Am 20. Juni ist es dann soweit. Nach 3-Stündiger Bimmelbahnfahrt sitzen wir um 11:00 Uhr auf unseren Rädern. Am nord-westlichen Fuße des Teutoburger Waldes beginnen wir unseren Ausflug, mit als Ziel, dem ca. 140 km entfernten Velmerstot, dem Übergang zum Eggegebirge, und dazwischen verteilt um die 4.000 Höhenmeter. Wir halten uns an die von einheimischen Geländeradfahrer ausgearbeitete Wegbeschreibung (http://www.transteuto.de). Diese verspricht das Umfahren von Wanderballungsgebieten. Das Wetter ist für Mitte Juni kühl, aber prima zum Rumpelradfahren.

In Hörstel tauchen wir in dem Gebiet ein, das dem Römischen Heer vor über 2000 Jahren mit seinen undurchdringlichen Wäldern und unheimlichen Sümpfen wiederwärtig war. Ihre Furcht war begründet, letztendlich erlitten sie eine große Niederlage während der Varusschlacht. Sie verloren 3 Legionen, ca. 20.000 Mannen.
Ich bin gespannt, ob wir ein bisschen was von dieser "Unheimlichkeit" zu sehen und spüren bekommen. Doch der Teutoburger Wald heute ist natürlich nicht mehr so wie vor 2000 Jahren. Gut ausgebaute Wege und Wegweiser überall. Und die laute Welt da draußen immer irgendwie hörbar.
Vorbei geht es recht locker an den Dörenther Klippen, an Tecklenburg, Lengerich, Lienen bis Bad Iburg. Hier machen wir Mittagspause. Bis hierher war die Transteuto (eine Mischung aus überwiegend Hermannsweg und X-Wege) noch angenehm zu fahren, ab jetzt wird sie biestiger. Es geht rauf und runter und rauf und runter und rauf, zack-zack-zack-zack, wie ein Kamm halt. Und gefühlt nur im Wald. Am Luisenturm bei Borgholzhausen legen wir eine Pause ein und trinken Kaffee mit einem heimischen Geländeradler (der uns kurz vorher überholt hatte....). Bis Bielefeld hätte der Hermannsweg noch fiese Passagen für uns, bis dahin würden wir wohl noch so 2 - 2,5 Stunden brauchen. Da es schon 18:00 Uhr wurde, haben wir uns dann lieber in Halle eine Unterkunft gesucht.
Am nächsten Tag sitzen wir um 9:00 wieder auf dem Rad. Erstmal müssen wir wieder hoch zum Kamm, das üppige Frühstück macht es nicht leicht. Oben angekommen, geht es so weiter wie es Tags zuvor geendet hat: Auf und ab und rauf und runter durch den Teutoburger Wald-Wald-Wald. Schmale Kammwege, enge Schluchten,....dass sich hier die römische Kriegsformationen nicht haben halten können, ist sowas von klar... Ich mag mir das Geschreie und Gemetzel von 9 n. Christus gar nicht vorstellen. Dazu noch naßkaltes gruseliges Wetter... Ich kann die Unheimlichkeit des Teutowaldes spüren... Wie schön, Bielefeld zu erreichen. Zivilisation!
Zur Sparrenburg fahren wir natürlich kurz hoch. Auf dem Innenhof laufen die Vorbereitungen für einen Musiknachmittag auf Hochtouren, es riecht nach gegrilltem Fleisch. Das ist nun doch zu viel Zivilisation. Schnell wieder rein in den Wald. Jetzt wird der Hermannsweg richtig kurzweilig. Der Bismarckturm "Eiserner Anton" lädt zur Fernsicht ein. Während ich hoch tapse, unterhält sich Uwe mit einer müllsammelnden Frau, die in einer Parallelwelt lebt. Auf meine Frage, hoch vom Turm herunter geworfen, wie weit es von hier bis zum Hermannsdenkmal wäre, antwortet sie nach kurzer Denkpause "jaaah....auf dem Pferd so....3 Stunden?"
Wir halten kurz inne beim Soldatenehrenmal auf dem Tönsberg. Das Wort zum Sonntag, die umlaufende Inschrift am oberen Rand des Ehrenmals: „WANDERER HEMME DEN SCHRITT - SCHIRMEND DER HEIMAT HEILIGEN BODEN - STARBEN DIE TAPFEREN UNBESIEGT - BEUGE DICH VOR DES OPFERS GRÖSSE“. Wir sind still und uns unserer privilegierten Lebenssituation bewusst.
Aber jetzt geht es zum Hermann!
Wir wählen den "H"-Weg, ein Fehler. Eine richtig lange Schiebepassage gilt es am Ende zu überwinden die -ja-, die auf die Laune schlägt. Aber beim Denkmal ist das wieder vergessen. Während Uwe sich ein Verschnaufplätzchen sucht, schleiche ich um Hermann-Arminius, schaue hinauf. Stolzes Denkmal. „Kolossalstatue“. Die höchste Statue Deutschlands. Hermann erhebt das Schwert nicht in Richtung Rom, sondern in Richtung Paris. Das Denkmal wurde nämlich zu einer Zeit erbaut, als Deutschland und Frankreich bis aufs Blut miteinander verfeindet waren. Und die Hermann-Darstellung diente als Demonstration der Stärke gegenüber dem „Erzfeind“ im Westen. Um eine geschichtlich korrekte Darstellung ging es den Erbauern weniger.
Da steht er nun und kann nicht anders. Hermann, der Retter Germaniens. Was er wohl für ein Mensch war? Warum er vom Römer wieder zum Germanen wurde? Die Meinungen der Historiker gehen in alle Richtungen. Gehörte er zu jener Sorte von Anführern, deren Stolz es nicht zuließ, abhängig vom römischen Kaiser zu werden?
Wir essen gut zu Mittag beim Restaurant am Denkmal. Das isotonische Bier wird serviert auf einem Thusnelda-Bierdeckel.
Thusnelda, so hieß die Frau von Arminius. Sie war die Tochter seines germanischen Widersachers Segestes, der einst Arminius aus dem Schutz seiner Familie gerissen und in die Obhut Roms gebracht haben soll. Es heißt, "der schlimmste Feind des Germanen ist der Germane": 5 Jahre nach der Varusschlacht entführte und heiratete Arminius die Thusnelda, wohl nicht gegen ihren Willen, aber ganz sicher nicht zur Freude von Segestes. Ein Jahr nach der Hochzeit entführte wiederum Segestes seine Tochter - sie war inzwischen im fortgeschrittenen Zustand der Schwangerschaft - und ließ sie nach Italien bringen. In Gefangenschaft gebar sie Arminius’ Sohn Thumelicus. Über das weitere Leben der beiden ist leider nichts bekannt. Im Jahr 21 wurde Arminius von Verwandten ermordet ("der schlimmste Feind des Germanen.....").
Wir satteln wieder auf und radeln weiter......ich fahre nochmal zurück, um meinen Rucksack zu holen......und fahre nochmal zurück, um auch meine Handschuhe einzusammeln....
....und erreichen auch flott die Externsteine, die, so sehen es die Historiker gerne, als germanisches Heiligtum gelten. Mag ich gerne glauben. Hat was mystisches und ruhiges, dieser Ort. Viele Menschen hier, die auf Decken liegend den Sonntag genießen, Familien, die Picknick machen. Leider sind die Externsteine auch ein "brauner Wallfahrtsort". Heute sind keine braunen Touristen da.
Jetzt gilt es die letzen 5 km bis zum Velmerstot zu schaffen, dann ist unsere TransTeuto zu Ende. Es fängt an zu regnen. Natürlich muss das letzte Stückchen geschoben werden, zu steinig und verwurzelt der Aufstieg.
Das Ende der Tour ist unspektakulär. Wir stehen im Regen auf einem Berg.
Vom Velmerstot steuern wir nun - querfeldein natürlich - Bad Pyrmont an. Hier besuchen wir für "Die Unendliche Rundfahrt" noch den Otto am Bismarckturm, fahren runter zum Bahnhof und dann mit der Bimmelbahn zurück nach Hause.

Die Große Frage rund um die Varusschlacht, die ja nicht im Teutoburger Wald, sondern bei Kalkriese stattgefunden haben soll, ist: Wie hat es Arminius vor 2000 Jahren geschafft, die unter sich so verfeindeten Germanenvölker, zu Zehntausenden an einem Tag an einem Ort zusammen zu bekommen? Ein großes Rätsel.
Hat Spass gemacht, diese etwas andere Radreise.
Ach, und dieser kleine Kerl lief einfach so im Wald rum. Aus dem Gebüsch grunzte die Mutter...
(Bei Wildschwein muß ich immer an Obelix denken....gibt es nicht auch 'n Asterix und Obelix bei den Römern? Hat Obelix vielleicht den Arminus geholfen? Ha! Da habe ich doch die Lösung des großen Rätsels
