Fichkona '09 – Fichtelberg nach Kap Arkona (Berichte)

Benutzeravatar
Superflu
C-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 22
Registriert: 14.10.2008, 07:57
Wohnort: Rostock

Fichkona '09 – Fichtelberg nach Kap Arkona (Berichte)

Beitragvon Superflu » 16.09.2009, 13:44

Fichkona 2009 – Badetour an die Ostsee

Das Team 5311 sitzt bei einer Tasse Kaffee – oder war’s doch ein Bier – zusammen und beschließt, etwas zu beschließen. Nur was? Es geht um die Planung des Highlights der Saison 2009. 2008 ist mehr oder weniger abgeschlossen. Nach der Vätternrundan 2006, Sjaelandrund 2007, war 2008 unsere Teilnahme bei Rad am Ring als Zweierteam, bzw. der dortige Radmarathon das Maß der Dinge.

2009 wollten wir unsere Marathonambitionen ausweiten, also weniger Speed und dafür weiter. Unser Kumpel Volkmar berichtete uns von einer ominösen Badetour an die Ostsee. Die startet allerdings auf dem Gipfel des Fichtelberges im Erzgebirge und endet nach ca. 24 Stunden und 601 km am Kap Arkona an der Steilküste der Ostsee auf Rügen. Eigentlich sind es von zu Hause nur 15 Kilometer an den Strand, es droht also ein kleiner Umweg. Hmm, ist ja noch lange hin und da wird man glatt verwegen, außerdem will keiner als Weichei gelten. Kurz gegrübelt und den anderen Beiden in die Augen geschaut, ist da ein Zittern? Nein, so ist schnell mit etwas Gänsehaut der Entschluss beschlossen und begossen. Christian und ich wollen in der zweiten von vier Geschwindigkeitsgruppen starten, Jörg wählt Gruppe Vier. (Gruppe 1: auf Rekordzeit programmiert, Gruppe 2: 32-30 Schnitt, Gruppe 3: 28-30 Schnitt, Gruppe 4: 25-28 Schnitt, man kann sich in Pausen auf Anfrage von vorn zurück fallen lassen)

Nun gilt es, sich entsprechend vorzubereiten und den Winter nicht vorm Kamin zu verbringen, unser Vorhaben ist eine super Motivation. Bei der Anmeldung im Winter sind wir schnell, denn die Teilnehmerzahl ist auf etwa 190 begrenzt. Der Countdown bis zum Start am 20. Juni tröpfelt zäh dahin, aber genau so, wie die verbleibenden Tage schwinden, wächst die nennen wir es mal »Spannung«. Also Angst oder so was.

In der Zeit bis zur Jahresmitte werden einige RTFs abgespult, die Wochenendtouren verlängert und im Mai starten Christian und ich zu einer einwöchigen Vorbereitungsurlaubstour durch Deutschland, Jörg hat leider keine Zeit und klagt außerdem über verstärkte Knieprobleme, kurz später meldet er sich zu unserem großen Bedauern ab – Gesundheit geht vor. Ihm gegenüber versuchen wir fortan das Thema Fichkona zu meiden, zu tief sitzt der Schmerz in seinem Kämpferherz.

Nun rückt der Termin doch rasant heran, wir wägen die verschiedenen Anreiseformen von Rostock nach Oberwiesenthal ab. Favorit wäre ein Leihwagen, es gibt aber keine geeignete Abgabestelle. So wird’s die Bahn und alles wird gebucht. Freundlicherweise bieten uns die Organisatoren aus Dresden auf Anfrage die Möglichkeit, von Dresden bis Oberwiesenthal uns und die Räder in einen Tourbus zu laden. Super Service und ganz unkompliziert.

Am Vortag der Abreise rufe ich noch kurz Christian an seinem Arbeitsort Greifswald an und versuche, einen Scherz zu platzieren: »Du, Christian, es ist echt Scheiße, aber ich bin total erkältet, ich muss wohl canceln. Mist auch, aber Du kriegst das schon alleine hin.« Auf der anderen Seite nach kurzem Schweigen: »Oh, Schiete, auch das noch. Hier auf Arbeit haben wir den worst case. Es kann sein, dass ich auch nicht kann und werde morgen Genaueres sagen.«, »Christian, ich hab’ nur einen Witz gemacht, Du hoffentlich auch!«, »Nein, kein Scherz – leider.«, »Kein Scherz?«, »Kein Scherz!«. OK, das ist böse.

Am nächsten Tag hat sich nichts geändert, der Zug fährt gegen 12.00 Uhr ab Rostock. Schließlich steige ich vereinsamt und schlecht gelaunt alleine in den Waggon, mein Fahrrad schnurrt ganz traurig. Unterwegs lässt Christian mein Telefon klingeln, es besteht Hoffnung und nun ist eine Riesenportion Optimismus und Organisationstalent gefragt. Mit der Bahn ist zeitlich nichts zu wuppen, daher treibt er einen Leihwagen auf und will am Nachmittag starten.

Ich bin derweil in Dresden bei den Organisatoren angekommen, meine Mitfahrt ist gesichert und nun stehe ich etwas verlassen neben den herumwuselnden Fichkona-Helfern. Die Fahrt im Van geht los, ich höre den bestens gelaunten Insassen zu. Alles dreht sich um’s Angeln, die Teiche am Wegesrand geraten in den Erzählungen zu besten Fischgründen. In Oberwiesenthal bin ich dann angelschlauer und habe noch einiges von den erfahrenen Tourbegleitern über Fichkona gelernt.

Klingeling, die Tür des vorab gebuchten Quartiers öffnet sich nach einiger Zeit und eine überraschte Miene macht mir Angst. Meine Buchungsbestätigung ist nicht durchgestellt. Gütiger Allmächtiger, auch das noch. Zum Glück ist aber ein Zimmer frei und das Herz der Vermieterin getaut. Meine Gedanken kreisen um den nächsten Tag und um das Vorankommen Christians. Wir telefonieren und es stellt sich heraus, dass er gegen Mitternacht aufschlagen wird. Toll, an Schlaf ist nicht zu denken und um 8.00 Uhr sollen wir bei der Anmeldung sein, gestartet wird um 10.00 Uhr.

Nachdem Christian nun mehr oder weniger glücklich aber völlig geschafft angekommen ist, trinken wir noch ein Bier und wälzen uns des Nachts im Ehebett unruhig hin und her. Am nächsten Morgen brauchen wir keinen Wecker, Augenringe zieren unsere müden Gesichter. Wir zwingen uns zu einem üppigen Frühstück. Christian hat noch ein Problem: Der Mietwagen muss talwärts in einem Nachbarort abgegeben werden, also startet er auf den Fichtelberg und erhält vom Fichkona-Team super Hilfe. Er wird per Auto begleitet und zurück chauffiert.

Ich quäle mich mit Gepäck und abgeschaltetem Hirn auf den Fichtelberg, da sind gleich mal vorm Start 250 Höhenmeter im Kasten. Jo. Oben ist schon tolles Gewusel, der kühle Wind kämmt frisch über den Berg. Es gibt Suppe, Kaffee und erste Verpflegung. Alles wirkt super strukturiert und Christian ist auch endlich da. Die Anmeldung ist schnell erledigt und der Packsack mit Wechselklamotten, Licht, etc. gepackt und in den Begleitbus der Gruppe Zwei gehievt. Alle anderen Sachen werden mit dem Reisebus direkt nach Arkona gebracht und sind erst dort verfügbar.

Ein gut aufgelegter Moderator weist die 180 aufgeregten – oder war nur ich nicht ganz locker – Enthusiasten ausgiebig ein. Die Wetteraussichten sollen doch wohl nicht für unsere Tour gelten: Schauergefahr und in der Regel mäßiger Gegenwind. Hurra, es wird nicht langweilig. Nicht drüber nachdenken, der Startschuss findet seinen Widerhall in der bergigen Gegend. Christian und ich ordnen uns ganz hinten ein, zum Einen wollen wir nicht gleich losrasen und zum Zweiten ist es mir Flachländer nicht vergönnt, die Kunst der Abfahrt zu beherrschen, ganzes Gegenteil.

180 Freiläufe geben ihr metallisches Konzert. Es geht von über 1.200 Metern durch die Serpentinen ins Oberwiesenthaler Tal. Trotz oder gerade wegen meiner hasenfüßigen Vorsicht schaukelt sich mein Rad auf. Prächtige Aussichten. Ich bin ganz hinten, Letzter! Ich bremse gleich mal den Besenwagen aus, was werden die wohl denken? Anfänger hoch drei. Bergauf, bergab, wellt sich die Landschaft, so geht es gut und ich bin wieder mitten im Pulk. Bis kurz vor Chemnitz fahren alle Gruppen gemeinsam, es gibt eine kleine Pinkelpause und schon ist das Team 5311 wieder ein Team.

Durch Chemnitz, ehemals Karl-Marx-Stadt, gibt es eine Polizeieskorte, Mann, sind wir wichtig. Das ist ein tolles Gefühl. Außerdem scheint die Sonne. Die Passanten staunen uns an, wir staunen zurück. Nach 88 Kilometern ist die erste Verpflegungsstelle erreicht. Die Vielfalt an Getränken und Essen ist wirklich gewaltig. Auch hier wurde wahrlich nicht gespart. Wir 32er legen los und es stellt sich schnell heraus, dass ein paar »Führungskräfte« eher in die schnellste Gruppe gehören. Für unseren Geschmack wird viel zu hektisch und disharmonisch gefahren, noch dazu weitab der avisierten Geschwindigkeit. Schade aber auch und nervig. Nicht, dass wir untrainiert sind oder schnell die Flinte ins Korn werfen, aber so fetzt es nicht, der Genuss am Radeln kommt abhanden.

Sehr, sehr schweren Herzens und nach einigem Hin- und Her, wählen wir die Option auf Gruppe Drei. Bei der Pause Eisenhammer (178 km) ist es soweit. Die Organisatoren werden informiert und der nummerierte persönliche Packsack am Mann behalten. Während wir unsere bisherigen Mitstreiter ziehen lassen, schnüren die Verfolger heran. Wir genießen unsere verlängerte Pause und stopfen uns quer durchs Speisenangebot voll. Lecker, lecker, auch an diesem Stopp.

Die zwanzigminütige Pause unserer neuen Truppe wird von den Begleitern jäh beendet. Es wird sich zwischen Führungsfahrzeug und Abschlussfahrzeug formiert. Und ab. Wir merken schnell: Hier kann man sich wohl fühlen. Die Begleiter sind per Funk verbunden und geben acht, dass es vorne nicht zu hitzig voran geht. Klasse. So kommen Gespräche mit den Mitreisenden zustande. Es wird ordentlich gesächselt, berlinert, gedingselt und gebumselt, aber wenig genorddeutscht – aber man versteht sich gut in aller Hinsicht. Und so geht es ganz geschmeidig Richtung Nordosten. Nach 264 Kilometern ist in Michendorf der nächste Stopp und mit ellenlangen 45 Minuten die Nachtpause. Dort wartet seit kurzer Zeit die kaum schnellere zweite Gruppe, vielleicht ist man zur Geschwindigkeits-Vernunft gekommen. Nach vorne wechseln geht aber leider nicht. Wozu auch, klappt ja alles.

Gewartet wird allerdings nur, weil es in Begleitung einer grimmig wirkenden Polizei-Motorradeskorte durch Potsdam gehen soll. Vielleicht war es ja kein Grimm, sondern nur die Lust, offensichtlich Verrückte Mitbürger zur Vernunft zu bringen und nach Hause zu schicken. In Potsdam klatschen erstaunte Spaziergänger spontan in die Hände und winken uns zu. Dämmerung setzt ganz gemächlich ein und taucht die schöne Stadt in romantisches Abendlicht. Wir brausen durch in die aufkeimende Dunkelheit. Die Lichter sind aufgesteckt und der »Schlafanzug« in Form von warmen Klamotten liegt eng am Körper. Die Regenjacke ist griffbereit und muss auch bald gezückt werden. Schiete, schiete. So geht es in die Nacht. Die Lichter gehen an und der rückwärtig rot glühende Lindwurm schlängelt sich eilig voran.

Die Kilometer dehnen sich nun doch ohne Ende, aber die Muskeln spielen prima mit. Christian und ich versuchen möglichst viel vorne zu fahren. Wir wollen dem Zieharmonikaeffekt und drohenden Stürzen entgehen. Nordwestlich von Berlin sind alle plötzlich hellwach, das Führungsfahrzeug hat aus Versehen die Auffahrt zum Autobahnzubringer genommen, auch noch in der falschen Richtung, so sind wir ungewollt von Leitplanken und rasenden Autos umgeben und nehmen ängstlich den Pannenstreifen, so geht es ein paar Kilometer, bis endlich das Stopp kommt. Es wird entschieden, geordnet über die Leitplanken in kleinen Gruppen auf die andere Seite zu wechseln. Das geschieht aber ziemlich disziplinlos, klar, alle sind schon etwas geschafft und aufgedreht. Dankenswerterweise erkennen ein paar Autofahrer die Situation, stoppen mit Warnleuchte und lassen uns queren. was ein Schreck. Unsere Begleitfahrzeuge sind nun auch wieder da, sie haben bei der nächsten Auffahrt die Seiten gewechselt. Nun haben wir wieder die Peilung und die schläfrige Pedalleurroutine setzt wieder ein.

Das Gespenst Unaufmerksamkeit sitzt jetzt allen im Nacken. Von Müdigkeit will ich gar nicht reden. Mein Rezept: Leute anquasseln, ist nicht wirklich eine norddeutsche Spezialität, klappt aber halbwegs. Gesprächsthema: schietegal. Alle paar Sekunden schüttle ich heftig meinen Kopf und ändere ständig den Bewegungsablauf. Hui, das ist echt fett jetzt. Bei der nächsten Verpflegung an einer Tanke, nach 345 Kilometern, wanke ich deutlich, werfe alles, was Koffein enthält ein, stopfe Energieriegel und genieße die warme Suppe. Die Pausen sind nicht lang, etwa 25 Minuten, aber auch hier gilt: länger ist nicht unbedingt besser. Vor der Weiterfahrt bahnt sich ein Gedanke den Weg ins Hirn: Kann ich es verantworten, so müde zu starten, gefährde ich etwa die Anderen? Weg damit, die Weggefährten sehen auch nicht frisch aus.

Wieder auf die Piste, hoch konzentriert. Mein ständiger hinterhältiger Begleiter ist ab jetzt die Müdigkeit, was das Dilemma verstärkt: Wir fahren etliche Kilometer auf waldgesäumter Straße. Alles duster. Hier müssen Räuber hausen. Dann habe ich eine Erscheinung. Ich sehe ein Anzeichen der Dämmerung. Hurra! Aber da bin ich der Einzige, es ist nur das zurück geworfene Licht an den Baumkronen. Schließlich erreichen wir das nachtkalte und regenfeuchte Neubrandenburg. Die Dämmerung hat nun doch die Nacht nach Hause geschickt. Tschüßchen Nacht. Der Tag bricht an, wir werden wieder ohne Ampelstopp durch sehr freundliche Polizisten ans andere Ende der Stadt begleitet. Nun ist es nicht mehr weit bis zur vorletzten Pause. 430 Kilometer sind geschafft. Essen stopfen, Kaffee trinken, die Kälte bekämpfen, 25 Minuten sind rum, wir haben einen Termin - am Kap Arkona.

Ganz ganz langsam, weicht die Müdigkeit und wird vom Spaß, etwas Stolz und Euphorie begleitet, es geht zügig zur Sache, unsere Begleiter haben alle Hände voll zu tun, eine homogene Geschwindigkeit aufrecht zu erhalten. Christian und ich sind uns einig: Schöner Quatsch von einigen, so los zu heizen, nur weil man sich fitter als andere fühlt. Immer wieder bemühen wir uns, vorne das Tempo gleichmäßig zu gestalten und immer wieder fahren dadurch drei, vier Uneinsichtige los und sind schnell wieder einsam. Erinnerungseffekt: Fehlanzeige. Nicht weiter schlimm, aber ärgerlich.

Was mich immer wieder wundert: Die Muskulatur spielt ganz gut mit, allerdings spüre ich die Sehnen der rechten Hand, aus Erfahrung kann ich jetzt schon sagen »Hallo Sehnenscheidenentzündung«. Vom Schalten, das hatte ich noch nicht. Aus einer spontanen Pinkelpause generiert sich bei Morgensonnenschein ein Verpflegungsaufenthalt. Gute Laune ist am Start. Die Strecke bis Samtens wirkt fast wie ein Klacks. Zu etwas Ärger führt ein mehrerer Kilometer langer Abschnitt über Panzerplatten kurz vor Stralsund. Das war anders gedacht und schmerzt jetzt richtig am Allerwertesten, der ohnehin schon mächtig aufgescheuert ist.

Auf Rügen geht es schnell voran. Ganz eilig haben es wohl einige Urlauber, die uns auf der überfüllten Bundesstraße lebensgefährlich überholen. Die Krönung ist ein Reisebus. Dessen Fahrer überholt uns und nimmt in Kauf, mit dem Gegenverkehr zu kollidieren. Der Fahrer unseres Führungsfahrzeuges stoppt geistesgegenwärtig. Dadurch rast der Bus unfallfrei durch. Im Feld kommt es aber durch den plötzlichen Halt zu einem Sturz. In der Panik hat leider niemand das Buskennzeichen notiert. Beim geplanten Stopp in Samstens warten wir dann auf den Krankenwagen und Nachrichten über den Zustand des Verunfallten. Zum Glück ist es wohl nicht sehr schlimm.

Ab jetzt liegen die Nerven blank. Gut, die letzten 60 Kilometer sind hinsichtlich der Gesamtentfernung Peanuts. Wären da nicht die dunklen, die sehr, sehr dunklen Wolken. Alle Hoffnung ist vergebens. Petrus setzt Rügen gnadenlos unter Wasser. Die Regenjacke, naja ist eher eine Aufregenjacke und statt eines tempomäßig entspannten Finish in Gruppenharmonie, geht es jetzt los, wir befinden uns mitten in einem Rennen, holla, wieder die von vorher, aha, Reisende soll man nicht aufhalten, Rasende auch nicht. Da die Gruppe nun zersplittert und der Regen ein übriges tut, fahren Christian als Zugpferd und ich hinterher. Für die ganz Schnellen folgt in Sagard dann die Strafe auf dem Fuße, des Weges unkundig nehmen sie den falschen Abzweig. Glückwunsch, gepaart mit etwas Schadenfreude.

Für uns geht es dann über die langgezogene Rüttelpiste Sagards durch den anhaltenden Platzregen. Meine Fußsohlen sind schon mächtig aufgeweicht und schmerzten wie hulle, schalten kann ich wegen der Sehne auch nicht richtig, müde bin ich aber nicht. Schön. So lassen wir unsere Truppe ziehen. Während einer kleinen Regenpause kommen wir aber wieder heran. Nun riecht es schon mächtig nach Seeluft, die Ostsee lugt ab und an zwischen Glowe und Juliusruh verlockend durch die Büsche. Zum Glück haben wir alles andere als Badewetter, wie gesagt Dauerdusche. In Altenkirchen geht es dann auf die Zielgerade, dort werden wir von den glücklichen Finishern mit Klatschen und Anfeuerungsrufen begrüßt. Nur noch ein paar Kilometerchen, aber, ich habe es geahnt: Hungerast, nichts zu machen, Riegel suchen, essen, ins Ziel quälen, Leuchtturm, Urlauber, Zielbanner, Häkchen.

Wir werden von einer kleinen begeisterten Menge stürmisch begrüßt. Juhu, Hurra, geschafft, pannenfrei, erste Glücksgefühle verdrängen den allgegenwärtigen Schmerz. Da sich die nächsten Regenwolken drohend am Horizont auftürmen, beschließen Christian und ich, nach Altenkirchen zum Treffpunkt in die Turnhalle zu flüchten. Dort geht es lustig zu, die Duschräume sind reichlich frequentiert, es herrscht aber größte Zuvorkommenheit mit hohem Scherzlevel. Schnell finden wir unsere Sachen, die Teilnahmeurkunden liegen schon bereit und die anschließende Party wird vorbereitet. In der Turnhalle schnarcht es mächtig und unisono, dort erholen sich die Marathon-Pedalisten, die ersten beiden Gruppen sind ja schon ein paar Stunden da. Gruppe Zwei steuerte übrigens ganz harmonisch geschlossen über die Ziellinie. So hatte ich es für uns auch erhofft.

Für Christian und mich heißt es aber Abschied nehmen, wir wollen zügig nach Hause, endlich auspennen. Das Groß der Teilnehmer wird noch die Feier genießen und am nächsten Tag mit dem Fichkona-Reisebus in die jeweilige Heimat kutschiert. Das war Bestandteil des Fichkona-Paketes. Unser Team 5311 erhält wieder einen Sonderservice und wird von einem Begleitfahrzeug nebst Rädern zum Bahnhof nach Bergen transportiert. Großen Dank noch einmal für die unkomplizierte Hilfe.

Mit dem Zug geht es dann völlig erschöpft, von den Mitreisenden sehr skeptisch beäugt und mit ein paar Getränken bewaffnet, zurück nach Rostock. Wir fühlen uns nun plötzlich ziemlich einsam unter den ganzen »Fremden« im Zug. Beim nächsten Start wird mit gefeiert und auf Rügen übernachtet.

Fazit:
- Ganz toll und familiär organisiert.
- Verpflegung sehr hochwertig, vielfältig und mehr als ausreichend.
- Streckenlänge bei mir 630 km.
- Höhenmeter bei mir über 2500.
- Streckenführung meist sehr gut.
- Begleitfahrzeug vorn und hinten.
- Kleidungswechsel unterwegs möglich.
- Pausen sehr kurz aber ausreichend.
- Fahrzeit Gruppe Drei ca. 24,5 Stunden.
- Abschlussfeier und Übernachtung in der Turnhalle auf Rügen.
- Rücktransfer per Reisebus über Berlin nach Dresden möglich.

Hier ist noch der Link zu den Bildern der Fichkonaseite: http://www.fichkona.de/fichkona/bilder.php

Schöne Grüße aus Rostock

Ulf vom Team 5311
Zuletzt geändert von Superflu am 17.09.2009, 11:11, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
ChristianE
C-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 33
Registriert: 21.09.2007, 12:02
Wohnort: Rostock

Beitragvon ChristianE » 16.09.2009, 22:46

Mensch Flu, was ein schöner Bericht! Da kann ich nichts zufügen, würde jedoch gerne ein paar Bilder dazustellen, die habe ich nicht, weil mir

a) das Equipment fehlt (Helmut, womit schießt du deine Fotos während der Fahrt?)
b) die Technik fehlt, während der Fahrt zu fotografieren (bei Fichkona habe ich noch nichtmal den Reißverschluss meiner Regenjacke vernünftig zumachen können während der Fahrt)

Punkt b) wiegt sicher schwerer, da muss wohl ein Freihändig-Fahr-Sicherheitstraining ran...

Falls jemand durch Flus Bericht neugierig auf die Tour geworden ist:
- Die Tour ist perfekt organisiert! Überall Begleitfahrzeuge aus der Skoda-Flotte der Tour de France. Die haben mich kurz vor dem Start ins 30 km entfernte Schwarzenberg chauffiert und wieder zurück. Toller Service!
- Besondere Highlights: Die Stadtdurchfahrten Chemnitz, Potsdam und Neubrandeburg, begleitet durch Polizeieskorte
- Super Verpflegung
- Für Nachtfahranfänger bzw. -vorsichtige sehr gut geeignet wegen der Eskorte durch Führungs- und Nachhutfahrzeug in jeder Gruppe (fand ich besonders gut, als wir nachts über die B96 fuhren und wir von etlichen Disko-Spurtern recht sportlich überholt worden sind)
- Tipp für die Gruppenwahl: Die ersten 200 km ging es selbst in Gruppe 2 sehr flott zur Sache (bestimmt ein 36er Schnitt; von Gruppe 1 rede ich erst gar nicht, das ist was für richtige Renner, die machen auch nur ganz kurze Pausen von wenigen Minuten). Das ganze bei sehr welligem Profil. Danach erst fuhr die Gruppe im avisierten Tempo.

Viele Grüße aus Rostock
Christian
Benutzeravatar
ChristianE
C-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 33
Registriert: 21.09.2007, 12:02
Wohnort: Rostock

Beitragvon ChristianE » 16.09.2009, 23:01

Na, ein 36er Schnitt in Gruppe zwei bis km 200 war es vermutlich nicht, aber bestimmt nicht viel weniger. (Hätte gerne meinen Tacho befragt, aber der streikte.) Übertreibung macht deutlich, so werde ich in ein paar Jahren sicher sagen, dass wir mit Tempo 40 gerast sind...

Grüße
Christian
Benutzeravatar
Gert
A-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 329
Registriert: 11.12.2007, 19:41
Wohnort: Stralsund
Kontaktdaten:

Beitragvon Gert » 17.09.2009, 07:56

:Respekt: Glückwunsch zur Tour an Euch beide!!!

Was für ein Bericht :shock: !

Als ich gestern Abend ins Forum schaute und Deinen Bericht sah, habe ich den Computer gleich wieder ausgeschaltet. Warum? So einen Bericht muss man in Ruhe lesen und genießen, dazu war ich gestern Abend definitiv zu müde. Heute morgen war das nun die richtige Lektüre zum Beginn eines schönen Urlaubstages. Aus dem Stoff solltest Du ein Buch schreiben. :)

Ja, da bekommt man schon Lust auf die Tour, aber gleichzeitig auch Respekt vor den Kilometern, wobei es ja noch zum Glück die Gruppe "Vier" gibt. Ist Dir der Durchschnitt der Gruppe "Vier" bekannt? :shock:

Ich gehe mal davon aus, dass Ihr das Jahr 2010 natürlich auch schon mit einem Höhepunkt verplant habt?!

Gruß Gert und weiter so!

;-)
nichts ist unmöglich!!!
Benutzeravatar
hanseat
A-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 818
Registriert: 17.09.2007, 18:37
Wohnort: Buxtehude

Beitragvon hanseat » 17.09.2009, 12:09

Super Bericht Superflu.. und Gratulation an Euch beide!

Bin ja nicht so der Langstreckenfahrer, find es daher umso bewundernswerter, Berichte von Leuten zu hören, die so lang durchhalten...

Wer weiß, vielleicht wird die Strecke ja mal andersrum gefahren? Das wäre mit den Rampen am Fichtelberg sicher der "Overkill"... :mad:

;)
"Mr. Nachkommastelle"
...wir sitzen alle in einem Boot, die einen rudern und die anderen genießen die Aussicht...
Floeri
C-Lizenz-Schreiber
Beiträge: 22
Registriert: 15.06.2009, 13:06

Beitragvon Floeri » 25.09.2009, 11:01

hanseat hat geschrieben:
Wer weiß, vielleicht wird die Strecke ja mal andersrum gefahren? Das wäre mit den Rampen am Fichtelberg sicher der "Overkill"... :mad:

;)
Toller Bericht und Gratulation fürs Finishen !

Es gibt DIE Strecke andersherum :D : http://www.elbspitze.de/

Da wird in Dresden gestartet und es geht über die verschiedenenen Mittelgebirge über CZ, Bayern in die Alpen :cool:

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Ahrefs [Bot] und 1 Gast