Jetzt ist es endlich soweit. Unser Team hat es auch gepackt:
https://www.datasport.com/live/?racenr= ... in&b=&rc=0
Meine Daten könnt ihr bei Strava sehen, wen es denn interessiert. Einfach direkt auf mein Profil gehen.
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Am Ende der langen Reise physisch doch angefressen, bleibe ich bei meiner Meinung: Der Ötztaler war einer der schönsten Veranstaltungen in den letzten Jahren. Weil Landschaften, Teilnehmer, Wetterbedingungen und der Veranstalter mit all den vielen Helfern wirklich alles gegeben haben.
Mir jedenfalls. Und auch mal was auf die Fresse!
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Freitag um 3 Uhr war Abfahrt aus Großensee, wenige Stunden später entspannt in Sölden angekommen. Stau- und Mautfrei um kurz nach 12 die Team-Residenz oberhalb des späteren Ötzi-Starts bezogen. Etwas später ein gemeinsames Essen in kleiner Runde genossen. Am Abend wurde das Wiedersehen der Alpecinis mit den Sponsoren, Betreuern + ehemaligen Teamfahrern dann im Hotel gefeiert. Verhalten aber gesellig. ;o)
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Der Samstag wurde für Essen, Physio, Bike-Service, Anmeldung, Essen, Teambesprechung, Tourplanung, einer kurzen Ausfahrt und vor allem den Wetterberichten geopfert. Das Essen nicht vergessen! Innerhalb der letzten 3 Tage schwenkten die Prognosen von
- wenig Regen, meist trocken auf
- sauviel Regen, zunehmend ab 9 Uhr
Um es kurz zu machen: Es wurde für die schnellen (7-9 Stunden Fahrzeit) nur am Ende nass. Alle anderen (9-13,5) durften sich bereits am Brenner oder Jaufenpass, ganz sicher aber ab dem Anstieg zum Timmelsjoch auf wenig bis reichlich Regen einstellen.
Bei der Anmeldung in der großen Tennishalle konnte man sich weitere 3 Startbeutel in unterschiedlichen Farben besorgen und sich diese an den Depots Kütai, Brenner, Jaufen und Timmelsjoch hinterlegen lassen. Ein gerne angenommener Service, der es jedem Teilnehmer ermöglichen soll auf seine Kleidung, Verpflegung oder Creme zuzugreifen. Wenn er denn wollte. Ich nahm das gerne an!
Noch am Abend habe ich alles fix und fertig gemacht. Klamotten, Rad und auch ich waren bestens vorbereitet. Um kurz nach 4 sollte der Wecker gehen, ich schlief mehr als 5 Stunden wie ein Stein... Sebastian, meinem Teamkollegen ging es da nicht ganz so gut.
Das gemeinsame Frühstück verströmte eine ganz eigene, locker-angespannte Stimmung. Erst ganz ruhig und schnell zunehmend lauter mit viel Gelächter. Rennfieber für die Einen, Tourfieber für die Anderen. ;o) Mit gut 20 Rädern rollten wir eine knappe Stunde vor dem Start nach unten, machten noch ein paar gemeinsame Fotos und sortierten uns weiter hinten in die Aufstellung ein. Der Puls pendelte jetzt bereits zwischen 80 und 90
Ein paar Minuten nach dem Start ging es auch für mich über die Matte der Zeitnahme. In der nächsten halben Stunde galt es die Augen aufzuhalten und sich von Quertreibern und weiterem Lumpenpack fern zu halten. In Ötz zum ersten Anstieg des Tages, wurde es eng auf den Straßen und ich wechselte ztw. auf den leeren Fußweg um im ersten Abschnitt bis Ochsengarten gleichmässig treten zu können. Die Stimmung im gesamten Feld war sehr locker und ich unterhielt mich mit Österreichern, einem Bayern und einem Engländer, der mich um einen Schluck aus der Pulle anbettelte. Der Himmel gab auch ein paar Sonnenstrahlen frei und sorgte für einen leichten Temperaturzuwachs.
Zwei Pferde verunsicherten ztw. die aufsteigende Masse, trabten auch an mir nur wenige cm vorbei und sorgten später noch für eine verletzte Person. Auf diese Gefahr wurde mehrfach hingewiesen, gerechnet hatte damit wohl keiner...
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Am Brenner fand ich keine vernünftige Gruppe, unmotiviert wurde ungleichmässig bis fluchtartig gekurbelt und der erste Regen machte sich bemerkbar. Ein langweiliges Teilstück, dem nur noch mein elendig langer Aufenthalt an der Verpflegungsstation die Krone aufsetzte. Ich verpflegte mich ausgiebig, sah kurz bei den DRUMATICS zu und musste dann plötzlich ganz dringend wo hin... es zog sich...Scheisse!
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Auf dem Weg zum Kütai
Der anschliessende Jaufenpass gefiel mir ganz gut. Der wird schon in der höchsten Kategorie gewertet, ist aber relativ gleichmässig zu befahren. Hier kommt mein 32er Pizzateller erstmalig gezielt zum Einsatz. Ich bin damit nicht langsamer unterwegs als mit der 34/28 Kombi, kann aber entspannter, weil schneller kurbeln. Ich habe in der Vorbereitung gute 6 Kilo verloren, aber zum Bergfloh bin ich mit deutlich über 70 Kg noch lange nicht geworden...
Ein Treiber italienischen Stahls fuhr irgendwo dort mit geschätzter 36/25 Übersetzung an mir vorbei. Der hatte aber auch Schenkel, die den Namen verdienen. Hier gilt also: Jedem das, was ihm beliebt! Die Abfahrt vom Jaufen war wieder wie für mich gemacht. Viel (Brems-)Verkehr unterwegs, aber trotzdem noch flott, und das mir zur Verfügung gestellte Material (S-Works Roubaix & Lightweight) bieten endloses Vertrauen. Da hat schon bei gut hundert Sachen den Kühtai runter nichts gemuckt und jeder Impuls kann auf die Straße gebracht werden. Leider sollte das die letzte rasante Abfahrt des Tages werden...
(J. Ullrich ist an diesem Tag in 21 Minuten ins Tal gestürzt...mit deutlichem Vorsprung - zum verdeutlichen Ex-Profi und Jedermann! )
Dann wurde der Herbst eingeläutet. Wir fuhren vom Tal aus bei kuscheligen 19°C in den langen Anstieg zum Timmelsjoch hinein. Kurz danach begann es zu nieseln, was nur wenige Höhenmeter später in Regen überging. Die Regenjacke wurde von hier an nicht mehr abgelegt. Der untere Rücken machte jetzt verstärkt auf sich aufmerksam und konnte nur durch ausgiebiges Turnen und gezieltes Atmen in Schach gehalten werden. muss dämlich ausgesehen haben, hat aber mehrfach geholfen.
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Strömender Regen am Anstieg zum Timmelsjoch
Das Erreichen der Labe war eine willkommene Pause für mich und Lukas. Wir konnten uns gegenseitig gut motivieren und er war mir vor allem später, auf 2.500 m, eine große mentale Stütze. Suppe, Cola, Wasser, RedBull, Käsebrot und Kuchen - Alles wurde vertilgt. Um kurz darauf wieder verbrannt zu werden!
Der Regen wurde noch einen Ticken heftiger und mit zunehmender Höhe nahm die Temperatur ab. Mein Sigma sollte mir später verraten, dass es auf 4°C runter ging. Völlig durchgeweicht, ob vom Regen oder angesammeltem Schweiss war jetzt eh egal, ging es in die letzten Kilometer. Nochmals an eine Getränkestation... und wenig später nochmals zum Stopp. Essen! Irgendwie verlangte der Magen schon wieder nach verwertbarem. "Lukas, ich muss was essen" und im folgenden: "aber ich kann es nicht mehr auf dem Rad...!" Eine Kehre später sind wir nur noch vom Sattel runter, absteigen wäre zu aufwändig gewesen, und haben uns wiederholt irgendein überzuckertes Teil in den Rachen gedrückt und sind dann weiter nach oben.
Vor der Mautstation (vielleicht) meine kleine persönliche Rettung. Jacke ausziehen, Trikot weg, Unterhemd aus, Armlige runter! Ich habe mir ein Langarmtrikot in den nummerierten Starterbeutel gepackt. Pitschenass und mit klapperndem Kiefer zog ich mir das Teil zusammen mit der Regenjacke an. Erlösung. Jedenfalls für einen kurzen Moment. Es folgte eine einmalige Abfahrt Richtung Sölden. Unter fieseren Bedingungen bin ich zuvor noch kein Rad gefahren und so sind wir mit 30 bis 35 km/h Richtung Ziel geschlottert. Schlechte Sicht, unterkült und das Rad nicht mehr unter Kontrolle, weil es den zittrigen Befehlen meines Körpers gehorchte. Kurz versuchte ich mit hohem Tempo mehr Höhenmeter abzubauen, um im wärmere Regionen zu kommen, aber das war vollkommen sinnlos. Es wurde dann nur kälter.
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Abfahrt - Eher Schleichfahrt vom Timmelsjoch
In der Senke zum Gegenanstieg kamen mir die Tränen. Vielleicht weil ich fassungslos war. Oder erleichtert, weil es gleich vorbei sein würde. Oder weil ich endlich wieder ein paar Meter klettern durfte, um den Motor wieder in Schwung zu bringen...
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Nass. Saukalt. Weiter…
Der Körper war schon im Ruhemodus, wollte unbedingt eine Pause und das Herz tuckerte mit 110-120 Schlägen der wärmenden Dusche entgegen.
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Die Augen bilden nur zwei Schlitze. 4 °Celsius, wenig Sicht und das Zittern überträgt sich auf das Rad.
Ab Orteingang Sölden hatte das Gehirn dann wieder den Körper überlistet, die Kurbel drehte wieder viel schneller, das Zittern hörte für ein paar Minuten auf und im Kopf machten sich Gedanken Platz: "Was für ein geiler Scheiß"
Im Ziel wurden wir von unserer Teampartnerin Angie versorgt, die schon einige Stunden vorher ihren Traum erfüllt hatte. Den Tee verschüttete ich erfolgreich, während ich über mich selber lachte, weil ich den Becher nicht kontrollieren konnte. Das Rad wurde mir abgenommen und ich trottete frierend, aber glücklich zum verabredeten Treffpunkt, wo mich viele weitere Finisher erwarteten.
Was für eine irre Wendung, die das Wetter herbeigeführt hat. Das habe ich deutlich unterschätzt. Eine tolle Erfahrung war es allemal. Wiederholung nicht ausgeschlossen. Mit noch besser trainiertem Rumpf und statt 90 Minuten Pause vielleicht nur 15-30 !?
Andere Mütter haben auch schöne Töchter...
Euer
tzy
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Schnappschuss aus dem Cabrio, auf dem Weg nach Insbruck. Die zügige Gruppe habe ich (leider) fahren lassen. Der Verschluss der "Sturmprinz" hatte sich festgefressen und mir wurde soooo warm...
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Bilder:
sportograf,
Björn Henssler und Daniel Beck von der
RoadBIKE