Critical Mass Hamburg 05'12 (Berichte, Bilder + Videos)

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Harterbrocken
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Critical Mass Hamburg 05'12 (Berichte, Bilder + Videos)

Beitragvon Harterbrocken » 26.05.2012, 01:35

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<b>Critical Mass Hamburg im Mai 2012
Sie behindert nicht den Verkehr, sie ist der Verkehr</b>


Nun ist es passiert. Ich war bei der "Kritischen Masse" dabei. Beim Light-Night-Ride waren regelmäßige Critical Mass-Teilnehmer mit von der Partie, die mir empfahlen, beim Critical Mass mitzufahren - quasi als Gegeneinladung. So was darf man natürlich nicht ausschlagen. Außerdem bin ich immer neugierig und möchte mitreden können.

Mit dem Vorurteil in der Tasche, dass hier sehr politisch fürs Fahrrad demonstriert wird, fuhr ich auf einem Klapprad zum Start beim Uni-Audimax. Alles locker, Musik, leichte Kleidung, Bierflaschen kreisen. Das Publikum rekrutiert sich überwiegend aus studentischen Kreisen. Dazu Radkuriere, BMX-Sportler und sonstige Lebenskünstler; alles sehr bunt. Auch ein paar Silberfüchse im Rentenalter sind dabei.

Critical Mass-Fahrten stehen immer unter einem bestimmten Motto. Heute hieß es "Hässliche Klamotten, Bad Taste..." Von wegen hässlich. Was ich sah, war das Gegenteil. Sehr schöne Räder und noch schönere Besitzerinnen. Also das hat was. Ich treffe auch ein paar Teilnehmer vom Light-Night-Ride.

Um 19.30 Uhr geht es los. Schätzungsweise 1.000 (!) Radfahrer strampeln langsam durch die Stadt. Die Strassen gehören der kritischen Masse. Autos haben keine Chance. Stillstand. Die große Personenzahl gibt ein Gefühl der Überlegenheit. Wir fahren, der Rest steht. Laute Technomusik aus mehreren Lautsprecher-Anhängern wirkt stimulierend.

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Das Tempo ist locker, man redet, sehr angenehm. Rote Ampeln sind egal. Die Kritische Masse ist bestimmt einen Kilometer lang. Was für ein imposantes Bild. Bei einigen sorgt das für ein Gefühl der Unverletzbarkeit, die Anonymität der Masse macht mutig. Wer hupt, kriegt als Antwort ein Grölkonzert zurück.

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Dass Kreuzungen wie auf der Hoheluftchaussee völlig falsch befahren werden, also verkehrswidrig, macht mich nachdenklich. Ist das okay? Oder Rüpeltum, der der Sache nur schadet? Ich muss hier meine Eindrücke noch sortieren und bewerten.

Bedenklich finde ich, dass sich ausgerechnet aktive ADFC-Mitglieder als Hilfssherriffs und Fahrrad-Missionare aufspielen. Das Absichern von Kreuzungen, also das Blockieren des Autoverkehrs, mag ja noch angehen. Doch ich werde den Eindruck nicht los, dass einige die Konfrontation gezielt suchen und nur auf Provokationen warten. Den Oberlehrerton gegenüber genervten Autofahrern halte ich jedenfalls für völlig verfehlt. Das wirkt kontraproduktiv. Zu lauteren, verbalen Schamützeln kam es nach meiner Beobachtung aber zum Glück nur mit zwei Harley-Fahrern am Hauptbahnhof und auf der Reeperbahn.

Ansonsten waren die Publikumsreaktionen positiv. Oft hörte ich: "Da fahre ich nächstes Mal mit." Vorbildlich fand ich die Reaktion eines Oldtimerfahrers in seinem Volvo P 1800, der sowohl in Altona wie in der Schanze im Critical Mass Stau landete. Der Arme. Stoisch nahm er das Geschehen hin und zuckte nur mit den Achseln. Ja, Recht hat er. Was soll es? Einfach warten; bis alle an einer Stelle durch sind, vergehen etwa 10 Minuten. Ein Blaulichtwagen sichert hinten ab. Die Polizisten sind entspannt und ahnden die offensichtlichen Verstöße nicht. Das ist sicher richtig im Sinne der friedlichen Grundstimmung.

Dass offenbar auch Rennradsportler mit von der Partie sind, wird durch folgenden Dialog belegt. Er: "Ist Dir das nicht zu langsam, ist doch kein Training?" Sie: "Nö, nö, das ist gutes Training. Die Masse schult Spurhaltung, Balance, Windschattenfahren und Radbeherrschung bei langsamen Tempo. Das kann man gut gebrauchen wenn man im Pulk fährt." Okay, so kann man das also auch sehen.

Auf jeden Fall wird länger gefahren, als ich erwartet hatte, gut drei Stunden. Das ist nonstopp auf einem Klapprad gar nicht so ohne. Zum Abschluß recken bereits im Dunkeln alle ihre Räder auf der Kreuzung Stresemannstasse/Schulterbaltt spektakulär in die Höhe. Einige Autofahrer, speziell Taxi-Kutscher, reagieren auf die kurzzeitige Blokade genervt und hupen wild. Wieder lautes Triumphgegröle.

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So, mein Vorurteil ist zumindest zum Teil widerlegt. Der Critical Mass ist eine überwiegend positive Erscheinung. Echte Krawallmacher und Provokateure sind mir nicht aufgefallen, sondern eher entspanntes Partyvolk. Gut so. Ich finde das gut. Ob die Bewegung tatsächlich was bewegt, bleibt allerdings abzuwarten.

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Bilder: Critical Mass Hamburg
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Re: Critical Mass Hamburg (Bericht+Bilder)

Beitragvon Schattenfell » 27.05.2012, 00:42

Harterbrocken hat geschrieben:Critical Mass-Fahrten stehen immer unter einem bestimmten Motto.
Naja, nicht immer. Mottos gibt’s nur, wenn dem Typen auf der facebook-Seite was einfällt, sonst ist das halt eine einfache Radtour. Im Sinne der Critical Mass sollte es ja sowieso eigentlich keine Mottos geben, das ist rechtlich eigentlich auch nicht so ganz einwandfrei, hat es doch recht schnell den Beigeschmack einer Veranstaltung, die es ja eigentlich nicht sein soll.
Harterbrocken hat geschrieben:Rote Ampeln sind egal.
Nein, eigentlich nicht. Rote Ampeln gelten nur für den Anfang eines Verbandes, fährt der aber bei grün in die Kreuzung ein, fährt der kilometerlange Rest der Masse hinterher, egal welche Farbe die Ampel zeigt.

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Harterbrocken hat geschrieben:Dass Kreuzungen wie auf der Hoheluftchaussee völlig falsch befahren werden, also verkehrswidrig, macht mich nachdenklich. Ist das okay? Oder Rüpeltum, der der Sache nur schadet? Ich muss hier meine Eindrücke noch sortieren und bewerten.
Ich finde, man müsste da differenzieren. Wir sind an der besagten Stelle nach links abgebogen, wo es für Kraftfahrzeuge verboten war, für Radfahrer stand ja die Ampel als Querungsmöglichkeit zur Verfügung. Das Linksabbiegeverbot für Kraftfahrzeuge ergibt sich dort meines Erachtens aus der baulichen Gegebenheit der Kreuzung, vielleicht hatte man auch keine Lust, für diese relativ kleine Straße noch eine Abbiegemöglichkeit über vier Fahrspuren zu schaffen, es scheint dort keine direkte Gefahr gegenwärtig, die ein Linksabbiegen unabdingbar gemacht hätte. Wäre das Linksabbiegen dort erlaubt gewesen, hätte sich derselbe Effekt ergeben: Die Masse biegt minutenlang links ab und die Autofahrer hupen. Insofern: Es war verboten, aber nicht unbedingt überdurchschnittlich gefährlich, also bin ich damit zwar auch nicht so richtig glücklich, kann mir aber schlimmere Dinge vorstellen.

Nach meiner inzwischen einjährigen Erfahrung mit der Hamburger Critical Mass habe ich mich soweit abgefunden, dass sich die Masse nunmal zu solchen Manövern entscheidet, da kann man als einzelner nichts dagegen tun. Wende- oder Abbiegeverbote missachten, gegen nicht-freigegebene Einbahnstraßen fahren, durch Fußgängerzonen radeln, klar, das finde ich alles nicht toll, das ist alles nicht ganz so ungefährlich, aber es gibt schlimmeres.

Was zum Beispiel gar nicht geht, sind die Leute, die ganz vorne fahren und dann aus Spaß über rote Ampeln fahren. Wie gesagt, für den Kopf der Masse sind die Ampeln durchaus verbindlich, aber leider finden sich immer wieder einige Teilnehmer, die eher auf Krawall aus sind und sich mit ihren Rädern in den fließenden Querverkehr stürzen. Das ist gefährlich, das geht gar nicht, das gab auch im letzten Sommer eben ein paar blöde Situationen. Über den Winter haben wir dieses Verhalten sehr erfolgreich abgestellt, aber bei so einer großen Teilnehmerzahl lässt es sich eben nicht vermeiden, dass vorne solche Leute fahren. Meistens wechselt das ja auch ständig, gerade solche Krawallmacher werden gerne nach hinten durchgereicht.

Ebenfalls nicht so toll finde ich die Fahrt durch den Bahnhof Altona, durch die Schlachthofpassage oder das Hanse-Viertel, das ist schon wegen der Glastüren immer eine gewagte Sache. Das gleiche gilt für die vielen Parkhäuser, das ist zwar immer ein großer Spaß und natürlich etwas besonderes, leider geht dabei aber auch fast immer eine Schranke kaputt. Die lässt sich zwar binnen drei Minuten mit dem Schraubendreher wieder reparieren, aber das muss ja eigentlich trotzdem nicht sein.

<IMG src="http://www.criticalmass-hamburg.de/wp-c ... %20094.jpg" width="725">
Harterbrocken hat geschrieben:Bedenklich finde ich, dass sich ausgerechnet aktive ADFC-Mitglieder als Hilfssherriffs und Fahrrad-Missionare aufspielen. Das Absichern von Kreuzungen, also das Blockieren des Autoverkehrs, mag ja noch angehen. Doch ich werde den Eindruck nicht los, dass einige die Konfrontation gezielt suchen und nur auf Provokationen warten. Den Oberlehrerton gegenüber genervten Autofahrern halte ich jedenfalls für völlig verfehlt. Das wirkt kontraproduktiv. Zu lauteren, verbalen Schamützeln kam es nach meiner Beobachtung aber zum Glück nur mit zwei Harley-Fahrern am Hauptbahnhof und auf der Reeperbahn.
Das Absichern der Radfahrer gegenüber des Querverkehres muss aber leider sein. Sonst fährt nämlich so gut wie jeder Kraftfahrzeugführer direkt zwischen die Radfahrer, sobald seine Ampel auf grün schaltet, denn schließlich hat er ja grün und in der Regel leider keine Ahnung, dass die Masse gewissermaßen das Sonderrecht genießt, insgesamt als ein einizges Fahrzeug die Kreuzung zu queren. Es gab in der Vergangenheit leider regelmäßig hässlichere Vorfälle, wenn eine Kreuzung nicht abgesichert war, denn leider haben viele Autofahrer tatsächlich den Drang, mitten in die Masse zu fahren. Was sie dort wollen ist mir schleierhaft, denn ganz egal ob die kritische Masse sich innerhalb der Straßenverkehrs-Ordnung bewegt oder nicht, es sollte jedem Autofahrer klar sein, dass sich die aberhunderten Räder nicht plötzlich in Luft auflösen, geschweigedenn allesamt beiseite fahren können, damit der Autofahrer freie Fahrt hat. Und wenn so ein Autofahrer dann erst zwischen den Rädern feststeckt, dann geht der Ärger erst richtig los.

Dass beim Absichern dann auch mal das eine oder andere dumme Wort fällt ist wohl kaum zu vermeiden, mir wäre die Freundlichkeit dann auch irgendwann vergangen bei dem ganzen Kram, den man sich da durchs Autofenster anhören muss.
Harterbrocken hat geschrieben:Echte Krawallmacher und Provokateure sind mir nicht aufgefallen, sondern eher entspanntes Partyvolk.
Wenn ich die Krawallmacher aufsummiere, komme ich im vergangen Jahr auf nicht einmal ein Prozent der Teilnehmer. Das ist aber leider immer noch viel, weil gerade solche Leute maßgeblich das Bild der Critical Mass bestimmen.

Bilder: Critical Mass Hamburg
Zuletzt geändert von Schattenfell am 27.05.2012, 03:27, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitragvon Helmut » 27.05.2012, 02:02

<IMG src="http://www.criticalmass-hamburg.de/wp-c ... %20055.jpg" width="725">

Herzlichen Dank Euch beiden für die Einblicke in die Critical Mass Hamburg, unter der ich mir bisher wenig vorstellen konnte. Ein Video vom Start (da ist die Karawane noch dichtgedrängt) belegt, dass es selbst dort schon 2 ½ Mintuten dauerte, bis der gesamte Tross an dem Videofilmer vorbei gezogen war – länger als die meisten Ampelphasen.

Klar ist nun für mich, dass ich künftig ab und zu dort mitfahren werde, wahrscheinlich auch am 29. Juni.

Die Videos und viele Bilder von der Critical Mass Hamburg im Mai 2012 finden sich hier:

http://www.criticalmass-hamburg.de/
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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Beitragvon Schattenfell » 27.05.2012, 02:18

Helmut hat geschrieben:Klar ist nun für mich, dass ich künftig ab und zu dort mitfahren werde, wahrscheinlich auch am 29. Juni.
Man muss allerdings als „Neuling“ eben damit rechnen, dass es ein paar Situationen gibt, die man nicht so toll findet. Die Sache mit den roten Ampeln geht halt hin und wieder mal daneben, manche Fahrmanöver sind eben gewöhnungsbedürftig und manchmal sind plötzlich ein paar Leute an der Spitze, die eher auf Konfrontationen aus sind. Ich habe mich nach meiner ersten Tour am 24. Juni 2011 auch unglaublich aufgeregt, weil im Gedächtnis wie oben erwähnt eben die Leute bleiben, die bei roter Ampel in den Querverkehr hüpfen oder sich mit wütenden Autofahrern anlegen.

Trotzdem habe ich seitdem keine einzige Tour verpasst: insgesamt überwiegt die großartige Stimmung deutlich, man lernt unendlich viele nette Leute kennen und es ist eben ein tolles Erlebnis, mit mehreren hundert Menschen durch die Stadt zu radeln.
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Beitragvon Harterbrocken » 27.05.2012, 08:52

Schattenfell hat geschrieben:Man muss allerdings als „Neuling“ eben damit rechnen, dass es ein paar Situationen gibt, die man nicht so toll findet. Die Sache mit den roten Ampeln geht halt hin und wieder mal daneben, manche Fahrmanöver sind eben gewöhnungsbedürftig und manchmal sind plötzlich ein paar Leute an der Spitze, die eher auf Konfrontationen aus sind.
Da hast Du recht. Als "Neuling" wundert man sich natürlich über ungewohnte, unerhörte, unmögliche und unerlaubte Situationen. Mit regelmäßiger Teilnahme entsteht Gewöhnung, Routine, Abstumpfung. Aber macht es das besser? Nein, natürlich nicht! Nicht falsch verstehen: Ich fand 98 Prozent der Tour okay. Doch gerade die zwei Prozent illegales Verhalten und Danebenbenehmer schaden der Sache.

Und die Sache ist eine gute Sache und verdient jede Unterstützung; auch von der Politik, der Wirtschaft, der Kirche... . Doch sollte CM einen illegalen Touch kriegen, nehmen potentielle Unterstützer Abstand. Das ist leider so. Und das wäre schade, sehr schade. Und die Presse ist ja dank Herrn Ramsauer schon gut gefüllt mit Rad-Rambo-Themen. Warum also dieser Diskussion zusätzlich Zündstoff liefern?

Mir ist klar: 100 Prozent korrektes Verhalten sind Utopie, bei 1.000 Teilnehmern nicht möglich. So gesehen war die Mai-CM voll im Rahmen. Thema Abbiegen Hoheluftchaussee: Also entweder nutze ich als Radfahrer die Straße wie mit dem Auto oder eben den Radweg. Aber beides mischen? Einfach die Privilegien von Rad- und Autolenker verlinken? Sehr reizvoll, ich weiß, und gängige Praxis. Radkuriere beherrschen das geradezu virtuos. Doch unter Bobachtung genervter Autofahrer und Polizei buchtstäblich der Holzweg. Sondern: Entweder konsequent die Straße befahren und richtig abbiegen. Oder eben den Radweg. Und auch richtig abbiegen... Alles andere endet in der Sackgasse.

Übrigens: Kurz vor dem fraglichen Manöver herrscht in der Spitzengruppe Konfusion. Links, rechts, geradeaus? Wohin? Einige biegen nach links in die Kopfsteinpflasterstraße ab. Gepöpel von hinten: "Eeyy, ihr da, nicht aufs Kopfstein!" Die Folge: Wilde Schlenker unterm U-Bahnviadukt. Eine Handvoll Fahrer ist schon zu weit, drehen um. Andere radeln munter auf der Gegenspur und umkurven verwunderte Autofahrer. Sorry, geht nicht. Opa Heinz aus Pinneberg in seinem VW Jetta zu Besuch bei Enkelin Tabea in Eppendorf dürfte so eine Situation jedenfalls in den persönlichen Grenzbereich bringen.

Im Sinne einer guten CM-Zukunft wäre eine klare Ansage an Abweichler wünschenswert. Auch hierbei wirkt ja die Macht der Masse. Wer Scheiße baut, sollte ein deutliches Kontra von der Mehrheit zu spüren bekommen. Klingt einfach, ist es aber wahrscheinlich nicht. In diesen Kreisen wird man sonst viel zu schnell zum Spießer.

Meine Eindrücke sind inzwischen gesackt und meine Position klar: Tolle Sache, unterstützenswert!

Hier mal meine persönliche Top-und-Flop-Liste. Die geringe Zahl der Minuszeichen zeigt meine positive Grundstimmung.

- Rote Ampel als Kopffahrer querren, falsch abbiegen
- Autofahrer anpöpeln, Stinkefinger, Provokationen etc.
- Wildes Geheize mit bis zu 35 km/h, Slalom durch andere Teilnehmer

+ Bier am Bike (auch nicht ganz korrekt, aber hebt die Stimmung)
+ Coole Bikes jeder Art
+ Coole Klamotten jeder Art
+ Coole Mädels jeder Art
+ Schöne Strecke
+ Lange Strecke
+ Gute Mucke (könnte auch noch einen Soundanhänger beisteuern)
+ Originelles Licht am Rad (kleines Hobby von mir)

Kurzum: Nächstes Mal wieder dabei.
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Beitragvon Ötzy » 27.05.2012, 11:45

Vielen Dank für den Bericht und die Darstellungen von Harterbrocken und Schattenfell. Die Kritikpunkte decken sich mit meiner Erfahrung vom 2. Light-Night-Ride. Die Aussicht auf 3 Stunden gemütliche Vielfältigkeit werden mich aber sicher auch mal teilnehmen lassen.

Wird es in Zukunft einen Streckenplan geben? Dann kann man ggf. später zusteigen oder eben früher aussteigen. Da die Veranstaltung polizeilich abgesegnet wird, sollte das doch möglich sein.

Die Ansage bezüglich der Verkehrsregeln während einer "Critical Mass" sind ebenso eindeutig definiert wie die bei RTF-Veranstaltungen:
http://www.criticalmass-hamburg.de/crit ... hrsregeln/

In diesem Sinne!

:cool: tzy
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Beitragvon Schattenfell » 27.05.2012, 13:09

Harterbrocken hat geschrieben:Thema Abbiegen Hoheluftchaussee: Also entweder nutze ich als Radfahrer die Straße wie mit dem Auto oder eben den Radweg. Aber beides mischen? Einfach die Privilegien von Rad- und Autolenker verlinken? Sehr reizvoll, ich weiß, und gängige Praxis. Radkuriere beherrschen das geradezu virtuos. Doch unter Bobachtung genervter Autofahrer und Polizei buchtstäblich der Holzweg. Sondern: Entweder konsequent die Straße befahren und richtig abbiegen. Oder eben den Radweg. Und auch richtig abbiegen... Alles andere endet in der Sackgasse.
Für das Thema ist aber die beschriebene Stelle der falsche Aufhänger. Ob wir links oder rechts abgebogen wären, die Autofahrer hätten ob der Wartezeit von mehreren Minuten sowieso gehupt. Ich behaupte einfach mal, dass mindestens 80 Prozent der Autofahrer in dieser Situation gar nicht bewusst war, dass wir dort regelwidrig nach links abgebogen sind. Dass es keiner weiß, macht es zwar nicht besser, aber ganz egal, was man in solchen Situationen tut, ob wir links oder rechts abbiegen, die Autofahrer hupen nun mal. Das regelwidrige Abbiegen gehört meines Erachtens noch zu den harmlosesten Situationen, sofern man eben die querende Straße vernünftig absichert und anschließend auf der richtigen Fahrbahn landet.
Ötzy hat geschrieben:Wird es in Zukunft einen Streckenplan geben? Dann kann man ggf. später zusteigen oder eben früher aussteigen. Da die Veranstaltung polizeilich abgesegnet wird, sollte das doch möglich sein.
Das wird leider nicht klappen. Es gab ja durchaus schon solche Versuche, auf Google Maps eine Route einzuzeichnen und herumzuschicken, aber spätestens nach drei oder vier Kreuzungen hält sich da niemand mehr dran. Wo es langgeht wird eben vorne ausgewürfelt, wobei es eigentlich ein bisschen Schade ist, dass ständig die gleichen Ziele angesteuert werden. Jungfernstieg, Wallringtunnel, Hafencity und Reeperbahn werden eigentlich immer angefahren, jenseits von Altona oder St. Georg, geschweigedenn deutlich nördlicher vom Hauptbahnhof findet man sich seltener wieder.
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Beitragvon Harterbrocken » 27.05.2012, 23:31

Schattenfell hat geschrieben:Wo es langgeht wird eben vorne ausgewürfelt, wobei es eigentlich ein bisschen Schade ist, dass ständig die gleichen Ziele angesteuert werden. Jungfernstieg, Wallringtunnel, Hafencity und Reeperbahn werden eigentlich immer angefahren, jenseits von Altona oder St. Georg, geschweigedenn deutlich nördlicher vom Hauptbahnhof findet man sich seltener wieder.
Okay, dann übernehmen wir nächstes Mal die Spitze und fahren in den Stadtpark und zum Flughafen. Mal was Neues.
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Beitragvon Geölter Blitz » 29.05.2012, 02:24

Ötzy hat geschrieben:Die Ansage bezüglich der Verkehrsregeln während einer "Critical Mass" sind ebenso eindeutig definiert wie die bei RTF-Veranstaltungen:
http://www.criticalmass-hamburg.de/crit ... hrsregeln/
Ja, prima, aber das reicht wohl nicht.

Wer in diesem Zusammenhang ob dieser Erfahrungen nicht nur klar ansagt, was er sehen, sondern auch was er nicht erleben will, erweckt den Eindruck, dass er das Fehlverhalten einzelner Teilnehmer stillschweigend hinnimmt.

Auch dazu wünsche ich mir klare Worte von

http://www.criticalmass-hamburg.de/ und

https://www.facebook.com/criticalmasshamburg
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Ja wir sind die Herren der Welt

Beitragvon Grotefend » 30.05.2012, 14:11

Während der Pfingsttage war ich zum Kommilitonentreffen in Münster. Erstaunt war ich, wie sich gegenüber meiner Studienzeit und gelegentlichen Besuchen danach, der Radfahrverkehr dort entwickelt hat. Selbst wenn mir die Behauptung eines Fahrradhändlers*), in Münster gäbe es dreimal soviel Fahrräder wie Einwohner, ein wenig übertrieben scheint, unglaublich viele sind es schon. Und die werden auch benutzt. Die Folgen sind für alle, die nicht Fahrrad fahren, spürbar: WIR SIND DIE HERREN DER WELT! wird nicht nur Autofahrern, sondern allen, insbesondere auch Fußgängern, immer und überall signalisiert. Verkehrsregeln, selbst rote Ampeln, werden nur als Anregung oder unverbindlicher Vorschlag betrachtet. Die schiere Menge setzt sich durch und walzt alles andere nieder.

Wenn ich jetzt den nachdenklichen Bericht von Harterbrocken und die relativierenden Gegenreden von Schattenfell lese, kommt es mir so vor, als hätte man in Münster jeden Tag Critical Mass. Und da beschleichen mich Zweifel, ob es nicht auch bezüglich der Förderung des Radverkehrs eine Grenze der Verträglichkeit gibt. Natürlich ist es in Münster genau wie beim Critical-Mass in Hamburg nur ein geringer Prozentanteil, der den (schlechten) Ton angibt, die große Masse aber folgt diesen Leithammeln ohne eigenes Nachdenken. Für die negativen Folgen solchen Verhaltens ist dies allerdings ohne Belang.

Für mich steht daher jetzt fest: Nach diesen Berichten werde ich nicht an einer Critical-Mass-Demo teilnehmen.

*) @ mad-mat: Traumhaft schöne Fixies
Sonne in den Speichen sieht nur, wer sein Rad bewegt.
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Re: Ja wir sind die Herren der Welt

Beitragvon Schattenfell » 30.05.2012, 18:37

Grotefend hat geschrieben:Die Folgen sind für alle, die nicht Fahrrad fahren, spürbar: WIR SIND DIE HERREN DER WELT! wird nicht nur Autofahrern, sondern allen, insbesondere auch Fußgängern, immer und überall signalisiert. Verkehrsregeln, selbst rote Ampeln, werden nur als Anregung oder unverbindlicher Vorschlag betrachtet. Die schiere Menge setzt sich durch und walzt alles andere nieder.
Das würde ich ja durchaus differenzierter sehen. Ich glaube nicht, dass sich so sehr viele Radfahrer nicht an die Verkehrsregeln halten, weil sie das ökologischere Fahrzeug benutzen, auch wenn die Polizei das immer wieder behauptet. Dass beim Radfahren einiges im Argen liegt, halte ich einfach für das Resultat von mehreren Jahrzehnten verquerer Radverkehrspolitik, die eher eine Weg-von-der-Straße-Politik war. Der jetzige Zustand ist mindestens verursacht durch fehlende Bildung und Regelkenntnis auf der einen Seite, weil man von Radfahrern offenbar verlangt, sie studierten aus eigenem Antrieb regelmäßig die Straßenverkehrs-Ordnung und hätten auch die nötige Ausbildung, um deren Inhalt zu verstehen, andererseits treiben die Straßenverkehrsbehörden ein Verwirrspiel lokaler Eigenheiten, damit auch wirklich niemand durchblickt, wie und wo und wohin man überhaupt auf welchem Straßenteil radeln darf.

In meiner Heimatstadt beispielsweise ist generell jeder Radweg benutzungspflichtig und sofern es keinen gibt und man nicht gerade in einer Tempo-30-Zone unterwegs ist, wird eben der Gehweg entsprechend beschildert. In Eckernförde hingegen sind offenbar nach dem Willen der Behörde per Definition alle Radwege benutzungspflichtig, ganz egal ob rechts- oder linksseitig. Die Beschilderung ist so lückenhaft, dass man sich überhaupt nicht an die Straßenverkehrs-Ordnung halten kann. In Wedel ist das ganz ähnlich, da wird auch ausgewürfelt, ob ein Radweg nach einer Kreuzung benutzungspflichtig weitergeführt wird oder nicht und über Hamburg brauchen wir wahrscheinlich gar nicht reden.

Ein Radfahrer aus Eckernförde wird zum Beispiel in Hamburg aber weiterhin ohne böse Hintergedanken auf der linken Straßenseite radeln, wie es bei ihm zu Hause Zeit seines Lebens erlaubt war. Kommt man aus meiner Heimatstadt, wird man in Wedel, wo es verhältnismäßig wenig Radwege gibt, auf dem Gehweg weiterradeln, weil man gelernt hat, wie gefährlich es doch auf der Fahrbahn sei. Diese ganzen Probleme haben weder Fußgänger noch Autofahrer.

Ich könnte da noch eine halbe Stunde weiterschreiben, aber leider ruft schon wieder die Uni.
Bagdad-Biker

Was sagt das Gesetzbuch dazu???

Beitragvon Bagdad-Biker » 31.05.2012, 19:28

Ich werfe einfach mal die Frage nach der rechtlichen Situation in den Raum. Soweit ich das verstanden habe, ist eine CM offizell keine Demonstration. Dies scheint mir allerdings Augenwischerei zu sein, um die Anmeldung als eine solche und die damit verbundenen Auflagen zu umgehen. Verstünde sich eine CM nicht als Demo, wäre sie doch im Grunde sinnlos und stünde zudem in gewissem Wiederspruch zu ihrem Namen, oder? War der Ursprungsgedanke der CM nicht, das Augenmerk auf die Wünsche und Bedürfnisse der Radfahrer zu lenken?

Wie verhält sich denn die rechtliche Situation bezüglich von Aufrufen zu einer CM? Ich denke da an die Facebookpartys, die vor einiger Zeit durch die Medien gingen. Wurden da nicht der/die Aufrufer haftbar gemacht? Gilt jemand, der zu einer CM aufruft als Veranstalter? Inwieweit ist er haftbar zu machen? Und gilt eine CM als anmeldepflichtige Veranstaltung, sobald es sich nicht mehr um ein spontanes Treffen, sondern um eine geplante und angekündigte "Aktion" handelt?

Die Sache mit dem Verbandfahrt und der Überquerung roter Ampeln steht tatsächlich in der StVO. Darüber war ich sehr erstaunt. Ich kannte sowas bisher nur von Einsatzfahrzeugen (BW, THW, usw.). Diese müssen aber ein festes Führungsfahrzeug und ein Schlussfahrzeug haben, welche entsprechend zu kennzeichnen sind. Gilt das für CM auch?

Das zeitweise Sperren/Absichern von Übergängen durch Teilnehmer mag sinnvoll sein, aber ist das legal?

Etwas erbost war ich über die Aussage von Schattenfell bezüglich des falsch Abbiegens. Meiner Meinung nach gibt es da nichts zu differenzieren oder zu legitimieren. Es obliegt sicherlich nicht den Teilnehmern einer CM sich über Gesetze hinwegzusetzen und die StVO nach Belieben zu dehnen.

Letztendlich brennt sich ein schlechtes Bild fester ins Hirn, als ein gutes. Auch sind solche Bilder medienwirksamer. Welche Zeitung bringt denn schon Berichte über friedliche 1. Mai-Demos? Schlagzeile aller Tageszeitungen am 2.5.: Mai Krawalle in Stadt XY

Und in diesem Hinblick stellt sich mir die Frage, ob das, womöglich nur vereinzelt auftretende, Fehlverhalten nicht mehr schadet, als die ganze CM nutzt.
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Zitieren

Beitragvon Grotefend » 31.05.2012, 22:59

@ Schattenfell.

Eine herzliche Bitte: Reiße ein Zitat bitte nicht aus dem Zusammenhang. Ich hatte nicht allgemein das Verhalten von Radfahrern bewertet, sondern meine an den Pfingstagen in Münster gemachten Beobachtungen geschildert.

Dadurch, dass du diesen Kontext weglässt, entsteht ein falscher Eindruck. Das mag ich nicht.

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Re: Zitieren

Beitragvon Helmut » 31.05.2012, 23:17

Grotefend hat geschrieben:@ Schattenfell.

Eine herzliche Bitte: Reiße ein Zitat bitte nicht aus dem Zusammenhang. Ich hatte nicht allgemein das Verhalten von Radfahrern bewertet, sondern meine an den Pfingstagen in Münster gemachten Beobachtungen geschildert.
Ich weiß es nicht mehr genau, halte es aber nicht für unwahrscheinlich, dass ich als Admin das Zitat gekürzt habe, wie ich es vielfach tue, um die Lesbarkeit des Freds zu verbessern.

Wenn es so war, täte es mir Leid, wollte dadurch keineswegs einen falschen Eindruck erzielen.
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
Schattenfell
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Beitragvon Schattenfell » 02.06.2012, 00:35

Geölter Blitz hat geschrieben:Wer in diesem Zusammenhang ob dieser Erfahrungen nicht nur klar ansagt, was er sehen, sondern auch was er nicht erleben will, erweckt den Eindruck, dass er das Fehlverhalten einzelner Teilnehmer stillschweigend hinnimmt.
Zumindest was das schon mehrfach angesprochene Thema mit den roten Ampeln angeht, wird nichts stillschweigend hingenommen. Solche Leute bekommen inzwischen durchaus eine recht klare Ansage, dass es so nicht läuft, aber das kann eben technisch bedingt auch ein paar hundert Meter dauern. Als einzelner Teilnehmer hat man nunmal gar keinen Einfluss darauf, was andere tun und kann schon gar nicht solche Leute, die den Verband bei rot mitten auf die Kreuzung führen, irgendwas unternehmen, außer dass man sich nach vorne durchkämpft und die Sache besser in die Hand nimmt.

Prinzipiell ist aber jeder selbst für sein Handeln verantwortlich. Ich kann nichts dagegen tun, wenn jemand marodierend und außenspiegelabtretend über die Gehwege heizt, andere Teilnehmer sind da auch machtlos. Sowas ist allerdings meines Wissens bislang auch noch nicht passiert.

Falls du dich auf die Sache mit dem falschen Abbiegen beziehst, kann ich da nur noch mal betonen, was ich später im Beitrag noch mal vorbringen möchte: ich kann nichts dagegen unternehmen, es bleibt mir nichts andes übrig, als es so hinzunehmen. Ich finde es nicht toll, ganz im Gegenteil, aber ich kann mich damit abfinden, weil es wenigstens gemessen an der Gefährdung ein relativ harmloses Manöver ist.

Womöglich ist das auch ein Mangel beim Konzept des fehlenden Veranstalters: es gibt eben keinen, der da eine ganz klare Ansage machen kann, es gibt keinen, der andere Teilnehmer rauswerfen kann. Es gibt allenfalls lose Treffen verschiedener Teilnehmer in Gruppen von zehn bis zwanzig Radfahrern, die sich dann anschließend über solche Vorfälle unterhalten und eben überlegen, wie man dem entgegenwirken kann und was man besser machen kann, aber es ist nunmal nicht zu verhindern, dass sich plötzlich wieder jemand vorne findet, der bei rot in den Querverkehr hüpft. Es lässt sich allenfalls die Wahrscheinlichkeit reduzieren und das ist im Winter ganz prima gelungen.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Ich werfe einfach mal die Frage nach der rechtlichen Situation in den Raum. Soweit ich das verstanden habe, ist eine CM offizell keine Demonstration. Dies scheint mir allerdings Augenwischerei zu sein, um die Anmeldung als eine solche und die damit verbundenen Auflagen zu umgehen. Verstünde sich eine CM nicht als Demo, wäre sie doch im Grunde sinnlos und stünde zudem in gewissem Wiederspruch zu ihrem Namen, oder? War der Ursprungsgedanke der CM nicht, das Augenmerk auf die Wünsche und Bedürfnisse der Radfahrer zu lenken?
Der Ursprungsgedanke der Critical Mass ist sich mit anderen Fahrradfahrern zu treffen und durch die Stadt zu fahren. Wir demonstrieren dabei allenfalls implizit dafür, dass der Straßenverkehr nunmal auch aus Fahrrädern bestehen kann, es ist aber eben keine explizite Demonstration für mehr Fahrradwege oder gegen die autogerechte Stadt oder was auch immer. Weil es eben keine Demonstration ist, kann man sie auch nicht als solche anmelden.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Wie verhält sich denn die rechtliche Situation bezüglich von Aufrufen zu einer CM? Ich denke da an die Facebookpartys, die vor einiger Zeit durch die Medien gingen. Wurden da nicht der/die Aufrufer haftbar gemacht? Gilt jemand, der zu einer CM aufruft als Veranstalter? Inwieweit ist er haftbar zu machen? Und gilt eine CM als anmeldepflichtige Veranstaltung, sobald es sich nicht mehr um ein spontanes Treffen, sondern um eine geplante und angekündigte "Aktion" handelt?
Ich muss gestehen, dass ich diesen Aspekt immer elegant ignoriere. Ich persönlich bin nicht der Veranstalter, ich bin nur einer der Teilnehmer, das ist erstmal alles, was ich wissen muss. Der Veranstalter ist allenfalls jener große Unbekannte, der die Seite der Critical Mass Hamburg auf facebook betreibt und dort Zeit und Ort der nächsten Tour bekannt gibt. Ob der nun für irgendetwas haftbar zu machen ist, entzieht sich meiner Kenntnis, das wird im Zweifelsfall die Rechtsprechung zeigen. Ich halte das allerdings eher für unwahrscheinlich, denn wenn überhaupt, so wird ja zu einer Radtour aufgerufen, die trotz ihrer Dimensionen womöglich noch unter den Gemeingebrauch einer Straße fallen könnte, und eben nicht zu einer Mega-Party mitten in einem Hamburger Wohngebiet oder auf Sylt, wo mit einschlägigen Problemen zu rechnen ist. Gäbe es keinen Veranstalter, also nicht mal den Typen auf facebook, so wäre das aber auch nicht weiter wild: der letzte Freitag im Monat ist nun mal weltweit der Zeitpunkt für eine Critical Mass, dann trifft man sich eben traditionell um 19 Uhr an der Uni, ohne dass jemand dazu aufgerufen hätte. Aber wie gesagt: Das ist sicherlich rechtlich etwas problematisch.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Die Sache mit dem Verbandfahrt und der Überquerung roter Ampeln steht tatsächlich in der StVO. Darüber war ich sehr erstaunt. Ich kannte sowas bisher nur von Einsatzfahrzeugen (BW, THW, usw.). Diese müssen aber ein festes Führungsfahrzeug und ein Schlussfahrzeug haben, welche entsprechend zu kennzeichnen sind. Gilt das für CM auch?
Schwierige und berechtigte Frage.

§ 27 Abs. 3 StVO sagt: „Geschlossen ist ein Verband, wenn er für andere Verkehrsteilnehmer als solcher deutlich erkennbar ist. Bei Kraftfahrzeugverbänden muß dazu jedes einzelne Fahrzeug als zum Verband gehörig gekennzeichnet sein.“

Von Kraftfahrzeugen wird gefordert, sich zum Verband gehörig zu kennzeichnen, für alle anderen Arten von geschlossenen Verbänden gilt das offenbar implizit nicht, zumindest lese ich daraus, dass ein geschlossener Fahrradverband keiner solchen Kennzeichnung bedarf. Und bei mehreren hundert Fahrrädern auf der Fahrbahn dürfte es auch keine Zweifel geben, dass es sich um einen Verband im Sinne von § 27 Abs. 1 StVO handelt, sofern denn die anderen Verkehrsteilnehmer überhaupt schon mal was von § 27 StVO gehört haben.

Auch eine Kennzeichnung von Führungs- und Schlussfahrzeug scheint mir nicht notwendig, wenngleich die Sache mit dem Verbandsführer tatsächlich so eine Sache ist. Einen festen Führer gibt es nunmal nicht, genausowenig wie nunmal jemand die ganze Sache irgendwo angemeldet hat. Prinzipiell führt der, der gerade vorne fährt und sozusagen Richtung und Geschwindigkeit bestimmt. Ich bin mir allerdings im Klaren, dass just diese Sache rechtlich nicht ganz einwandfrei sein mag. Allerdings: beschwert hat sich darüber noch niemand, nicht einmal vor ein paar Jahren, als man die Critical Mass in Hamburg verbieten wollte, stand jener Angriffspunkt mit dem fehlenden Führer zur Debatte.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Das zeitweise Sperren/Absichern von Übergängen durch Teilnehmer mag sinnvoll sein, aber ist das legal?
Ich wüsste nicht, dass es verboten ist. Verboten ist hingegen, den Verband zu unterbrechen, also mit dem Auto mitten in die Radfahrer reinzufahren, weil die eigene Ampel auf grün schaltet und man von Fahrzeugverbänden noch nie etwas gehört hat. Ich wüsste nicht, warum es verboten sein sollte, sowas zu unterbinden, zumal es nun einmal dringend notwendig ist. Einige Kraftfahrzeugführer mögen darin eine Nötigung sehen, ich teile diese Ansicht nicht und Justitia offenbar auch nicht.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Etwas erbost war ich über die Aussage von Schattenfell bezüglich des falsch Abbiegens. Meiner Meinung nach gibt es da nichts zu differenzieren oder zu legitimieren. Es obliegt sicherlich nicht den Teilnehmern einer CM sich über Gesetze hinwegzusetzen und die StVO nach Belieben zu dehnen.
Sei versichert, ich halte auch nichts davon, bei einer solchen Tour gegen die Verkehrsregeln zu verstoßen. Im Zusammenhang des falschen Abbiegens ging es aber um Rüpeleien und ein bisschen um Sicherheit, diesbezüglich bin ich eben ganz klar der Meinung, dass man dort eben unterscheiden muss.

Ich will noch mal erklären, wie und warum ich das so sehe. Wir sind von der Isestraße in die Hoheluftchaussee links abgebogen — keine Frage: Das ist ein Verstoß gegen die Straßenverkehrs-Ordnung. Zu diesem Zeitpunkt waren Teilnehmer ganz vorne am Kopf des Verbandes und haben sich über die Verkehrsregeln hinweggesetzt. Das ist nicht in Ordnung, ich war fünfzig Meter weiter hinten zwischen den anderen Teilnehmern und, um es nach deinen Worten zu sagen, auch etwas erbost.

Zwangsläufig mussten die Autofahrer warten, während sich der Verband drei Minuten lang nach links in Richtung Innenstadt bewegte. Das führt zwangsläufig dazu, dass der ein oder andere hupt oder schimpft oder sich aufregt und an den Rüpelradlern, Radlrambos oder Kampfradlern den Untergang der westlichen Zivilisation erkennt. Die gleiche Aufregung hätten wir aber auch verursacht, wären wir im Sinne der Straßenverkehrs-Ordnung nach rechts abgebogen, denn auch dann hätten die Autofahrer nach einer Weile ungeduldig gehupt, geschimpft oder sich aufgeregt. Und wie schon oben angedeutet: ich bin mir sicher, dass ein Großteil der Autofahrer gar nicht wusste, dass wir dort nicht links abbiegen durften, sondern sich allein aufgrund unserer Gegenwart gestört fühlte.

Das ist leider etwas, das man nicht vermeiden kann, selbst wenn wir uns innerhalb der Straßenverkehrs-Ordnung bewegen. Überraschend viele Autofahrer sehen das eigentlich ganz gelassen, die sind neugierig, warum wir da fahren und wollen mitunter nächstes Mal gar auf dem eigenen Rad mitfahren. Die Kraftfahrzeugführer, die sich mit hochrotem Kopf aufregen, die hat man ja nun nicht nur bei einer Critical Mass, da gab es zum Beispiel bei der ungleich größeren Fahrradsternfahrt im letzten Sommer auch ein paar hässliche Szenen; da wollte zum Beispiel ein Autofahrer auf der Autobahn mehrere tausend Radfahrer überholen und unzählige sahen es überhaupt nicht ein, ein paar Minuten lang in ihrer Grundstücksausfahrt zu warten, bis die Straße frei war. Solche Vorkommnisse hat man leider immer, nicht nur bei einer Critical Mass, nicht nur auf dem Fahrrad, sondern auch im Personen- oder Lastkraftwagen.

Zurück zur Ausgangsfrage: Ich halte es drum durchaus für zweifelhaft, dass wir dort links abgebogen sind, aber sehe eben den Unterschied, dass wir sowieso manchem Autofahrer als Rüpelradler aufstoßen, ganz egal, ob wir uns innerhalb oder außerhalb der Straßenverkehrs-Ordnung bewegen.

Übrigens sehe ich vergleichbare Schwierigkeiten auch bei Einbahnstraßen, denn auch dort muss unterschieden werden, was da allerdings ungleich schwieriger fällt. Auch da finde ich: Gegen eine nicht-freigegebene Einbahnstraße fahren ist nicht in Ordnung, bezüglich der Gefährdung allerdings nicht besonders wild. Wenn die Straßenverkehrsbehörde ihre Hausaufgaben gemacht hat, dann ist eine freigegebene Einbahnstraße mutmaßlich etwas breiter und hält Ausweichstellen bereit — trotzdem ist eine solche Straße nicht für eine Critical Mass geeignet, denn eintausend Fahrräder sind zwar immer noch Fahrräder, aber eher vergleichbar mit einer Lastkraftwagenkolonne oder gar einem Güterzug: die passen da einfach nicht durch. Soll heißen: eine Critical Mass darf zwar durchaus in einer freigegebenen Einbahnstraße fahren, zu empfehlen ist das allerdings nicht. Die Schwierigkeiten beim Vorbeifahren an entgegenkommenden Kraftfahrzeugen sind in der Regel sogar größer als beim unzulässigen Abbiegen in die Hoheluftchaussee. Spinnt man den Gedanken weiter, kommt man zwangsläufig bei der Feststellung an, dass enge Straßen generell nicht so sehr geeignet sind — aber trotzdem fahren wir da durch.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Letztendlich brennt sich ein schlechtes Bild fester ins Hirn, als ein gutes. Auch sind solche Bilder medienwirksamer. Welche Zeitung bringt denn schon Berichte über friedliche 1. Mai-Demos? Schlagzeile aller Tageszeitungen am 2.5.: Mai Krawalle in Stadt XY
Ich glaube, selbst die BILD bastelte sich keinen Aufmacher daraus, dass wir falsch abgebogen oder gegen eine Einbahnstraße gefahren sind. Die kritisierten eher, dass sich fast 800 Radfahrer durch den Bahnhof Altona gedrückt haben oder wir vorher eben ein paar Experten am Kopf der Masse hatten, die unbedingt bei roter Ampel in den fahrenden Querverkehr fahren mussten. Beides ist ungleich ärgerlicher, das Überfahren roter Ampeln geht am Anfang der Masse nunmal überhaupt nicht. Das ist ein wesentliches Problem, über das ich mich zum Beispiel nach meiner ersten Tour vor ziemlich genau einem Jahr so richtig aufgeregt habe. Das haben wir wie gesagt im Winter in den Griff bekommen, aber bei etwa 800 Radfahrern sind nunmal zwangsläufig auch welche dabei, die das nicht so ganz verstehen oder verstehen wollen oder was auch immer.

Wenn sich eine Zeitung über eine Critical Mass aufregen möchte, dann wird es wohl eher darum gehen, dass angeblich abertausende Pendler eine halbe Stunde zu spät nach Hause gekommen sein, weil 800 Kampfradler marodierend durch die Straßen gezogen sind. Das wäre eher ein Titel, den ich mir angesichts der üblichen Berichterstattung über Fahrradfahrer vorstellen könnte. Momentan taucht die Critical Mass allerdings noch nicht einmal im Polizeibericht auf, von daher mache ich mir diesbezüglich keine unmittelbaren Sorgen.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Und in diesem Hinblick stellt sich mir die Frage, ob das, womöglich nur vereinzelt auftretende, Fehlverhalten nicht mehr schadet, als die ganze CM nutzt.
Ehrlich gesagt: Ich fahre nicht mit dem Fahrrad, um anderen zu gefallen oder es den Autofahrern recht zu machen. Ansonsten müsste ich mit dem Rad auf allen Straßenteilen fahren, die auch nur im Entferntesten nach einem Radweg aussehen und das fällt mir angesichts der Radwege, die wir hier in Wedel haben, äußerst schwer. Da fährt man vielleicht in Schrittgeschwindigkeit drauf oder mit zehn Kilometern pro Stunde, wenn man denn verwegen ist, aber nicht mit der Reisegeschwindigkeit, die ich auf dem Weg zur Uni, zur Arbeit oder zum Einkaufen bevorzuge. Das sind Buckelpisten ohne Ende, die zu Recht niemals ein blaues Schild bekommen haben, aber für Autofahrer bin ich natürlich ein Kampfradler, sofern ich mit nach § 2 Abs. 4 StVO auf der Fahrbahn bewege.

Und Autofahren dürfte ich dann auch nicht, denn am Steuer bin ich ultra-nervig, weil ich mich an Geschwindigkeitsbegrenzungen und alle anderen Verkehrsregeln halte. Da ist sicherlich auch schon so manchem der Kragen geplatzt, weil ich bei gelber Ampel gebremst habe, statt das Gaspedal durchzutreten, oder weil ich am Stopp-Schild und am Grünpfeil tatsächlich anhalte.

Selbst eine Critical Mass, die sich streng an die Verkehrsregeln hält, meinetwegen noch einen Verbandsführer hat und sich mit Warnwesten kennzeichnet, wird bei den Autofahrern eher negativ aufgenommen werden. Der Krieg auf der Straße, den die Medien regelmäßig inszinieren, gibt es meiner Meinung nach nicht in der Form, aber dass Autofahrer nunmal ihre Probleme mit Fahrradfahrern haben (und womöglich auch umgekehrt), lässt sich wohl nicht abstreiten. Das Image der Critical Mass im Kopf eines einzelnen Autofahrers ist schon negativ, wenn er eine Weile hinter dem Verband herrollen muss, wenn er bei grüner Ampel nicht fahren kann, weil sich die Masse quer über die Kreuzung schiebt oder wenn er überhaupt irgendwo 800 Radfahrer sieht, die auf der Fahrbahn fahren, obwohl es nebenan einen bestens ausgebauten und breiten Radweg gibt.

Die Fahrradsternfahrten, die im Juni in Berlin und Hamburg stattfinden, kranken allerdings am gleichen Problem. Die dazugehörigen Zeitungsberichte werden auch von wütenden Autofahrern kommentiert, die dann insbesondere kritisieren, dass für diese ganzen Fahrradfahrer die halbe Stadt gesperrt würde. Und auch dort zeigt sich der eine oder andere Kraftfahrzeugführer außerordentlich intolerant und versucht, über den Gehweg an der Polizeisperre vorbeizukraxeln.

Man kann sogar Fahrradwege aus dieser Perspektive sehen: Unter der Prämisse, dass die eben in der Regel alles andere als sicher sind, sorgen die nur dafür, dass der Autofahrer außer beim Rechtsabbiegen nicht auf Fahrradfahrer achten muss. Schaue ich mir hier in der Gegend oder auch in anderen Städten die üblichen Radwege an, finde ich da sehr wenige, auf denen ich als Radfahrer wirklich einen Sicherheitsgewinn habe, da liegt tatsächlich die Behauptung nahe, die würden eher für Autofahrer gebaut als für Radfahrer.

Und bei einer Critical Mass geht es dann ausnahmsweise nicht darum, wie sich Autofahrer fühlen, die dann drei Minuten später zu Hause ankommen, zumal diese drei Minuten in der Regel beim üblichen Stau in der Innenstadt gar nicht weiter auffallen werden. Bei einer Critical Mass geht es tatsächlich erst einmal um Fahrräder.
Grotefend hat geschrieben:Eine herzliche Bitte: Reiße ein Zitat bitte nicht aus dem Zusammenhang. Ich hatte nicht allgemein das Verhalten von Radfahrern bewertet, sondern meine an den Pfingstagen in Münster gemachten Beobachtungen geschildert.

Dadurch, dass du diesen Kontext weglässt, entsteht ein falscher Eindruck. Das mag ich nicht.
Ich finde, mein Beitrag passt ganz gut zu dem von mir zitierten Teil und auch zum Gesamtzusammenhang deines Beitrages. Welcher falsche Eindruck entsteht denn aufgrund meines Beitrages?
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Beitragvon Grotefend » 02.06.2012, 13:17

Schattenfell hat geschrieben:Ich finde, mein Beitrag passt ganz gut zu dem von mir zitierten Teil ...
Mit Verlaub: Ich nicht
Sonne in den Speichen sieht nur, wer sein Rad bewegt.
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Beitragvon tierfreund23 » 02.06.2012, 13:50

Ich finde es absolut super, dass sich in Hamburg endlich wieder eine vernünftige CM-Bewegung gibt. Bei einem der nächsten Termine muss ich unbedingt daran Teilnehmen.

In Wien gibt es seit Jahren regelmäßig CM. Die fahren da sogar über die Autobahn, aber immer alles friedlich und da haben sie erreicht, dass Wien ein absolut super ausgebautes Radwegenetz bekommen hat. Vielleicht funktioniert das auch in Hamburg…

Seit Jahren fahre ich auch immer bei der CM in Frankfurt am Main mit. Besonders schön ist es dann immer, wenn sie parallel zur IAA stattfindet. Dann wird aus Protest die Messe umrundet und davor gibt es die Abschlusskundgebung.

Was ich auch jedem empfehlen kann, ist die Hamburg Fahrradsternfahrt, einmal gemütlich über die Köhlbrandbrücke fahren. Alle Infos dazu findest du hier:

http://forum.helmuts-fahrrad-seiten.de/ ... php?t=5337
Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte,
drum gab er Säbel, Schwert und Spieß, dem Mann in seine Rechte,
drum gab er ihm den kühnen Mut, den Zorn der freien Rede...

Zitat: Ernst Moritz Arndt 1812
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Beitragvon Schattenfell » 02.06.2012, 13:55

Grotefend hat geschrieben:Mit Verlaub: Ich nicht
Solange du ein Geheimnis daraus machst, was dir nun nicht gefällt, werde ich deine Meinung nicht teilen können.
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Beitragvon Harterbrocken » 02.06.2012, 19:10

Junge, Junge - hier ist ja was los! Schön, dass die Diskussion sachlich bleibt. Ich bring hier nochmals den sehr sinnhaften Spruch vom Münchner OB Christian Ude: "Nicht die Radfahrer sind anders, sondern wir sind anders, wenn wir Radfahren."

Und das scheint ganz besonders während einer CM zu gelten. Die Macht der Masse halt. Und die Anonymität. Wär halt schön, wenn das CM-Treiben halbwegs auf dem Teppich - ähh - auf der Straße bleibt, richtig abgebogen wird und rote Ampeln die Spitze zum Stehen bringen. Sollte doch möglich sein.
Bagdad-Biker

Beitragvon Bagdad-Biker » 02.06.2012, 21:44

Schattenfell hat geschrieben:Ich muss gestehen, dass ich diesen Aspekt immer elegant ignoriere. Ich persönlich bin nicht der Veranstalter, ich bin nur einer der Teilnehmer, das ist erstmal alles, was ich wissen muss.
Man kann es sich natürlich einfach machen. Ich kann ja nix dafür. Ich kann degegen ohnehin nichts unternehmen. Ich bin ja nicht der Veranstalter.

Abgesehen davon, dass ich durchaus der Auffassung bin, dass die große Masse der Teilnehmer durchaus etwas bewirken könnte um die handvoll Rüpel zur Ordnung zu rufen, finde ich schon, dass ein jeder Teilnehmer, ganz gleich welcher Art von Treffen/Veranstaltung, auch eine gewisse Form von Verantwortung trifft. Und wenn jegliches Veto gegen Fehlverhalten keine Früchte tragen sollte, bleibt jedem Einzelnen immerhin noch die Möglichkeit sich (auch physisch) zu distanzieren.
Schattenfell hat geschrieben:Der Veranstalter ist allenfalls jener große Unbekannte, ...... Ob der nun für irgendetwas haftbar zu machen ist, entzieht sich meiner Kenntnis, .....denn wenn überhaupt, so wird ja zu einer Radtour aufgerufen, die trotz ihrer Dimensionen womöglich noch unter den Gemeingebrauch einer Straße fallen könnte, und eben nicht zu einer Mega-Party ......wo mit einschlägigen Problemen zu rechnen ist.
Sorry, aber diese Ansicht kann ich keineswegs teilen. Als einschlägige Probleme würde ich u. a. nämlich Einschränkungen im Verkehrsfluss, Straftatbestände der Beleidigung, Verstöße gegen die StVO usw. sehen.
Auch trifft der Begriff Party unter objektiver Betrachtung nicht gänzlich ins Leere, oder? Musik, Alkohol, Geselligkeit. Eben nur alles auf oder mit dem Rad.
Schattenfell hat geschrieben:Sei versichert, ich halte auch nichts davon, bei einer solchen Tour gegen die Verkehrsregeln zu verstoßen. Im Zusammenhang des falschen Abbiegens ging es aber um Rüpeleien und ein bisschen um Sicherheit, diesbezüglich bin ich eben ganz klar der Meinung, dass man dort eben unterscheiden muss.
Lassen wir die Rüpeleien (die für mich der tragenste Grund wären mich einer CM nicht anzuchließen) mal außen vor. Denn ich bezog mich diesbezüglich ausschließlich auf das falsche Abbiegen und Dein Argument, dass Du nur ein geringes Gefahrenpotenzial zu erkennen glaubst und zudem dieses Fehlverhalten mit dem (offengestanden recht dünnen) Argument zu rechtfertigen versuchst, dass die Autofahrer sich in jedem Falle über Euch aufgeregt hätten.
Schattenfell hat geschrieben:Ich will noch mal erklären, wie und warum ich das so sehe......
Und wie schon oben angedeutet: ich bin mir sicher, dass ein Großteil der Autofahrer gar nicht wusste, dass wir dort nicht links abbiegen durften, sondern sich allein aufgrund unserer Gegenwart gestört fühlte.
Brauchst Du eigentlich nicht erklären, denn es ist, wie Du selbst eingestehst, ein Verstoß gegen die StVO. Völlig unbeachtet jeglicher Betrachtungs- oder Sichtweise. Ob das die Autofahrer nun wissen oder nicht - ihr wusstet es!

Nun sind wir alle keine Engel. Wer hat nicht schon mal gegen die StVO verstoßen? Aber mutwillig und im Verband....Das wirft kein gutes Licht auf eine CM. Nicht nur zu dem Zeitpunkt auf der Straße, sondern, wie dieser Fred beweist, auch anschließend in den Diskusionen darüber.

Ich habe es mir im Sinne der Lesbarkeit des Freds, gespart deinen weiteren Text bez. des Abbiegens auch zu zitieren. Ich glaube ohnehin in Deinen Ausführungen und Argumenten eine Art Rivalitätsbekundung zwischen CM- und Kfzfahrern zu erkennen, bei der es Dir nur zeitweise gelingt objektiv zu bleiben. Respekt jedoch für die Tatsache, dass Du bereit bist Dich Fragen und Kritik zu stellen und jederzeit sachlich bleibst!
Schattenfell hat geschrieben:Überraschend viele Autofahrer sehen das eigentlich ganz gelassen, die sind neugierig, warum wir da fahren und wollen mitunter nächstes Mal gar auf dem eigenen Rad mitfahren.
Würde mir ähnlich gehen. Bin ja schließlich auch mit beiden Fahrzeugen regelmäßig unterwegs. Eine Teilnahme käme allerdings wegen der derzeit diskutierten Punkte nicht in Frage. Das ist wie mit den Castordemos. Grundsätzlich aus meiner Sicht unterstützenswert, allerdings möchte ich nicht mit Gleisbettzerstörern und anderen Randalefritzen in einen Topf geworfen werden.
Schattenfell hat geschrieben:Zurück zur Ausgangsfrage: Ich halte es drum durchaus für zweifelhaft, dass wir dort links abgebogen sind, aber sehe eben den Unterschied, dass wir sowieso manchem Autofahrer als Rüpelradler aufstoßen, ganz egal, ob wir uns innerhalb oder außerhalb der Straßenverkehrs-Ordnung bewegen......
......
Soll heißen: eine Critical Mass darf zwar durchaus in einer freigegebenen Einbahnstraße fahren, zu empfehlen ist das allerdings nicht. Die Schwierigkeiten beim Vorbeifahren an entgegenkommenden Kraftfahrzeugen sind in der Regel sogar größer als beim unzulässigen Abbiegen in die Hoheluftchaussee.
Legitimation=Null
Schattenfell hat geschrieben:Ich glaube, selbst die BILD bastelt sich keinen Aufmacher daraus
Die Bild sicherlich nicht. Der Disskusionsteilnehmer am Stammtisch etc. womöglich schon. Zusätzliches Öl in das Feuer des ewigen Kampfes zwischen Radler und Autofahrer??? Anhand Deiner weiteren Ausführungen könnte man allerdings ableiten, zumindest tue ich das, dass die CM genau darauf abziehlt: Provokation!
Schattenfell hat geschrieben:Und Autofahren dürfte ich dann auch nicht, denn am Steuer bin ich ultra-nervig, weil ich mich an Geschwindigkeitsbegrenzungen und alle anderen Verkehrsregeln halte. Da ist sicherlich auch schon so manchem der Kragen geplatzt, weil ich bei gelber Ampel gebremst habe, statt das Gaspedal durchzutreten, oder weil ich am Stopp-Schild und am Grünpfeil tatsächlich anhalte.
Wenn dem so ist, kannst Du uns sicher auch den Grund nennen, warum Du als Radfahrer gegen die StVO verstößt und es zu verharmlosen versuchst und mit dem Auto andere nervst!
Oder ist genau das Dein Ziel? Autofahrer zu nerven?
Schattenfell hat geschrieben:Selbst eine Critical Mass, die sich streng an die Verkehrsregeln hält, meinetwegen noch einen Verbandsführer hat und sich mit Warnwesten kennzeichnet, wird bei den Autofahrern eher negativ aufgenommen werden.
Das glaube ich offen gestanden nicht. Vermutlich wird das Gegenteil der Fall sein. Zumindest würde sie positiver aufgenommen, als die derzeitigen Fahrten im Grenzbereich des Legitimen.

Warum wird eine CM nicht tatsächlich als offizielle Demo angemeldet? Das Problem mit der StVO fiele weg, da die Route festgelegt und dafür von der Polizei zeitweise abgesperrt werden würde. Die Masse der KFZ könnte ausweichen, weil Radio und Co. die Sperrungen bekanntgeben würden. Die Gefahr dass es zu Pöbeleien, Randale, Handgreiflichkeiten etc. kommen könnte, wäre durch Anwesenheit der Polizei weitesgehend ausgeschlossen. Niemand würde sich in der rechtlichen Grauzone mehr befinden. Wär doch super?
Schattenfell hat geschrieben:Das Image der Critical Mass im Kopf eines einzelnen Autofahrers ist schon negativ,....
Das erscheint umgekehrt offenbar nicht viel anders
Schattenfell hat geschrieben:...wenn er eine Weile hinter dem Verband herrollen muss, wenn er bei grüner Ampel nicht fahren kann, weil sich die Masse quer über die Kreuzung schiebt oder wenn er überhaupt irgendwo 800 Radfahrer sieht, die auf der Fahrbahn fahren, obwohl es nebenan einen bestens ausgebauten und breiten Radweg gibt.

Ein Grund mehr das Image der CM und aller Radfahrer nicht weiter zu schädigen. Heute war in HH Demo einer Gruppierung, dessen Image noch bedeutend schlechter ist. (Das ihrer Gegner allerdings auch) Ich will jetzt keine politische Diskussion anfachen (das passt hier nicht her). Ich wusste von der Demo und den Straßensperrungen, musste aber beruflich zwingend nach Wandsbek und stand daher 2 Stunden im Stau. Genervte Gesichter ohne Ende, aber ich habe von den Autofahrern kein einziges mal eine Hupe gehört. Kein einzig böses Wort und nicht einen Stinkefinger o. ä. gesehen. Vielleicht lag es daran, dass man von der Demo/Veranstaltung wusste (ein Pro mehr für die Anmeldung einer CM), vielleicht aber auch daran, dass die Teilnehmer andere Sorgen/Feindbilder haben und der ohnehin genervte Autofahrer schlicht nicht weiter provoziert wurde???
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Beitragvon Harterbrocken » 03.06.2012, 00:23

tierfreund23 hat geschrieben:Seit Jahren fahre ich auch immer bei der CM in Frankfurt am Main mit. Besonders schön ist es dann immer, wenn sie parallel zur IAA stattfindet. Dann wird aus Protest die Messe umrundet und davor gibt es die Abschlusskundgebung.
Tschuldigung, an dieser Stelle muß ich reingrätschen. Ausgerechnet bei der IAA eine CM zu veranstalten und Staus zu verursachen ist genau das, was Bagdad-Biker bereits angemerkt hat: PURE PROVOKATION! Warum diese Konfrontation? Das bringt nichts! Ich stelle mir vor, der ADAC ruft zu einem Autocorso bei der Eurobike in Friedrichshafen auf. Oder beim evangelischen Kirchentag wird eine Sitzblokade der nächsten Islamkonferenz gefordert.

Nee, nee, Deeskalation ist das Zauberwort. Entspannt sein. Lächeln Freunde! Nicht alles so dogmatisch sehen. Und nicht schwarzweiß: Autofahrer böse, Radfahrer gut. So einfach ist die Welt nicht.

Ich jedenfalls bin beides: Rad- und Autofahrer. Und damit bestimmt nicht allein. Darum freue ich mich über Toleranz. Nie würde ich im Auto einen einsamen Rennradler auf dem Elbdeich (wie es mir auf dem Rad ständig passiert) anhupen. Fahren drei Rennradler nebeneinander über die gesamte Straßenbreite, habe ich für genervte Autofahrer volles Verständnis. Zeigen die dem waghalsig überholenden Autolenker dann auch noch den Stinkefinger, kann ich nur wiederholen: Das ist Provokation und wirkt völlig kontraproduktiv im Sinne eines friedlichen Miteinanders auf der Straße.

Zurück zur CM: An der viel diskutierten Hoheluftchaussee konnte ich beobachten wie ein CM-Aktivist mit ADFC-Hemd ("rauf auf die Straße" ... oder so) den Gegenverkehr absperrte. Okay, unvermeidlich, sagt Schattenfell. Im Sinne der Sicherheit. Mag sein. Selbst wenn falsch abgebogen wurde und zumindest nicht ortskundige Autofahrer das illegale Manöver nicht realisiert haben (wer sich in Hamburg auskennt - und das dürften nicht wenige im Stau gewesen sein -, dürfte die Aktion mit Überfahrt schraffierter Flächen und durchgezogener Linien aber durchaus als illegal und Kühnheit bis Frechheit empfunden haben).

Ungeduldige Kfz-Lenker bedrängten den ADFC/CM-Absperrer nun mit aufheulendem Motor. Es kam zu folgendem Wortwechsel. Autofahrer: "Was ist hier los? Was soll das?" Antwort ADFC/CM-Absperrer: "Mein Guter, das nennt man Fahrradfahren." Ach nee. Wer hätte das gedacht?

Ich fand diese pomadige Art voll daneben. Das war nicht angemessen, die Wortwahl voller Schadenfreude. Das war - Bagdad-Biker hat recht - Provokation. Ähnlich Szenen - alle noch ohne weitere Eskalation - konnte ich auf der Reeperbahn und am Hauptbahnhof beobachten.

Viel besser wäre es doch genervte Autofahrer angemessen im sachlichen Ton aufzuklären, etwa so: "Nennt sich Critical Mass. Wir machen jeden letzten Freitag im Monat eine Radtour durch die Stadt. Kommen Sie doch auch einmal."

Bin ich zu naiv oder was? Klingt so, aber ich bin überzeugt, dass Freundlichkeit weiter führt, als arrogantes Getue. Übrigens hörte ich genau jenen Tonfall ebenfalls auf der letzten CM. Einige Autofahrer schwingen sich darum vielleicht tatsächlich nächstes Mal in den Sattel statt auf den überdachten Autositz.

Abschlußwort: Ich mag die CM-Losung "wir wollen einfach nur Rad fahren". Das bringt auch meine Stimmung auf den Punkt. Darum bin ich wohl auch nächstes Mal wieder dabei. Hamburg ist wunderschön und lässt sich tatsächlich am besten per Velo entdecken, gerne mit einem Bierchen am Lenker, lauter Musik und weitgehend Gleichgesinnten auf Fahrrädern aller Art.

Für mich ist genau das der spezielle Reiz einer CM. Soll mit der CM dagegen für politische Ziele (Radwege auf die Straße etc.) demonstriert werden, wird sie für mich tabu. Ich bin zwar auch ein politischer Mensch, aber nicht auf dem Fahrrad. Das Fahrrad ist für mich erstens ein Sportgerät, zweitens ein Transportmittel, drittens ein Stück geniale Technik, viertens ein Designobjekt, fünftens ein Sammelgegenstand, sechstens Kulturgeschichte.... - aber nie ein Vehikel zur Durchsetzung politischer Ziele.
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Beitragvon Helmut » 03.06.2012, 00:35

Harterbrocken hat geschrieben:Das Fahrrad ist für mich erstens ein Sportgerät, zweitens ein Transportmittel, drittens ein Stück geniale Technik, viertens ein Designobjekt, fünftens ein Sammelgegenstand, sechstens Kulturgeschichte.... - aber nie ein Vehikel zur Durchsetzung politischer Ziele.
Das kannst Du für Dich gern so handhaben, den anderen sei es aber gestattet, bei einer Demo für das Rad und seine Nutzung auf eben so einem zu sitzen.

Wenn Bauern für sich und ihre Belange protestieren, führen sie zumeist ja auch Traktoren mit sich.
Wenn's um die Wurst geht, sollte man gut abschneiden.
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Beitragvon Harterbrocken » 03.06.2012, 00:53

Helmut hat geschrieben:Wenn Bauern für sich und ihre Belange protestieren, führen sie zumeist ja auch Traktoren mit sich.
Okay, wenn bei Aldi den Liter Milch für 49 Cent verramscht wird (bei 60 Cent Erzeugerpreis), habe ich für Deutz- und Fendt-Fahrer durchaus Symphatie. Wenn die aber Brüssel dicht machen, weil sie wieder mehr Subventionen (behalten) wollen, werde ich nachdenklich. Sieht spektakulär aus, hilft aber nicht weiter. Eine unendliche Geschichte: Oldtimerfahrer blockieren Berlin, weil sie das Wechselkennzeichen fordern, Binnenschiffer machen den Rhein dicht, um gegen holländische Billigkonkurrenz zu demonstrieren, Lufthansa läßt alle A380 über Frankfurt kreisen um für die Aufhebung des Nachtflugverbotes zu werben - na ja, wer für seine Belange protestiert hat viele (fiktive) Möglichkeiten.

Wir Radfahrer haben eigentlich automatisch die Symphatien auf unserer Seite. Wir sind emissionsfrei, lautlos (meistens zumindest) und nachhaltig. Hoffentlich bleibt das so.
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Beitragvon Helmut » 03.06.2012, 01:14

Harterbrocken hat geschrieben:Wir Radfahrer haben eigentlich automatisch die Symphatien auf unserer Seite. Wir sind emissionsfrei, lautlos (meistens zumindest) und nachhaltig. Hoffentlich bleibt das so.
Und damit das so bleibt, sollten wir auch darauf achten, dass unsere Demos Sympathien erzeugen. Die CM ist in ihrem Charakter immer eine Demo, auch wenn sie als solche nicht angemeldet ist.

Offiziell mit dem Rad für's Rad demonstrieren werden wir bei der Fahrradsternfahrt Hamburg. Wir werden dabei erfahrungsgemäß alle Verkehrsregeln einhalten, aber wie das bei einer Demo mit tausenden Teilnehmern nun mal ist, werden wir den Autoverkehr dabei behindern. Und natürlich wird es auch wieder ein spaßiger Rad-Cruise werden.

Wir sehen uns! ;-)
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Beitragvon Schattenfell » 03.06.2012, 01:52

Bagdad-Biker hat geschrieben:Man kann es sich natürlich einfach machen. Ich kann ja nix dafür. Ich kann degegen ohnehin nichts unternehmen. Ich bin ja nicht der Veranstalter.
Wer nur der Herde hinterherläuft, wird nicht Gras sondern Sch.... fressen.
Abgesehen davon, dass ich durchaus der Auffassung bin, dass die große Masse der Teilnehmer durchaus etwas bewirken könnte um die handvoll Rüpel zur Ordnung zu rufen, finde ich schon, dass ein jeder Teilnehmer, ganz gleich welcher Art von Treffen/Veranstaltung, auch eine gewisse Form von Verantwortung trifft. Und wenn jegliches Veto gegen Fehlverhalten keine Früchte tragen sollte, bleibt jedem Einzelnen immerhin noch die Möglichkeit sich (auch physisch) zu distanzieren.
Die Rüpel werden ja auch durchaus zur Ordnung gerufen, ansonsten wären wir ja auch im Winter ständig über rote Ampeln gedonnert. Das klappt durchaus, hängt aber auch immer davon ab, wer gerade ganz vorne mit dabei ist, deshalb ist das dieses Mal nicht so ganz gelungen, weil wir plötzlich geschätzte vierhundert Teilnehmer dabei hatten, die vorher noch nicht an einer Critical Mass teilgenommen hatten. Es wird auch durchaus protestiert, wenn jemand gegen eine Einbahnstraße fahren will oder ähnliche Faxen plant.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Sorry, aber diese Ansicht kann ich keineswegs teilen. Als einschlägige Probleme würde ich u.a. nämlich Einschränkungen im Verkehrsfluss, Straftatbestände der Beleidigung, Verstöße gegen die StVO usw. sehen.
Auch trifft der Begriff Party unter objektiver Betrachtung nicht gänzlich ins Leere, oder? Musik, Alkohol, Geselligkeit. Eben nur alles auf oder mit dem Rad.
Es ist aber immer noch ein Unterschied, ob zu einer Party aufgerufen wird, die dann erfahrungsgemäß mit Schlägereien, Alkoholleichen und Dutzenden Polizei- und Notarzteinsätzen endet, oder ob es um eine vergleichsweise harmlose Radtour geht, bei der nicht einmal die leeren Flaschen in die Botanik gepfeffert gewesen. Es gibt zwar Musik und Spaß und mitunter auch Alkohol, aber sehr friedlich und zivilisiert.

Verstöße gegen die Straßenverkehrs-Ordnung, ja, die ereignen sich, da sind wir uns einig. Straftatbestände der Beleidigung sehe ich hingegen nicht: die klassische Situation einer Beleidigung ist das Absperren einer Kreuzung, um dem Fahrradverband die Querung zu ermöglichen. Tatsächlich werden die absperrenden Teilnehmer hin und wieder von Autofahrern beschimpft und hin und wieder wird auch ein böses Wort erwidert, wobei ich darauf hinweisen möchte, dass auch da die Toleranzschwelle der Fahrradfahrer ausgesprochen hoch ist, die meisten benehmen sich da zivilisiert und agieren deeskalierend. Das Absperren einer Straße bringt nämlich auch recht viel Verantwortung mit sich, da kann nicht einfach der wütende Kraftfahrzeugführer zur Weißglut getrieben werden, bis er das eigene Rad plattfährt und womöglich noch andere Teilnehmer verletzt. Wenn dann wie gesagt das böse Wort Erwiderung findet, handelt es sich aber noch lange nicht um eine Beleidigung, denn dazu ist zunächst eine Ehrverletzung nötig. Eine solche sehe aber weder ich noch die Rechtsprechung, wenn ein Autofahrer erst mal eine Weile hupt und übel austeilt. Wenn mich im Alltag ein Kraftfahrzeugführer vorsätzlich gefährdete und ich ihn dann als Arschloch, Blödmann oder ähnliches beschimpfe, dann handelt es sich nicht zwangsläufig um eine Beleidigung, denn jemanden zu beschimpfen, der zuvor mit meinem Leben gespielt hat, ist nicht unbedingt eine Ehrverletzung.

Einschränkungen im Verkehrsfluss, okay, die wird es wohl auch zwangsläufig geben. Die gäbe es allerdings auch bei deiner favorisierten Lösung mit der angemeldeten Demonstration und auch da sehe ich nicht unbedingt das allergrößte Problem: wenn ich mal mit dem Auto quer durch Hamburg fahren muss, dann ist es auch ein Glücksspiel, ob ich nun eine halbe Stunde oder 45 Minuten unterwegs bin, da fällt die Wartezeit wegen einer Critical Mass mit drei oder vier oder fünf Minuten auch nicht mehr so richtig ins Gewicht. Wenn wir an der Reeperbahn längsfahren, stellen sich die Autofahrer sowieso dermaßen selber in den Weg, da macht es überhaupt nichts, ob wir dort langfahren oder nicht.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Lassen wir die Rüpeleien (die für mich der tragenste Grund wären mich einer CM nicht anzuchließen) mal außen vor.
Denn ich bezog mich diesbezüglich ausschließlich auf das falsche Abbiegen und Dein Argument, dass Du nur ein geringes Gefahrenpotenzial zu erkennen glaubst und zudem dieses Fehlverhalten mit dem (offengestanden recht dünnen) Argument zu rechtfertigen versuchst, dass die Autofahrer sich in jedem Falle über Euch aufgeregt hätten.
Die aufgeregten Autofahrer sind aber nunmal kein dünnes Argument, die regen sich nunmal auf, wenn sie warten müssen. Zum Beispiel sind wir ein paar Kilometer später von der Grindelallee nach links in die Edmund-Siemers-Allee abgebogen und auch das hat zwei oder drei Ampelphasen gedauert, was für die Autofahrer schon wieder Grund genug zur Huper- und Schimpferei war, obwohl wir uns vollkommen innerhalb der Straßenverkehrs-Ordnung bewegt haben. Das sehe ich wirklich nicht als dünnes Argument, das ist einfach eine Tatsache. Die regen sich nunmal gerne auf, das habe ich persönlich ja auch hin und wieder, wenn ich nicht auf dem Radweg, sondern auf der Fahrbahn fahre oder an einer Kreuzung direktes Linksabbiegen praktiziere, da ist bei manchen motorisierten Verkehrsteilnehmern die Aufregung ganz schön groß.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Brauchst Du eigentlich nicht erklären, denn es ist, wie Du selbst eingestehst, ein Verstoß gegen die StVO. Völlig unbeachtet jeglicher Betrachtungs- oder Sichtweise. Ob das die Autofahrer nun wissen oder nicht-ihr wusstet es!
Nun sind wir alle keine Engel. Wer hat nicht schonmal gegen die StVO verstoßen? Aber mutwillig und im Verband....Das wirft kein gutes Licht auf eine CM. Nicht nur zu dem Zeitpunkt auf der Straße, sondern, wie dieser Fred beweist, auch anschließend in den Disskusionen darüber.
Du selbst zeigst aber am Ende deines Beitrages, dass es ja eigentlich egal ist, wie wir uns verhalten, ob wir uns an die Straßenverkehrs-Ordnung halten oder nicht, dass wir eben trotzdem den Autofahrern auf die Nerven gehen. Insofern halte ich nach wie vor dagegen: ob wir nun regelwidrig nach links oder legal nach rechts abgebogen wären, macht im Kontext der ganzen Sache auch keinen großen Unterschied.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Die Bild sicherlich nicht. Der Disskusionsteilnehmer am Stammtisch etc. womöglich schon. Zusätzliches Oel in das Feuer des ewigen Kampfes zwischen Radler und Autofahrer??? Anhand Deiner weiteren Ausführungen könnte man allerdings ableiten, zumindest tue ich das, dass die CM genau darauf abziehlt: Provokation!
Ich wiederhole mich noch mal: ich kann nicht entscheiden, was für einen Autofahrer provozierend wirkt und was nicht. Ich muss mir auch regelmäßig vorwerfen lassen, nur Autofahrer blockieren und provozieren zu wollen, weil ich auf der Fahrbahn anstatt auf dem buckeligen Radweg fahre — dass mir § 2 Abs. 4 StVO aber zugesteht, die Fahrbahn zu wählen, wenn es kein blaues Schild gibt, wird natürlich nicht bedacht. Also: obwohl ich nicht gegen die Straßenverkehrs-Ordnung verstoße, fühlen sich die Autofahrer sofort provoziert. Die fühlen sich auch provoziert, wenn ich zum Beispiel auf der Elbchaussee auf der Fahrbahn fahre und nicht auf dem freigegebenen Gehweg, wie etwa 98 Prozent der übrigen Radfahrer. Autofahrer fühlen sich gerne provoziert, nicht nur seit der Kampfradler-Debatte, aber ich halte es nicht für sinnvoll, mein Rad im Keller abzustellen, um die Befindlichkeiten der Kraftfahrzeugführer nicht zu beeinträchtigen.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Wenn dem so ist, kannst Du uns sicher auch den Grund nennen, warum Du als Radfahrer gegen die StVO verstößt und es zu verharmlosen versuchst und mit dem Auto andere nervst! Oder ist genau das Dein Ziel? Autofahrer zu nerven?
Die Frage verwundert mich nun aber doch etwas. Mache ich auf dich den Eindruck eines Kampfradlers? Fragst du mich ernsthaft, ob ich am Grünpfeil und Stoppschild anhalte, um die Autofahrer hinter mir zu ärgern? Falls ja, solltest du dich mal im Radarforum oder bei Motor-Talk umsehen, dort ist dieses Gedankengut stark verbreitet.

Wenn ich hinter dem Steuer sitze, halte ich mich beinahe zu einhundert Prozent an die Straßenverkehrs-Ordnung. Ich halte mich an Geschwindigkeitsbegrenzungen, ich halte am Stoppschild und am Grünpfeil, ich bremse bei gelben Ampeln, sofern ich denn noch anhalten kann, ich beherrsche sogar die komlexen Vorrangsregelungen von Fußgängern an abknickenden Vorfahrtsstraßen und an Kreisverkehren, die in der Regel ja kein Mensch kapiert. Natürlich kann man in all das eine Provokation hineindichten und sei gewiss, dass ich jedes Mal empört angehupt werde, wenn ich an der abknickenden Vorfahrtsstraße drei Ecken weiter Fußgänger hinüberlasse. Was wäre deines Erachtens die Alternative? Lieber das Risiko einzugehen, den Fußgänger anzufahren, damit der Autofahrer hinter mir aufgrund seines Unwissens über die Straßenverkehrs-Ordnung nicht den sterbenden Schwan hinter dem Steuer inszinieren muss?

Ich sorge regelmäßig für einen viel größeren Aufreger: wenn ich nachts auf einer Landstraße unterwegs bin, fahre ich tatsächlich nur zwischen 50 und 70 Kilometer pro Stunde. Spätestens das bringt jeden anderen Kraftfahrzeugführer auf die Palme, im besten Fall gibt’s zur Strafe die Lichthupe, im schlimmsten Fall wird beim Überholen geschnitten und ausgebremst. Wenn ich bei anderen Leuten im Auto sitze, ha, die drücken natürlich so richtig aufs Gas, die Straßen sind ja frei, da kann man nachts auch schon mal mit 130 oder 150 Kilometern pro Stunde über die Landsstraße heizen. Ein Kommilitone von mir hielt das auch immer für eine angebrachte Geschwindigkeit, bis ihm vor ein paar Tagen ein Wildtier in die Quere kam. Beim Einschlag in das Wildschwein knapp 140 Sachen auf dem Tacho zu haben ist allerdings nicht die beste Ausgangsposition, um der Versicherung gegenüberzutreten. Vermutlich sind 140 Sachen auf dem Tacho auch kein Garant dafür, bei solchen Manövern nicht am Baum zu landen.

§ 3 Abs. 1 StVo klärt die ganze Sache: „Der Fahrzeugführer darf nur so schnell fahren, daß er sein Fahrzeug ständig beherrscht. Er hat seine Geschwindigkeit insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie seinen persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. (…) Er darf nur so schnell fahren, daß er innerhalb der übersehbaren Strecke halten kann. (…)“

Die Mathematik und die Rechtsprechung sind sich einig: nachts ist auf Landstraßen eine Geschwindigkeit von 50 bis 70 Kilometer pro Stunde schon das Maximum, sofern mit Abblendlicht gefahren wird. Das kapiert natürlich kein Mensch, bei freier Straße wird gefahren was der Motor hergibt und wenn ich dann mit 70 Kilometern pro Stunde dort entlanggondle, muss ich wohl schon froh sein, dass mir niemand in den Kofferaum einschlägt. Soll ich aber nun zu meiner eigenen Gefahr lieber mit 100 Kilometern pro Stunde oder gar noch schneller, also quasi im Blindflug durch die Gegend jagen, damit sich andere Verkehrsteilnehmer nicht aufregen, weil sie weder die Straßenverkehrs-Ordnung kennen noch sich der Gefahr bewusst sind, die von derartigen Geschwindigkeiten ausgeht? Das kann es ja auch nicht sein. Zum Glück geht es dann nach ein paar Kilometern rechts ab auf die Autobahn, dort wird § 3 Abs. 1 StVO etwas eingeschränkt von § 18 Abs. 6 StVO.

Auf dem Fahrrad gelingt mir die Einhaltung der Straßenverkehrs-Ordnung eher zu 85 Prozent. Ich verstoße alle paar hundert Meter gegen § 23 Abs. 3 StVO und missachte regelmäßig rote Ampeln. Diesbezüglich bin ich sicherlich der typische Kampfradler, aber ich sehe es nicht ein, mein Leben zu gefährden, um der Straßenverkehrs-Ordnung zu entsprechen. Auf dem Weg von der Uni nach Hause komme ich an mehreren Fahrradschleusen auf der Fahrbahn vorbei, solche Fahrradschleusen sind Radverkehrsführungen und demnach gilt laut der 46. Änderungsverordnung auf einer Fahrradschleuse auf der Fahrbahn für mich als Radfahrer die Fußgängerampel, denn eine Fahrradampel gibt es bei den örtlichen Fahrradschleusen leider nicht. Soll heißen: ich müsste mitten auf der Fahrbahn bei grüner Fahrbahnampel anhalten, weil zehn Meter weiter rechts die Fußgängerampel auf rot geschaltet hat. Das wäre erst einmal ein mutiges Manöver, das leicht auf der nächsten Motorhaube enden kann, und eher das, was du als Provokation bezeichnest, nämlich die strikte Einhaltung der Straßenverkehrs-Ordnung zum Nachteil anderer Verkehrsteilnehmer, die sich damit nicht so doll auskennen. Die Autofahrer würden natürlich sofort hupen und toben, denn die komplizierten Regelungen, welche Ampel denn nun für den Radverkehr gilt, kapiert ja nunmal kein Mensch, vermutlich schon gar nicht die Polizei oder der Bundesverkehrsminister.

Ansonsten missachte ich manchmal Benutzungspflichten. Wenn mich irgendwo in Hamburg ein Zeichen 240 auf einen engen Gehweg zwingt, den ich überhaupt nicht befahren kann, weil schon mein Lenker nicht in die Lücke zwischen den dort legal parkenden Fahrzeugen und der Grundstücksmauer nebenan passt, dann lasse ich mich auf solche Kunststücke nicht ein. Nachts, wenn eh kein Kraftfahrzeug weit und breit unterwegs ist, genehmige ich mir den Luxus, benutzungspflichtige Buckelpisten rechts liegen zu lassen und stattdessen auf der Fahrbahn zu verkehren.

Ich bin vermutlich auch sonst einigermaßen regelmäßig ein Ärgernis für Autofahrer. Auf dem Weg zur Uni fahre ich eine Strecke entlang, die früher einmal von einem benutzungspflichtigen Fuß- und Radweg flankiert wurde. Die Straßenverkehrsbehörde hat die blauen Schilder vor Urzeiten abgeordnet, tatsächlich hängen sie noch immer, allerdings unvollständig: ich müsste, um der Straßenverkehrs-Ordnung grob zu entsprechen, tatsächlich alle hundert Meter vom Fuß- und Radweg auf die Fahrbahn wechseln oder wieder zurück. Ich berufe mich allerdings eher auf die mangelnde Anordnung sowie auf die fehlende Stetigkeit und bleibe als einziger Radfahrer auf der Fahrbahn, während alle anderen zwischendurch auf den in Ermangelung von Zeichen 240 reinen Gehwegen entlangradeln. Das geht bestimmt ganz prima, gefällt jedem Autofahrer, endet aber ganz böse, falls man sich auf einem Gehweg mit einem Fußgänger oder einem ausparkenden Auto anlegt. Dann heißt es nämlich plötzlich, der Radfahrer habe dort gar nicht fahren dürfen.

Natürlich gibt es auch genügend Straßen ohne Radweg, auf denen allerdings aufgrund des Verkehrsaufkommens der normale Radfahrer regelwidrig auf dem Gehweg fährt, entweder um die Autofahrer nicht zu stören oder weil sie sich auf der Fahrbahn unsicher fühlen. Ich bin so ziemlich der einzige Fahrbahnradler und werde auf solchen Straßen auch regelmäßig angegangen, denn die meisten Verkehrsteilnehmer, sowohl Auto- als auch Radfahrer, kennen die Straßenverkehrs-Ordnung überhaupt bis § 2 Abs. 4 StVO. Die Radfahrer fahren dort, wo die anderen Radfahrer fahren, nämlich auf dem Gehweg, die Autofahrer hupen alles an, was nicht da fährt, wo die meisten Radfahrer fahren.

Tja, und nun? Bin ich nun ein eher schlechter Verkehrsteilnehmer, weil ich mich an die Straßenverkehrs-Ordnung halte? Oder sollte ich mich lieber regelwidrig verhalten, um die anderen Verkehrsteilnehmer nicht zu stören?
Bagdad-Biker hat geschrieben:Selbst eine Critical Mass, die sich streng an die Verkehrsregeln hält, meinetwegen noch einen Verbandsführer hat und sich mit Warnwesten kennzeichnet, wird bei den Autofahrern eher negativ aufgenommen werden.
Das glaube ich offen gestanden nicht. Vermutlich wird das Gegenteil der Fall sein. Zumindest würde sie positiver aufgenommen, als die derzeitigen Fahrten im Grenzbereich des Legitimen.
Warum wird eine CM nicht tatsächlich als offizielle Demo angemeldet? Das Problem mit der StVO fiele weg, da die Route festgelegt und dafür von der Polizei zeitweise abgesperrt werden würde. Die Masse der KFZ könnte ausweichen, weil Radio und Co. die Sperrungen bekanntgeben würden. Die Gefahr dass es zu Pöbeleien, Randale, Handgreiflichkeiten etc. kommen könnte, wäre durch Anwesenheit der Polizei weitesgehend ausgeschlossen. Niemand würde sich in der rechtlichen Grauzone mehr befinden. Wär doch super?[/quote]
Ungefähr jede zweite Critical Mass wird in Hamburg von der Polizei begleitet, meistens von Streifenwagen vorne und hinten, teilweise sogar zusätzlich von Motorradpolizisten. Womöglich erhält die ganze Sache damit nachträglich eine Art Legitimation — die Autofahrer hält das aber trotzdem nicht von Dummheiten ab, ganz im Gegenteil, die bislang hässlichste Situation in Form einer kurzen Rangelei ereignete sich keine zehn Meter vom Streifenwagen entfernt. Das war allerdings nicht bei einer Critical Mass, sondern während der Fahrradsternfahrt, als ein Familienvater von einem Autofahrer, der meinte, fünf Minuten Wartezeit seien genug, beim Ausfahren aus dem Grundstück angekarrt wurde.

Ich weiß auch nicht, welche Radiodurchsagen du dir vorstellst. Nicht mal bei Demonstrationen wird die genaue Route über den Äther, da ist nur von Behinderungen im Stadtgebiet die Rede, vielleicht wird noch grob skizziert, welches Gebiet zwischen welchen Straßen umfahren werden sollte. Ich halte allerdings eine Demonstration auch nicht mit einer Critical Mass vergleichbar, denn obwohl die Autofahrer zu Hause und am Stammtisch gegenteiliges behaupten werden, dürften die meisten nicht sonderlich länger warten, als sie drei Stunden früher im Berufsverkehr warten müssten. Selbst wenn die Autofahrer fünf Minuten lang an einer Kreuzung warten müssen, bis sich der Fahrradverband über die Kreuzung schiebt, ist das meines Erachtens noch keine Radiomeldung wert. Ansonsten müsste jedes Wochenende vor dem Bereich an der Reeperbahn gewarnt werden, denn dort steht man mitunter locker eine Viertelstunde, weil die Autofahrer trotz Stau fleißig in die Kreuzung einfahren und sich, nebenbei bemerkt, gegenseitig mit ihrer Hupe beglücken.
Bagdad-Biker hat geschrieben:Genervte Gesichter ohne Ende, aber ich habe von den Autofahrern kein einziges mal eine Hupe gehört. Kein einzig böses Wort und nicht einen Stinkefinger o.ä. gesehen. Vielleicht lag es daran, dass man von der Demo/Veranstaltung wusste (ein Pro mehr für die Anmeldung einer CM), vielleicht aber auch daran, dass die Teilnehmer andere Sorgen/Feindbilder haben und der ohnehin genervte Autofahrer schlicht nicht weiter provoziert wurde???
Mal zwischendurch eine Anekdote von früher: ich war während meiner Schulzeit als freier Mitarbeiter bei der örtlichen Lokalzeitung unterwegs und kam regelmäßig in den Genuss von Demonstrationen. Das war freilich nicht in Hamburg, dort ist man sowas vielleicht gewohnt, sondern eher in der Provinz, aber es gab bei jeder Demonstration, ja, bei jedem Karnevalsumzug oder jeder Polizeiabsperrung wegen eines Unfalles stets enorm aggressive Autofahrer. Ich halte eigentlich nicht viel davon, in eine solche Diskussion vermeintliche Einzelfälle einzubringen, wie es zum Beispiel in anderen Foren Tradition ist, sobald es um Fahrrad- und Autofahrer geht, aber das waren auch schon gar keine Einzelfälle mehr. Es war schon der Regelfall, sich mit dem Auto an der Polizeiabsperrung vorbeizumogeln, um anschließend mitten im Karnevalsumzug die Festwagen beiseite zu hupen oder die Teilnehmer einer Demonstration zu beschimpfen. Besonders interessant waren immer wieder Polizeiabsperrungen bei Unfällen oder Bränden, da waren die Beamten schon überfordert, zu zweit die Autofahrer in Schach zu halten, die über den Gehweg kraxeln wollen, um anschließend dem Verletzen noch mal über die Beine zu fahren — das ist tatsächlich mal passiert — oder bei den Löscharbeiten die Wasserschläuche plattzufahren.

Die Leute sind unheimlich doof, das gilt leider auch für Radfahrer, die aber wenigstens beim Missachten solcher Sperrungen im Notfall ihr Rad beiseite tragen können, anstatt den Rettungskräften im Weg herumzustehen. Es wäre übertrieben zu behaupten, das sei nun tatsächlich bei jedem derartigen Vorkommnis passiert, aber es braucht in der Regel nur einen Dummen, der sich über den Gehweg am Streifenwagen vorbeischiebt, damit fünf andere das nachmachen wollen.

Insofern: schön, dass wenigstens das heute in Hamburg geklappt hat, ich bin allerdings schon gespannt, wie viele merkbefreite Autofahrer wir am 17. Juni bei der Fahrradsternfahrt erleben werden, die trotz Polizeieskorte ihr Recht auf freie Fahrt für freie Bürger in Anspruch nehmen, um Dummheiten anzustellen.

Um es noch einmal zu betonen: ich bin durchaus an einem Miteinander im Straßenverkehr interessiert. Ich verzichte durchaus auf meine Vorfahrt, auch aus Freundlichkeit, nicht nur wenn es die Situation erfordert. Auf dem Rad ermögliche ich regelmäßig Bussen und Lastkraftwagen das Überholen, wenn sich tatsächlich keine andere Möglichkeit bietet, wenn ich mein Fahrrad hinten auf dem Auto habe, unterstütze ich auch draußen auf der Autobahn die Lastkraftwagen beim Überholen, indem ich kurz vom Gas gehe und anschließend mit einer kurzen Lichthupe anzeige, dass er wieder nach rechts kann. Auch Geschwindigkeiten jenseits der 80 Kilometer pro Stunde habe ich nämlich keine Lust, nicht aus Sorge, mir könnte der Heckträger vom Auto reißen, sondern eher ob des Kraftstoffverbrauches, der von knapp sechs Litern pro hundert Kilometer auf mehr als das doppelte ansteigt. Mein Rad transportiere ich drum bevorzugt nachts, da stört man nicht ganz so viele Lastkraftwagen.

Trotzdem nehme ich mir als Fahrradfahrer die Rechte, die mir die Straßenverkehrs-Ordnung zugesteht. Ich fahre drum auch als einziger auf der Fahrbahn, während alle anderen regelwidrig auf dem Gehweg radeln, ich meide auch regelmäßig Radwege, die mir nicht geheuer sind oder die ich vielleicht mit zehn oder 15 Kilometern pro Stunde befahren könnte.
Harterbrocken hat geschrieben:Wir Radfahrer haben eigentlich automatisch die Symphatien auf unserer Seite. Wir sind emissionsfrei, lautlos (meistens zumindest) und nachhaltig. Hoffentlich bleibt das so.
Na, das glaube ich ja nicht. Gerade erst im Frühjahr hat uns Peter Ramsauer doch den zweifelhaften Gefallen getan, uns generell als Kampfradler zu klassifizieren, die sich allesamt bei rot über die Ampel stürzen, auf Gehwegen Fußgänger beiseitge klingeln oder mitten auf der Fahrbahn die Autofahrer blockieren, obwohl es rechts einen bestens ausgebauten und breiten Radweg gibt. Nein, ehrlich, ich glaube nicht, dass der normale Radfahrer besonders viele Sympathien genießt. Vielleicht in Dänemark oder in den Niederlanden, aber nicht in Deutschland.

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