3. Nordica Rennrad-Klassiker-Tour, Elmshorn (Bericht+Bilder)

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Harterbrocken
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3. Nordica Rennrad-Klassiker-Tour, Elmshorn (Bericht+Bilder)

Beitragvon Harterbrocken » 21.09.2013, 23:47

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3. Nordica: Rennrad-Klassiker-Tour im September 2013
Stahlinisten auf Tour oder L'Eroica in Elmshorn


Fotos: StauderVolker (Bilder folgen)
Text: Harterbrocken


Historische Stahlrenner, nostalgische Rennmützen und Merinowolle-Trikots sind im Kommen. Auch in Norddeutschland. Noch ist die Szene überschaubar, doch mit der Nordica hat sich bereits eine feste Veranstaltung für Fans klassischer Velos in Norddeutschland etabliert. Bei der dritten Auflage fuhren auch mehrere HFSler wie StauderVolker und Halbrenner mit.


Sie sind rubinrot, marineblau, racinggreen, mattschwarz oder schwelfelgelb. Sie haben filigrane Stahlrohe, kunstvoll gearbeitete Muffen, Körbchen-Pedale und Rahmenhebel. Ihre Schaltwerke stammen von Campa, Huret, Sachs oder Favorit, wenn sie denn überhaupt eines haben. Alu- und Plastikräder von Cervelo, Canyon und Spezialized? Na ja, die fahren auch. Aber Fans des eisenharten Rennradsports bevorzugen Marken wie Peugeot, Pashley, Koga, Gazelle, Hercules oder Mittendorf. Willkommen bei den Stahlinisten, den ewig Gestrigen, den Unverbesserlichen, den Träumern. Willkommen bei der Nordica.

Bereits zum dritten Mal trafen sich die Freunde der zweirädrigen Nostalgie in Elmshorn zu einer 70 Kilometer langen Genussrunde durch die Elbmarsch. "Erst waren wir acht, dann zwölf und nun sind wir schon 16 Teilnehmer", freut sich Initiator André Konietzko von der Fahrradgruppe Rückenwind. Die Tendenz zu historschen Rennradtouren geht also eindeutig aufwärts. Die berühmte L'Eroica in der Toskana als Vorbild zu nehmen, ist sicherlich kein Fehler. Auch die hatte vor wenigen Jahren mit einem Dutzend Nostalgikern begonnen und ist heute eine der am schnellsten ausverkauften Radsportveranstaltungen weltweit. Die Qualität der Fahrräder kann es mit dem Original in Italien schon jetzt aufnehmen. Ob 79er Woodrupp oder Motobecane Jubilee Sport von 1983, die Bandbreite der Stahlklassiker ist erfreulich breit. Sogar sehr seltenes Vorkriegsmaterial oder solches, das so aussieht, startet bei der Nordica.

Da ist zu Beispiel Lars vom Altonaer Bicycle Club, mit seinem bildschönen Pashley Governor. Das klassische Eingang-Sportrad mit seinen breiten Reifen steuert er gekonnt durch die Schafscheiße am Elbdeich. Oder Heiko aus Plön. Geplagt durch die moränige Topographie Ostholsteins, fährt er eine kleine Übersetzung an seinem Hercules-Halbrenner von 1934. Schalten? Geht wie beim Pashley nicht. Nur ein Gang. Also muss Heiko in der flachen Landschaft mit ziemlicher hoher Trittfrequenz den Anschluss an die Gruppe halten. Diese besteht dieses Mal aus einem bunten Mix an Radfans, wobei die meisten mit 70er- und 80er-Jahre-Material nach Elmshorn reisten.

Von dort geht es überwiegend über kleine Straßen und Nebenwege durch weite Wiesen und Moore. Wir steuern zunächst einen Nordwestkurs. Mehrfach scheinen wir bereits die Nordsee zu riechen. Bei Kolmar blicken wir auf die Elbe, die hier bereits zu einem sehr breiten Strom angeschwollen ist. Majestätisch schieben sich ein paar chinesische Containerriesen flussaufwärts. Links das Wasser, rechts der Deich. Von seiner Krone blöken Schafe. Natur pur, auch wenn der Mensch die Elbe in eine feste Bahn weist, weil sie sonst bei Flut den Häusern ohne den Hochwasserschutz viel zu oft an die Tür klopfen würde.

Wir passieren Glückstadt. Nicht nur die Stadt hat Glück, sondern auch die Gruppe mit den Oldie-Rädern. Denn die anfangs bleiern grauen Wolken weichen immer mehr weißen Fetzen am Himmel zwischen den nun die Sonne durchscheint. Flott geht es vorwärts, bis rechts plötzlich ein Acker mit Blumenkohlköpfen auftaucht. Mittendrin steht ein Schild mit der Aufschrift "Galeria Cafe". André zieht die Bremsen und biegt scharf ab. Ruckzuck sitzen die Glücksradler auf altmodischen Sofas und Sesseln um einen gemütlichen Tisch. Den hatte André bei Abfahrt per Handy reserviert und so ist es kein Wunder, dass sofort Berge an Kuchen sowie Kannen mit Tee und Kaffee von der netten Wirtin serviert werden. Was für ein Service! Was für ein Kuchen! Was für ein Stil! Zum Tee gibt es nicht nur Zucker, sondern auch Kandies und er fließt aus einer stilvollen Kanne, die liebevoll mit einem Tropfschutz versehen ist. So eine Teetradition und liebevollen Ausschank findet man nicht allzu oft. Das hat was.

Nach der Pause sind die Wolken fast vollständig verschwunden. Ein perfekter Spätsommertag. Oder ist es schon ein Frühherbst-Samstag? Der Mannschaft ist das egal. Sie freut sich über die wärmenden Strahlen und das schöne Licht. Aber was heißt hier schon Mannschaft? "Gegenüber der letzten Nordica haben wir die Frauenquote verdoppelt", lacht André. Das heisst: Dieses Mal sind zwei Damen am Start - Odila auf einem Motoconfort Randonneur mit klassischer, französischer 650 B-Breitbereifung und Margret, die ein orangefarbenes Peugeot Course entlang der Felder und Auen lenkt.

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Die Tour führt aber nicht nur am Wasser vorbei, sondern auch darüber hinweg. Eine kleine Fähre bringt den illustren Tret-Trupp für einen Euro pro Kopf über die Stör, auf der ein Kutter und kleine Sportboote gemächlich durch die glitzernden Wellen schippern. Das ist einer der Vorteile des Fahrens mit historischen Rädern. Man lässt sich Zeit, genießt den Blick und fährt bewusster, naturnaher, entspannter. Tacho? Hat kaum einer montiert? Schnittgeschwindigkeit? Scheißegal. Der Weg ist das Ziel. Windschatten? Ja, aber mit viel Abstand zum Vordermann. Schließlich haben Mafac-Mittelzubremsen wenig mit modernen Dura-Ace-Zangen zu tun. Alte Stahlrenner verlangen nach Gefühl beim Schalten, Bremsen und Wiegetritt . Motto: Popometer statt pure Power.

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Und wer glaubt, 30 bis 80 Jahre alte Räder seien defektanfällig oder unzuverlässig, wird im Ziel eines Besseren belehrt. Ohne jede Panne erreichen die Nordica-Fahrer das Fahrradmuseum unter Reet am Rand von Elmshorn. Hausherr Jan hat ein großes Willkommen-Schild an der Hofeinfahrt platziert. Dahinter wartet seine frisch erweiterte Sesselrad-Sammlung auf die Teilnehmer - abenteuerliche Konstrukte, mit abenteuerlicher Geometrien und abenteuerlichem Fahrverhalten. Alle staunen, einige fahren damit und staunen noch mehr. Und die vielen, vielen Exponate in Scheune, Dachboden und dem ehemaligen Viehstall sind weitere Glanzlichter. Fahrräder in allen Farben, Formen und Facetten wohin das Auge blickt. Ein stimmiger Ausklang für einen radsportlichen Tag mit ganz viel Charme.

Tipp: Die nächste Nordica ist fürs Frühjahr 2014 geplant.

Bis der Admin die Bilder von StauderVolker hier einstellt, ein paar weitere Schnappschüssen von mir:

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Beitragvon Halbrenner » 22.09.2013, 22:54

Danke für den Bericht ... und die Tour! Der DIY-Tropfschutz der Teekanne hatte echt 'was.

Hat viel Spaß gemacht mit der "Tret-Truppe" auf Alte Schule zu machen. :)

Ich werde nächstes Jahr gerne wieder dabei sein.
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Beitragvon Stauder Volker » 24.09.2013, 19:33

<img src="http://bilder.helmuts-fahrrad-seiten.de ... %20594.JPG">

Das war eine gelungene Ausfahrt in größtenteils nostalgischer Kleidung und den historischen Stahlrennern durch die herrliche weite Landschaft im nordwesten von Hamburg bzw. südwesten Schleswig Holsteins. :Freu:

Es begleitete uns das Gefühl der Romantik, als wir mit unseren Oldimern über die schmalen Landwirtschaftswege und durch eine Vielzahl an kleinen Örtlichkeiten fuhren. Wir erweckten Aufmerksamkeit und wurden vereinzelt angesprochen. Autofahrer begegneten uns mit viel Rücksicht und staunten. :D Ein großes :Danke: an André für diese sehr schöne Tour.

Auch das Wetter zeigte sich zum Herbstanfang von seiner besten Seite und wir erlebten zum Abend hin entlang der Elbe schöne Lichtspiele. Highlights des Ausfluges waren die Einkehr im Galerie Café und das Fahrrad-Museum Räder unter Reet von Jan. Eine Vielzahl an Schätzen vom Einrad bis zum Vierrad mit holländischer Begleitung. Aufgrund der Vielzahl an Sehenswerten, sollte man sich ruhig einen Nachmittag Zeit nehmen.

Es war eine sehr angenehme Gruppe. Man konnte sich während der Tour rege unterhalten und dabei viel Fachsimpelei kommunizieren. Danke an Harterbrocken für den Bericht. :wink:

Hier kommen meine

<a target="_blank" href="http://bilder.helmuts-fahrrad-seiten.de ... .html">138 Bilder von der Nordica</a>.
Im Vordergrund steht der Spaß und das Team
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Beitragvon Nordmann » 26.09.2013, 21:48

Moin aus Elmshorn,

hier kommt der Link zum Streckenverlauf der Nordica III.
<a href="http://www.gpsies.com/map.do?fileId=levnbnemopbwzwcj" title="GPSies - Nordica 2 / 2013"><img src="http://www.gpsies.com/images/linkus.png" border="0" alt="GPSies - Nordica 2 / 2013" /></a>

Viele Grüße vom Nordmann
Wer bremst, verliert ...
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Beitragvon ottoerich » 27.09.2013, 12:48

das hat Spaß gemacht zu lesen - und bestimmt auch zu schreiben. Ganz abgesehen von der Tour selbst, der reinste Genuss.

Vielleicht fliegt mir ja ein alter Bock bis zum Frühjahr zu. Baumwolle sollte noch im Kleiderschrank zu finden sein. Dann komme ich mit...
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Beitragvon Helmut » 27.09.2013, 14:29

<img src="http://bilder.helmuts-fahrrad-seiten.de ... %20546.JPG">

Hier kommen von Stauder Volker

<a target="_blank" href="http://bilder.helmuts-fahrrad-seiten.de ... .html">138 Bilder von der Nordica</a>.
Zuletzt geändert von Helmut am 28.09.2013, 01:27, insgesamt 1-mal geändert.
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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Beitragvon ottoerich » 27.09.2013, 14:53

Kompliment, sehr stilsicher.

Zeit für einen Tweed-Run in Hamburg
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Beitragvon da.ho » 30.09.2013, 11:43

Oh no!! Verpasst...
Gibt es nen Newsletter o.ä. dass ich das nächste mal nicht verpasse!?
Wenn nicht immer die ganzen Autos den Verkehr behindern würden - käme man viel schneller vorran....
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Beitragvon Harterbrocken » 01.10.2013, 00:10

da.ho hat geschrieben:Gibt es nen Newsletter o.ä. dass ich das nächste mal nicht verpasse!?
Einen Newsletter hat die Nordica (noch) nicht. Doch es gibt eine Facebookseite, falls Du dort aktiv bist.
https://www.facebook.com/dienordica
Oder eben hier bei HFS reinschauen. Nächste Nordica ist fürs Frühjahr 2014 geplant. Bis dahin kannst Du fleissig Deinen Klassiker putzen.
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Beitragvon da.ho » 02.10.2013, 16:56

Das ist ja das Problem -> Die sind alle geputzt !!! ;)

Danke für den Hinweis... Ich hasse zwar FB :mad: aber dafür kann man ja mal ne Ausnahme machen...
Wenn nicht immer die ganzen Autos den Verkehr behindern würden - käme man viel schneller vorran....
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Beitragvon ottoerich » 03.12.2013, 18:03

<IMG src="http://666kb.com/i/cjsbthy2elt9vooam.jpg" width="800">

Hat jemand ein Stukenbrok-Modell schon einmal auf dem Markt entdecken können und kann mir sagen, wie diese gehandelt werden? Ich frage aus reiner Neugier.

Den Katalog der Firma habe ich schon und schwelge munter weiter...

Man beachte: "Vier Wochen zur Probe", ganz ohne Widerspruchsrecht pipapo.
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Beitragvon Helmut » 03.12.2013, 20:52

August Stukenbrok hat geschrieben:Ohne Pneumatik... Mit Pneumatik...
Die ersten luftgefederten Reifen war nicht nur teurer, sie waren auch nicht pannensicher, Pannen waren aufwendig zu beheben, deshalb die Auswahl.

http://www.otto-just.de/pdf/Geschichte_des_Reifen.pdf
Zuletzt geändert von Helmut am 03.12.2013, 20:53, insgesamt 1-mal geändert.
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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Beitragvon Halbrenner » 06.12.2013, 20:50

ottoerich hat geschrieben:Hat jemand ein Stukenbrok-Modell schon einmal auf dem Markt entdecken können und kann mir sagen, wie diese gehandelt werden? Ich frage aus reiner Neugier.
Ich fürchte, das kannst Du kniggen ... Aber sehr schönes Teil, auch wenn ich das Kettenblatt als ein wenig zu klein geraten empfinde. :HaHa: Ansonsten selber so etwas aus verschiedenen Teilen zurecht basteln. Einen hundert Jahre alten Halbrenner im Originalzustand aufzutreiben, dürfte mittlerweile äußerst schwierig und kostspielig sein. Falls Du dennoch ein, zwei "Arminius" auftreiben solltest, kannst Du mir gerne eine Nachricht zukommen lassen ... :cool:
Altonaer Bicycle-Club von 1869/80.

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