindigkeit, kann man den Auswertungen auf dem Rechner nicht trauen
  • Das Höhenprofil lässt sich nicht vernünftig zoomen, wenn man eine Tagestour hat. Die Ansicht hängt sich bei einer 160Km Strecke nach wenigen Zoomstufen auf. So kann man leider nicht sehen was einem noch so an Höhenmetern erwarten. Immerhin hängt sich der Tacho nicht komplett auf und man kann nach kurzer Zeit die Ansicht wechseln. Gelangt man wieder auf das Höhenprofil, lässt es sich auch wieder bedienen.
  • Der Tacho braucht für den Datenaustausch einen Treiber vom Hersteller des Prozessors (STM). Der kann blöderweise Probleme mit anderen Treiber bekommen und man muss so lange Treiber deinstallieren und installieren, bis durch Zufall wieder alles geht. Sehr unschön, wenn es vor einem Rennen passiert. Was dann aber auch egal ist, wenn man das halbe Rennen über nur 0Km/h auf dem Display sieht :-) Bisher ist das auch nur einmal passiert und ich habe da ehern den Treiber von meinem HP-Taschenrechner in verdacht.
Resümee:

Man kann eine richtige Hassliebe zu dem Teil entwickeln. Auf RTFs bin ich begeistert. Auf langen, spärlich ausgezeichneten Geraden hatte ich das wohlige Gefühl keine Abzweigung verpasst zu haben. Ein regelmäßiger kurzer Blick auf den Track hilft auch unbekannte Schilderfarben und -formen nicht zu übersehen. Die wirre Geschwindigkeit- und Kilometer-Angaben haben mich auf den RTFs nie gestört. Ich habe mir da angewöhnt die Trackansicht als Hauptanzeige zu benutzen und nur bei Konditionsschwäche und Hunger auf die Kilometerangaben zu sehen. Nur einmal hatte mich der ROX 10.0 auf einer RTF verlassen. Der Track hatte die Kontrollen als POIs. Blöderweise dachte er an K1 im Ziel zu sein und zeigte mir ab da nur noch die Richtung zum K1 an.

Der Hass kommt hauptsächlich durch die richtig miese Berechnung der Geschwindigkeit und Strecke aus den GPS-Daten, wenn er die Sensoren ignoriert. Im Rennen kann er schnell mal zum Traktion King werden und man muss sich auf das gute alte Gefühl verlassen, ob man nach dem Sprung zur nächsten Gruppe noch genug Körner bis ins Ziel haben wird.

Wenn man ihn als günstigen Trainingscomputer benutzen will, sollte man bei jedem Start auf die GPS Anzeige achten. Ansonsten sind die Daten komplett nutzlos. Die Auswertungssoftware selber bietet zwar nur recht einfache Auswertungen, aber ich hätte sie als recht motivierend empfunden, wenn meine Daten brauchbar gewesen wären.

Sigma scheint das leider nicht in den Griff zu bekommen. Für einen Tacho der seit 2 Jahren auf dem Markt ist, empfinde ich das als peinlich. Anscheinend fahren die Entwickler nicht selber oder benutzen ihn anders als viele ihrer Kunden. Wenn man während der Fahrt von GPS auf die Sensoren wechseln könnte, wäre der ROX 10.0 für wenig Geld ein recht ordentliches Gerät. Dass so etwas noch kommt, habe ich allerdings aufgegeben. Sie versuchen nur halbherzig Fehler zu beheben und werden wohl nie Funktionen nachreichen.

Verfasst: 30.01.2016, 01:57
von Helmut
Herzlichen Dank für Deine detaillierte Analyse der Stärken und Schwächen des Sigma Rox 10.0. Für mich ein Grund mehr mir den nicht zuzulegen.

Sigma versteht es eigentlich gute Ware zu produzieren, bietet einen super Service bei Hardware-Problemen. Was aber im Trend liegende GPS-Navigation beim Laufen und Radfahren betrifft, liegt Garmin weit vorne. Warum eigentlich? Es würde mich freuen, wenn man bei Sigma endlich die Zeichen der Zeit erkennen und wieder zur Weltspitze aufschließen würde. Ich bin mir sicher, die haben die Ingenieure dafür, nur die falschen, weil noch in den 90ern denkenden Entscheider.