Radfahren lernen: Wie war das bei Euch?

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Harterbrocken
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Radfahren lernen: Wie war das bei Euch?

Beitragvon Harterbrocken » 08.08.2013, 21:59

Wie war das noch mit den Stützrädern? Erinnert Ihr Euch an die ersten Meter ohne? War mein Vater neben mir? Oder meine Mutter? Oder Opa? Verdammt, ich weiß es nicht mehr. Werd mal Mutti fragen bei Gelegenheit. Vielleicht kann sie mir Genaueres über diesen denkwürdigen Moment berichten.

Und was war das überhaupt für ein Rad damals? Ein Puky? Oder ein Klapprad? Ich würde das schon gern wissen; vielleicht habe ich mich erschreckt oder bin hingeflogen, hab mir blutige Knie geholt. Ich weiß es einfach nicht mehr. Meine Frau Margret dagegen erinnert sich gut an ihr erstes Mal. Da war es der Vater. Der hat sie hinten am Gepäckträger geführt und dann einfach irgendwann losgelassen. Und? Margret ist natürlich auf die Schnauze gefallen. Sauer war sie. Sauer auf ihren Vater. Kann der doch nicht einfach machen, meint sie.

Wie ich auf dieses Thema komme? Nun, heute bei einer kleinen Feierabendrunde mit meinem Pimp-Klappi durch den Hamburger Stadtpark wurde ich Zeuge einer Erst-Fahrstunde auf dem Fahrrad. Stehen da doch zwei Asiaten mit einem roten Stadtrad etwas ratlos am Modellboot-Teich rum. Neugierig beobachte ich die beiden. Er erklärt ihr, wie der Fuß auf die Pedale gestellt wird. Dann zeigt er, wie die Hände am Lenker zu halten sind. Ich muss schmunzeln. Die beiden sind so zwischen 25 bis 30 Jahre alt. Er kann offenbar fahren. Sie nicht. Mit Spannung beobachte ich aus sicherer Entfernung wie die Lehrstunde weiter geht. Irgendwann sitzt sie auf dem Rad und er hält die Fuhre am Gepäckträger im Gleichgewicht. Zaghaft drückt sie ein Pedal nach unten und wackelt ein paar Meter geführt von ihrem Freund über den Platz. Junge, lass sie doch los, denke ich bei mir. Macht er aber nicht. Sondern halb schiebend, halb ziehend geht er mit den Händen am Gepäckträger hinter ihr her. Eine kuriose Szene, die außer mir aber keinen zu interessieren scheint. Die Passanten beobachten lieber die ferngesteuerten Schiffe auf dem Modellboot-Teich.

Dabei verpassen sie den entscheidenden Moment. Nach zehn Minuten ist es so weit. Er lässt los. Sie fährt alleine im Park. Losgelöst, frei und mit eigener Muskelkraft. Ich würde was drum geben, mich an die Minute zu erinnern, in der ich als Kind diesen Moment erleben durfte. Was denkt sie jetzt nur? Ihre Miene zeigt keine Regung. Hochkonzentriert tritt sie langsam in die Pedale und rollt mit Schritttempo immer wieder um das Becken mit den Booten. Ein paar Jogger kommen näher. Rums, da ist es passiert. Sie fällt um und landet im Schotter. Schmerzen, Tränen und Geschrei bleiben aus. Das ist wohl der Vorteil, wenn Erwachsene Radfahren lernen. Sie ist auch nicht eingeschüchtert und steigt gleich wieder auf. Tapferes Mädchen, richtig so. Nach weiteren zehn Minuten wird sie schneller und sicherer. Sie kann Radfahren. Was für ein Gewinn.

Zeit für ein Kurzinterview. Die beiden heißen Joslyn und Wilson. Das Paar stammt aus der malayischen Hauptstadt Kuala Lumpur. Sie ist zu Besuch in Hamburg. Er arbeitet als Ingenieur bei Airbus in Harburg. Den Stadtpark für die Fahrstunde haben sie gewählt, weil es hier große, freie Flächen gäbe, sagt Wilson. Keine schlechte Idee.

Tja, wisst Ihr es noch? Wie war das erste Mal? Das erste Mal ohne Stützräder? Oder habt Ihr die nie nötig gehabt?

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Joslyn und Wilso aus Malaysia

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Klappt doch. Joslyn fährt das erste Mal Rad
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der Gregor
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Beitragvon der Gregor » 09.08.2013, 07:23

Moin moin!

interessante Frage. Ja, wie war das erste mal? Es war mit Stützrädern auf dem Parkplatz einer Firma und ich schon ziemlich alt, vielleicht schon sechs oder so. Gibt es nicht noch einen Super-8 Film davon?

An die erste Fahrt ohne kann ich mich leider nicht mehr erinnern, aber daran, dass ich viele Jahre später, war dann vielleicht schon 12 -15 Jahre alt, mit anderen Jungs aus den Nachbarhäusern Rennen gefahren bin, auf nicht abgesperrten öffentlichen Straßen, wo aber sehr wenig los war, mit meinem gebrauchten grünen 24ger Rad mit einer 3-Gang-Schaltung, Marke Mars.

Bis zu einem Rennrad habe ich es aber nie gebracht, fahre aber trotzdem gerne zügig, im Rahmen meiner Möglichkeiten.

Und freue mich schon ganz doll auf die Cyclassics!

Grüße an alle von

Gregor
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Beitragvon radfreunde » 09.08.2013, 12:44

Stützräder? Wir waren froh, wenn wir ein halbwegs passendes kleines Rad hatten. Sonst erinnere ich mich an Sättel, die an der Sattelstange eines Standard-Damenrades befestigt wurden. Verschiedene Größen von Fahrrädern - eher eine Seltenheit.

So sah der Nachwuchsfahrer aus:

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PS: auch mein Sohn hat nie Stützräder gehabt, lange Roller gefahren und dann erfolgreich aufs Rad.

Gruß

wilf
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Benotto
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Ausreichend Erfahrung mit einem Roller..

Beitragvon Benotto » 09.08.2013, 21:44

ersparen die Stützräder. Ich hatte keine, und auch mein Sohn hat das Radfahren nach entsprechender Rollererfahrung ohne gelernt.

Mit einem Hamburger StadRAD zu lernen ist aber bei dem Gewicht der Dinger erhöhte Schwierigkeit.

Gruß

Benotto

(der sich auch schon auf die Cyclassics freut)
Bagdad-Biker

Beitragvon Bagdad-Biker » 11.08.2013, 13:48

Fahren ohne Stützräder? Ich fahre doch heut noch so, dass manch einer meiner Mitfahrer sich wohl denken mag, ich wäre besser bei den Dingern geblieben. Die aber verblieben damals, Mitte der Achtziger, an meinem gelb/roten Pucky, mit der Trommelbremse im Vorderrad, die mich mehrmals zu spontanen Weitflugwettbewerben überredete. Ja das mit dem Druckpunkt war bei dieser Bremse damals so eine Sache... Mag auch am mangelnden Fingerspitzengefühl des frühpupertierenden Fünfjährigen gelegen haben. Böse Zungen behaupten dies zumindest vehement seit Jahren!

Es war das Zeitalter der BMX Räder. Die vollbehelmten und mit Plastikprotektoren und knallbunten Flattershirts bewaffneten "großen" Jungs aus unserer Straße, die damit waghalsig Kanststeine rauf und runter hüpften und sogar wie Zirkusartissten auf dem Hinterrad fahren konnten, waren damals meine Vorbilder. Spätestens als ich E.T. damit fliegen sah, wusste ich, so ein Wunderrad willst du auch!

Ich bekam auch eins. Der Weihnachtsmann hatte es gebracht. Das Rätsel, wie er es schaffte das BMX durch den Schornstein zu bekommen, blieb bisher ungeklärt. Ich vertrete jedoch die Theorie, dass er es wohl wird zerlegt haben und im Wohnzimmer wieder zusammengesetzt haben müssen. Darauf stützt sich auch meine weitere These, dass dieser rotverkleidete Saisonpostbote, der ja außer im Dezember wahrlich wenig zu tun haben dürfte, in den Sommermonaten in irgendeiner Fahrradwerkstatt auf 400 € Basis jobbt.

Wäre der Zottelbart damals nicht so geizig gewesen, hätte er zu dem Rad noch ein Schloss spendiert. Er hätte es vor der Tür anschließen und nur den Schlüssel durch den Schornstein werfen brauchen. Angenehmer Nebeneffekt wäre gewesen, dass mir das BMX nicht innerhalb der nächsten 3 Monate von irgendeinem neidischen Spacko-Kind im Kindergarten geklaut worden wäre.

Aber zunächst war das Ding ja da. Silberner Rahmen... Reifen, Griffe und Sattel...alles in Rot gefasst. Eine Augenweide. Eine echte Granate, die nur darauf wartete von einem kleinen Burschen wie mir malträtiert und zu Schrott gefahren zu werden.

Die erste teppichflutende Heulattacke setzte ein, als mir mein Vater sagte, dass meine Stützräder an das Rad nicht passen würden. ....alt genug.....großer Junge....die anderen Jungs auch ohne... seine Worte gingen in meinem herzzerreißenden Gewinsel, dass an das Jaulen eines Sturzkampfbombers erinnerte und meine Großeltern zu sofortiger Flucht in den Keller veranlassen sollte, schlichtweg unter.

Es half nichts. Die Dinger passten da nicht ran. Und wenn ich dieses ultimative Wunderrad fahren wollte, dann musste es eben ohne Stützräder gehen. Auch wenn dies eine enorme Einbuße an Seitenstabilität, Kurvenhalt und Fahrsicherheit bedeuten würde.

An die erste Fahrt mit dem neuen Rad entsinne ich mich, als wäre es gestern. Der Papa hilft beim Aufsteigen, hält das Rad fest. Alles gar nicht so schlimm. Ich fahre los, er läuft nebenher, hält den Sattel fest und führt. Ganz schön fit mein Daddy. Ich leg nen Zahn zu..mal gucken wie schnell er laufen kann!!! Höhö... ja, ich war schon früher ein Arsch! Mein Vater auch... das trifft nicht wirklich zu, war damals aber mein Gedanke, als ich sein "sieht gut aus" aus reichlicher Entfernung höre. Ein Blick über meine Schulter bestätigt meine Vermutung. Papa ist stehengeblieben. Hihi, den Alten hab ich abgehängt. Der schnauft aber...SCHEIßE, du fährst grad alleine. OHNE Stützräder!!!

Es kommt was kommen muss. RUMMS lieg ich mit der Kauleiste am Boden und zähle die Steinchen der Waschbetonplatten. Mein Knie ist offen und blutet und wieder müssen Oma und Opa in den Keller flüchten, weil sie denken, der Russe steht kurz vor Berlin.

Ich hasse dieses Rad. Ich find es kacke. Zum Glück hat der grauhaarige Rentner in Coca-Cola-Tracht ja noch andere, weniger lebensgefärliche Spielsachen mitgebracht. Also ab untern Baum und Playmobil gespielt.

So verlief meine erste Fahrt ohne Stützräder. Aber meine erste wirklich alleinige Fahrt folgte am nächste Tag. Am nächsten Morgen bin ich als erster wach. Ich latsch schlaftrunken und daumennuckelnd ins Wohnzimmer. Da steht das Rad. Es strahlt und glitzert. Die eintreffenden Strahlen der Morgensonne werden vom Rahmen reflektiert. Sieht echt cool aus. Ich hab das Ding wieder lieb.

Na Olli, Bock auf ´ne Runde mit mir? scheint es mir zu sagen. Lautlos schleich ich mich mit ungeputzten Zähnen und ungekämmten Haaren, denn damals hatte ich noch welche, das Rad schiebend aus dem Haus. Barfuß und in meinem modisch einwandfreien Schlafanzug mit Automuster steig ich in den Sattel. Alles kein Problem. Ich fahre und fahre. Das Rad läuft super. Schneller und schneller düs ich um die Häuser. Ich werd immer mutiger. Dann kommt eine Treppe...Bremsen sagt mein Hirn. Ich trete beherzt und mit aller Macht rückwärts. Das hat bei meinem Pucky stets für ohrenbetäubendes Quietschen und supertolle Bremsspuren gesorgt. Doch nichts passiert. Ich trete ins Leere. Hätte mir gerne wer sagen können, dass mein BMX´nen Freilauf hat. Die Bremsgriffe mag ich nicht ziehen. Wer weiß, ob ich dann nicht wieder über´n Lenker fliege?

Immer dichter kommt die Treppe auf mich zugerast. Halt an! ruft mein Hirn. Wieder Tritt ins Leere. Panik macht sich breit. Und wärend ich noch überlege, ob man auch mit nackten Füßen auf Gehwegplatten bremsen kann, poltere ich die ersten Stufen runter. Der rote Hartplastiksattel hämmert derweil bei jeder Stufe auf meinen Hintern ein, wie ein Presslufthammer auf eine mürbe Asphaltdecke.

Rums, bums, polter, hämmer... Dann ist die Treppe endlich geschafft. Gartenzaun. GARTENZAUN!!!! Verdammt! Lenker scharf rechts...oh weh, da geht es bergab. Parkplatz!!!!Autos, überall geparkte Autos. Kacke! Links , rechts, links... mit geschickten Fahrmannöver schlängel ich mich durch die Blechhindernisse. Und das Rad rollt und rollt. Als ich die Straße auf mich zukommen sehen, bekomm ich es dann aber doch wirklich etwas mit der Angst und entscheide mich dazu, notfalls wieder in altvertrauter Art und Weise über den Lenker abzusteigen und ziehe zaghaft an den Bremshebeln. Und siehe da...welche Wunder...das Rad wird langsamer und hält an. Juhu, ich lebe noch!

War damals ein Wahnsinnsritt, den ich wohl nie vergessen werde. Aber seit dem Tag kann ich Fahrradfahren!

P.S.: Zurück hab ich dann vorsichtshalber trotzdem geschoben! :)

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