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<b>Vätternrundan in Schweden - Norddeutschlands größter Radmarathon</b>
Annähernd 2.000 Deutsche fuhren die Vätternrundan 2010 mit, das Gros bestand wohl aus Norddeutschen. Damit ist dieser 300 km Radmarathon in Südschweden mit Abstand der größte Radmarathon Norddeutschland! Am geringen Startpreis kann es nicht liegen, denn die Startpreise sind deftig, je nach Anmeldezeitpunkt ab über 100 bis 175 Euro aufwärts. Es ist der hohe Erlebniswert, der die für so viele mehr als ausgleicht.
Wer mit über 22.000 Leuten die Cyclassics gefahren ist, weiß, dass er zum Schluß kaum noch Leuten auf der Strecke begegnet, weil das Feld sich weit auseinander gezogen hat. Anders bei der Rundan, weil von 20:00 bis 5:00 Uhr laufend neue Gruppen auf die Strecke geschickt werden, ist man auch nach 299 km inmitten von Leuten, überholt welche und wird überholt. Die Depots der Langstreckler auf einer RTF oder Radmarathon im Norden sind dünn besucht, bei der Rundan wimmelte es an allen neun Depots (!) immer von Leuten.
Wir sind in dieses Radsport-Nebenuniversum eingetaucht, haben von der Fussball-WM so gut wie nix mitbekommen, auch das an dem Wochenende die schwedische Kronprinzessin Victoria heirate, haben wir mitten in Schweden kaum wahrgenommen. Motala mit seinen 30.000 Einwohnern stand ganz im Zeichen der Rundan mit ihren annähernd 20.000 Teilnehmern.
Trotz meiner viermonatigen glatteis- und verletzungsbedingten Pause kam ich ohne Krampfattacken und folgenden Muskelkater durch. Dank dafür an
PhysioHH. Großen Anteil daran haben auch Thali und Klaus, die für mich die Lokomotive spielten. Ab ca. km 200 musste ich immer wieder abreißen lassen, die anderen an den Depots auf mich warten. Ab km 260 trennten wir uns ganz und ich trödelte gen Ziel. Auch weil die anderen das letzte Depot ausließen, nahmen sie mir 45 Min. auf den letzten 40 km ab, aber das war uns nicht wichtig. Das Ankommen alles ist, zeigten uns die Veteranen, bei ihrer teils 44. und damit ununterbrochenen Teilnahme an den Rundans.
Gefährlich fand ich das Verhalten einiger Speed-Gruppen, die spät morgens gestartet waren, um den See in unter 9 Stunden zu umrunden. Sie fuhren in großen Gruppen wie ein Supertanker auf teils völlig entkräftete Fahrer auf. Bei PKW-Gegenverkehr ist es beängstigend, wenn die in 2er- und 3er-Reihen meinen laut rufend und ohne zu bremsen alle überholen zu können. Die Rundan wird zunehmend wie ein Rennen gefahren, obwohl es keine Ergebnisliste gibt, aus der eine Platzierung erkennbar wäre. Man kann nur seine Zeit heraussuchen und mit der einem Bekannten vergleichen.
Die Verpflegung war für meine verwöhnte Zunge eine härtere Probe, als ohnehin schon erwartet. Auf Hackbällchen mit klebrigen Kartoffelbrei kippten sich die Schweden Preiselbeersauce (sonne Art Rote Grütze). Zugucken löste bei mir Würgereiz aus. Die zweite Warmverpflegung bestand aus zerkochter, geschmacksneutraler Lasgane. Die an jedem Depot ausliegenden, pappsigen Honigbrötchen werd ich nie wieder anfassen. Es gab ganze Schälchen mit Salzgurkenstücke, die wirklich sehr salzig sind. Kulinarisches Glanzlicht waren für mich meine mitgebrachten Riegel. Erträglich fand ich nur die Bananen. Geträumt habe ich von PowerBar-Fruchriegeln, noch besser wäre Schwarzbrot mit Wurst und Käse gewesen.
An einem Depot konnte man Gels und Riegel eines der Sponsoren bekommen, wenn man dafür bezahlte. Nicht nur das würde bei einer Veranstaltung zumindest in Norddeutschland einen Sturm der Entrüstung hervorrufen. Zum Startbeutel gehörte eine Trinkflasche. Statt der Veranstaltung und dem Jahr stand nur der Name eines der Sponsoren darauf. Der Startbeutel war aus Plastik, einer wie bei uns üblich aus Stoff kostete einen Aufpreis, ebenso ein „Leibchen“, an dem man die Starnummern anbringen konnte. Tröstlich ist, dass der Überschuss sozialen Projekten zu Gute kommen wird.
Sein Finisher-Shirt musste jeder vorher selbst kaufen. Immerhin gab es eine große Auswahl verschiedener T- und Poloshirts zu zivilen Preisen. Überteuert fand ich das offizielle Radsport-Trikot und -Hose für zusammen ca. 165 Euro. Aber es gab noch mehr im Anmeldungszelt zu erwerben und so fand ich für wenig Geld eine schicke Windjacke für mein Mädel.
Wie eine Radsport-Junkie-Treff wirkte auf mich die zweite Warmverpflegung, in der die Leute dichtgedrängt ihre Lasagne in sich reinschoben. Es war dunkel, die Leute müde. Einer lag schlafend mit Oberkörper und Armen quer über den Tisch liegend, seine Tischnachbarn aßen einfach weiter.
Ich kann überall einschlafen, auch am Steuer eines PKW (Auffahrunfall in den 90ern). Einmal rüttelte mich mein bereits schlackernder Lenker wach. Das hätte mit einem bösen Sturz enden können, von denen ich zwei mitbekam. Beide endeten mit viel Aua, aber wohl ohne bleibende Schäden für die Verletzten. Ich hätte mir unterwegs 20 Min. Erholungsschlaf gönnen sollen.
An einigen Stationen gab es ein Massageangebot. Als ich es wegen meinen Taub gewordenen rechten Daumen nutzen wollte, wurde ausgerechnet an dem Depot keine Massage angeboten. Zum Glück weitete sich die Taubheit nicht aus und verschwand bald wieder. Auch sonst war der Service gut, die gesamte Veranstaltung wurde engagiert und routiniert durchgeführt. Vielen Helfern und Zuschauern merkte man an, wie stolz sie auf ihre Rundan sind.
Das beste war die malerische Landschaft. Das wohl schönste Stück fuhren wir mit dem Rad im Dunkeln, hatten es im Morgenlicht bei der Anfahrt mit dem PKW gesehen, liebliche Hügel und Häuschen wie aus Kinderbüchern. Thali geriet dabei in Hochstimmung und ich begann zu ahnen, warum es ihn immer wieder hierher zieht. Der Dunkelheit folgte eine kurze Phase mit beeindrucken, gleißenden, waagerechten Sonnenlicht.
Als uns der Regen in der Nacht durchweichte, haderte ich mit den PC-Kenntnissen meines Mädels, die uns ein trockene Runde in Aussicht gestellt hatte, dementsprechend gekleidet war ich teils naß bis auf die Haut, aber nicht sie, sondern die Wetterdienste hatten sich geirrt.
Etwas dünn fand ich die Anzahl der Zuschauer auf der Strecke, die aber hatten fast alle etwas besonderes, insbesondere der Pfarrer, der in jedem Jahr bei ca. km 220 den Leuten Kraft und Gottes Segen wünscht. Nächstes Mal werde ich absteigen und ihn mit meinem Diktiergerät interviewen.
Bewährt haben sich auf der Runde mein neuer Sattel und neue Hose (SQ Lab 611 Active bzw. BioRacer Bib Short), das Rennrad mit Tourenschuhen mit SPD-System zu fahren und mein altbewährter Helmüberzug aus GoreTex. Gepatzt hat mein ansonsten guter Ixon IQ, dem wir das Klappern mit einem Stück Lenkerband abgewöhnen mussten (B+M schickt mir und mad.mat kostenlos je einen neuen Halter samt Gegenstück). Versagt haben meine Shimano Regenüberschuhe, die dem Regen mal wieder keine 15 Minuten Stand hielten.
Mein herzlicher Dank gilt meinen Begleitern, Thali, dem es zu meinem Wohl nach Jahren endlich gelang mich nach Schweden mitzuschnacken, Klaus, der uns sicher hin, zurück und teils auch um den See führte und Mad.Mat, der immer ein Kumpel mit hohen Unterhaltungswert ist und mir ein angenehmer Zeltmitbewohner war. Wir trafen einige Bekannte, darunter Gert mit seiner großen Gruppe vom Klinikum Stralsund. Mit denen wollte ich meine zwei extra dafür mitgebrachte Flaschen Helbingschen Kümmel leeren, fiel aber schon nach dem ersten Glas vom Stengel.
Ein Erlebnis war auch die An- und Abreise mit zwei Mal zwei Fährüberfahrten und zu sehen, wie sich die Campingplätze füllten, bis auch Leute auf irgendwelchen Freiflächen ihre Zelte aufschlugen. Der besondere Tipp: Eine Fahrt auf dem Wanderweg "Rund Vättern", direkt am See lang.
Trotz all der Erzählungen hatte sich mir vorher die Faszination der Vätternrundan nicht erschlossen. Das lag wohl auch daran, dass ich keine Bilder kannte, die die Rundan zeigten wie sie ist. Dies zu ändern, sah ich als meinen Job an. Eine Frau, die dies sicherlich nicht ahnte, freute sich im Zielbereich solange mein Rad halten zu können. Ich hoffe, meine Bilder lasse Dich erahnen, warum die Leute da immer wieder hinpilgern. Hier kommen meine
Bilder von der Vätternrundan.
Sicherlich werde ich wieder teilnehmen, wenn auch nicht in 2011, weil es noch mehr zu entdecken gibt. Wenn Du aber noch nicht da warst, was hindert Dich? See you in Motala!
P. S. Es gibt übrigens lt. gemäß RTF-Generalausschreibung des BDR 5 Punkte für Wertungskarteninhaber. Man muss nur irgendwie glaubhaft machen, dass man dort gefahren ist.
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Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.